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Gut 30 Tiere fliegen ein und suchen sich Ruheplätze / Experte vermutet Zuggruppe gen Süden Überraschung: Emersleben wird für eine Nacht zum wahren Storchendorf

15.08.2012, 03:16

Von Dennis Lotzmann

Emersleben l Ein höchst seltenes Schauspiel haben die Einwohner von Emersleben am Montagabend erleben dürfen: Knapp drei Dutzend Störche flogen nach und nach in dem kleinen Dorf ein und ließen sich dort zur Nachtruhe nieder. "Ich habe alles in allem gut und gern 30 Adebare gezählt", berichtet Anwohner Ralph-Rainer Wenske am Tag danach noch sichtlich überrascht.

Der Emersleber hatte die Tiere zunächst von seinem Garten aus beim Einflug beobachtet. "Die kamen nach und nach und flogen direkt über uns hinweg." Eigentlich, so der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates, sei das an sich nichts gänzlich Neues. In der Vergangenheit hätten durchaus schon mal Adebare das Dörfchen Emersleben in Gruppen angesteuert, um hier die Nacht zu verbringen. In dieser Menge sei der Besuch am Montag aber ein absolutes Novum gewesen.

Grund genug für Wenske, sich das abendliche Schauspiel mal aus der Nähe anzusehen. "Ich bin mit meiner Kamera los und habe insgesamt zirka 30 Tiere gezählt, die sich im ganzen Dorf verteilt ein Plätzchen gesucht hatten. Exakt 16 hatten sich die Siloanlage des ortsansässigen Futtermittelhandels als Schlafplatz auserkoren, fünf das Dach der Kirche und die übrigen verschiedene Dächer sowie die beiden Storchennester im Ort."

Georg Fiedler, der Weißstorch-Beauftragte im Harz-Kreis, registriert die Informationen mit großem Interesse: "Ich tippe darauf, dass das eine Gruppe ist, die sich bereits für den Zug nach Süden gebildet hat. Dabei wurde Emersleben wahrscheinlich eher zufällig als nächtlicher Rastplatz auserkoren", vermutet der Storchenexperte. Geführt würden derartige Gruppen, zu denen erfahrungsgemäß überwiegend Jungstörche gehören, meist von Altstörchen, die nicht gebrütet haben, ergänzt seine Frau.

Die Adebare selbst sind trotz der aktuellen Sommerhitze bereits auf der Reise gen Süden, weiß Georg Fiedler. "Einzelne Jungtiere aus Deutschland wurden schon in Frankreich gesichtet", nennt er einen ganz aktuellen Fakt. Und Störche seien auch schon mal für die eine oder andere Überraschung gut, plaudert Fiedler aus dem Nähkästchen. So sei es durchaus nicht ungewöhnlich, dass sich durchziehende Jungstörche kurzerhand mit in besetzte Nester stellen. Was - augenzwinkernd betrachtet - wiederum gewisse Parallelen zum Kuckuck aufkommen lässt, der seine Eier als Brutparasit mit Vorliebe anderen Vögeln unterjubelt.

Störche machen dies freilich nicht, sondern kümmern sich um die eigene Brut. In Emersleben haben die zwei langjährigen Storchenpaare in diesem Jahr fünf Junge herangezogen: Zwei Jungtiere auf dem alten Gut und drei im Nest der Gärtnerei, berichtet Ralph-Rainer Wenske.