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Grundschüler im Gespräch mit Nachkommen Halberstädter Juden Überraschende Begegnung im Museum

Von Sabine Scholz 24.11.2012, 02:17

Überraschung im Museum. Bevor sich Halberstädter Grundschüler den Objekten im Berend-Lehmann-Museum widmen, erfahren sie von Flucht und Neuanfang Halberstädter Juden.

Halberstadt l "Ja, er hat die Tiere gesehen." Diese Antwort zaubert ein Lächeln auf die Gesichter der Kinder, die aufmerksam lauschend auf dem Boden sitzen. Vor ihnen sitzt Michael Ebstein. Er erzählt, wie seinem Vater 1939 die Flucht aus Deutschland gelang und dass er unbedingt nach Australien wollte, um die Tierwelt dort zu sehen. Walter Ebstein konnte kein Englisch, brauchte einen Job, eine Wohnung - und war mutterseelenallein auf dem Kontinent am anderen Ende der Welt. Aber irgendwann hatte er Fuß gefasst und konnte zu den Orten reisen, an denen man Känguru, Koala und Co. begegnet. Jutta Dick, Direktorin der Moses-Mendelssohn-Akademie, übersetzt die Fragen der Kinder und die Erzählungen Michael Ebsteins. Er ist mit seiner Cousine Doron Ebstein-Doari zu Besuch in dem Museum für jüdische Geschichte und Kultur. Vor drei Jahren erst haben Cousin und Cousine Kontakt zueinander aufgenommen, dank einer Frau aus Frankfurt am Main. Ursula Matthiesen ist die Tochter von Helga Matthiesen, die als Kind gut befreundet war mit Herrmann Ebstein. Die Freundschaft der beiden Halberstädter überdauerte Krieg Vertreibung und die Jahrzehnte danach. Heute sind die Kinder der Familien miteinander befreundet.

Nun sind Hermanns Tochter und Neffe in Halberstadt, besuchen die Orte, die Hermanns Kindheit ebenso bestimmten wie die von Walter Ebstein. Hermann konnte erst 1940 aus Deutschland fliehen. Auf einem kleinen Schiff erreichte er schließlich Palästina und begann dort ein neues Leben.

Die beiden Gäste beantworten die Fragen der Kinder ganz offen, die ebenfalls keine Scheu hatten, zu fragen. Gemeinsam betrachten sie die Porträtwand mit Fotos Halberstädter Juden, dann widmen sich die Kinder der Klasse 3b der Miriam-Lundner-Grundschule dem Museum. Nicht ohne vorher den beiden Gästen zu erzählen, welchen Namen ihre Schule trägt und warum. Später basteln sie noch in den Räumen der Klaussynagoge und gehen zu den "Steinen der Erinnerung". Dort ist der Name Miriam Lundner eingraviert. Das kleine Mädchen, Tochter des jüdischen Lehrers Lundner, wurde am 12. April 1942 deportiert. An ihrem 4. Geburtstag. Es war ihr letzter.