Bauarbeiten Tunnel in Halberstadt entsteht
Ein Tunnel wird unter der Bahnlinie Halberstadt-Blankenburg in der Klusstraße gebaut - bei laufendem Bahn- und Straßenbahnverkehr.
Halberstadt l Die Klusstraße ist nach Einschätzung der Halberstadtwerke und der Abwassergesellschaft Halberstadt (AWH) derzeit die größte und anspruchsvollste Baustelle in der Kreisstadt. Seit Ende Mai ist die wichtige Verkehrsverbindung unterbrochen. Hintergrund: Beide Dienstleistungsunternehmen verlegen dort neue Ver- und Entsorgungsleitungen. Am gestrigen Dienstag hat der schwierigste Teil des Projekts begonnen – die Querung der Bahnlinie Halberstadt-Blankenburg.
Die Probleme sind vielseitig, mit denen die Planer und die Bauleute vor Ort zu kämpfen haben. Die neue Trinkwasserhauptleitung der Stadt, ein Rohr von einem halben Meter Durchmesser, muss unterhalb der Gleistrasse verlegt werden. Oben drüber donnern Güterzüge, allein sieben Schwerlast-Zugpaare der Felswerke Rübeland, zusätzlich der Personennahverkehr. Außerdem fährt zweigleisig im 15-Minuten-Takt die Straßenbahn über die Baustelle. „Daraus ergibt sich ein aufwendiger Verbau der Start- und Zielgrube gegen diese Verkehrslasten“, berichtet Planungsingenieur Dietmar Heinemann von Prowa Ingenieure Blankenburg.
„Für alle, die hier zu tun haben, ist das eine große Herausforderung“, betont auf Volksstimme-Nachfrage Helmut Bruckert von den Halberstadtwerken. Erschwerend kommt hinzu, dass es sehr eng ist. Der Fahrer des großen Spezialkrans, der die schweren Rohre in die etwa 5,50 Meter tiefe Baugrube bugsiert, muss mit aufpassen, dass er dem riesigen Ausleger die unter Strom stehenden Oberleitungen der Straßenbahn nicht berührt. Die Folgen wären fatal.
„Das Verfahren zur Bahnquerung ist sehr zeitintensiv und sehr teuer. Die Deutsche Bahn hat aus Sicherheitsgründen hohe Auflagen gestellt“, informiert Helmut Bruckert.
Die Bohrung zur Bahnquerung wird von einem deutsch-österreichischen Unternehmen ausgeführt. „Firmen, die diese komplizierten Aufträge übernehmen, sind in Deutschland sehr rar gesät“, sagt Helmut Bruckert.
Enrico Graf von der Friedrich Vorwerk KG aus Halle erklärt: „Ein spezieller Felsbohrkopf arbeitet sich auf einer Länge von 24 Metern durch den Kalkstein. Der abgebaute Boden wird mit Wasser vermischt und hydraulisch aus dem Tunnel in eine Separieranlage gepumpt, wo Gestein und Wasser voneinander getrennt werden.“ Anschließend beginnt der Tunnelbau. In diesem Fall ist der Tunnel ein ein Meter durchmessendes Mantelrohr. „Ein Element ist drei Meter lang, pro Stunde kann eines unterhalb der Gleise verlegt werden. In der nächsten Woche wollen wir damit fertig sein“, erklärt Enrico Graf. Das Mantelrohr nimmt anschließend die neue Haupttrinkwasserleitung auf, die etwa 50 000 Abnehmer mit kostbarem Nass versorgt. Zusätzlich finden verschiedene Strom- und Steuerkabel und drei Leerrohre zur Reserve Platz. Bis Ende September sollen diese Arbeiten beendet sein, sagt Helmut Bruckert. „Bislang liegen wir sehr gut im Zeitplan“ betont er. Thomas Valentin, AWH-Geschäftsführer: „Schmutz- und Regenwasserkanal sind auf 350 Metern verlegt. Es folgen die Anschlüsse Bollmann-Straße und an der Bahn.“ Mit der Verkehrsfreigabe der Klusstraße wird Mitte November gerechnet.
Havarien an der über 100 Jahre alten Trinkwasserleitung hatten die Halberstadtwerke zum Handeln gezwungen. Viel jünger sind auch die Schmutzwasserleitungen der Abwassergesellschaft Halberstadt nicht. Die Standsicherheit war aufgrund des hohen Alters, zahlreicher Risse und nach einigen Brüchen gefährdet. Die alten Schmutz- und Niederschlagswasser-Trassen liegen direkt unter dem Gleisbett der Straßenbahn. Die neuen Rohre werden in die westliche Straßenhälfte gelegt. Eine Demontage der Altleitungen erfolgt nicht. Der Aufwand wäre zu groß, sie bleiben, stillgelegt, in der Straße. Die Investitionskosten liegen bei insgesamt 1,6 Millionen Euro.