CDU-Politikerinnen im Gespräch mit Landwirt Rainer Knackstedt Und täglich ein Blick gen Himmel
Landwirte leben mit dem Wetter. Doch in diesem Jahr sind die Extreme heftig, berichtet Rainer Knackstedt. Der Delebener führt Politikerinnen über seinen Hof.
GemeindeHuy/Dedeleben l Der Blick geht häufig zum Himmel in diesen Tagen. Wie viele Bauern wartet auch Rainer Knackstedt auf jede günstige Gelegenheit, um mit der Getreideernte fortzufahren. Wenigstens die Wintergerste ist bereits in den Lagerhallen. Jetzt wird der Weizen geerntet. Wenn es denn trocken genug ist.
"Ich bin seit 1979 in der Landwirtschaft, solch einen Schaden habe ich noch nicht erlebt."
Rainer Knackstedt, Landwirt
"Wir müssen in diesem Jahr bei uns mit großen Ausfällen rechnen", sagt Landwirt Rainer Knackstedt auf seinem Hof in Dedeleben zu seinen Gästen. Die Bundestagsabgeordnete Heike Brehmer und Landtagsmitglied Frauke Weiß (beide CDU) sind auf Sommertour und an diesem Tag im Huy unterwegs. Begleitet werden die Politikerinnen von Huy-Bürgermeister Thomas Krüger.
Kahlfröste hätten einen großen Teil des im Herbst ausgesäten Wintergetreides vernichtet, berichtet Knackstedt und erzählt, wie unterschiedlich der Wettereinfluss auf den Feldern in der Region ist. "Schon in Badersleben gab es auf den höheren Lagen eine schützende Schneedecke. Da hat der Frost nicht solchen Schaden angerichtet", sagt Knackstedt. In einem Streifen von Schlanstedt bis Hessen haben viele Pflanzen die Bodenfröste von bis zu minus 35 Grad nicht überstanden. Auf 50 Prozent der Flächen musste nachgedrillt, also nachgesät werden. "Ich bin seit 1979 in der Landwirtschaft tätig, solch einen Schadensumfang habe ich noch nicht erlebt." Als der Frost vorbei war, setzte eine große Trockenperiode ein, erinnert der Landwirt. Dementsprechend dünn sehen die Bestände jetzt zur Erntezeit aus.
Um so wichtiger sei es, das Getreide zum richtigen Zeitpunkt zu ernten und sicher einzulagern. Höchstwahrscheinlich müsse dabei teure Trockentechnik eingesetzt werden, um die Feuchtigkeit aus dem Korn zu ziehen.
Im Grunde können Familie Knackstedt und die Mitarbeiter mit den Voraussetzungen vor Ort ganz zufrieden sein, erfahren die Gäste. So stehen rund 800 Hektar Land mit einer durchschnittlichen Bodenwertzahl von 80 zur Verfügung - 100 ist die Spitze. Fast 50 Landwirte aus dem nahen Niedersachsen haben inzwischen Flächen in der Gegend gekauft oder gepachtet und kommen zur Bodenbearbeitung und Ernte über die Landesgrenze gefahren. Zunehmend investieren Kapitalanleger in den Kauf von landwirtschaftlichen Nutzflächen. Das erschwert eigene Bestrebungen für eine Flächenausweitung, berichtet der Landwirt.
Die Knackstedt und Rabbethge GbR besteht seit 21 Jahren. "Zu DDR-Zeiten hatte allein die LPG Pflanzenproduktion 300 Mitarbeiter", erinnert sich der Landwirt. Er war seit 1985 in Dedeleben Produktionsleiter der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG), musste Anfang 1990 dann die Geschäftsführung übernehmen.
"In den Anfangsjahren hatten wir als Ossis bei der Bank keine Chance, einen Kredit zu bekommen."
Rainer Knackstedt, Landwirt
Die Genossenschaftsmitglieder forderten die Auflösung des Betriebes. Vier Landwirtschaftsbetriebe blieben in Dedeleben übrig. Bei Knackstedts gibt es noch vier Mitarbeiter und moderne Technik. In die wurde ebenso investiert wie in die Lager, die 4000 Tonnen Getreide Platz bieten.
"In den Anfangsjahren hatten wir als Ossis bei der Bank keine Chance, einen Kredit zu bekommen", erzählt Knackstedt. Deshalb sei man eine Kooperation mit einem westlichen Betrieb eingegangen. Inzwischen mussten die über zehn Jahre alten Mähdrescher ersetzt werden - die Bank ist immer mit dabei.
"Und wie sieht die Zukunft in dem Betrieb aus?", wollen die Abgeordneten wissen. Da sind Undine und Rainer Knackstedt froh, dass Sohn Nico vor Kurzem in den elterlichen Betrieb zurückgekehrt ist. Der 32-Jährige schloss ein Landwirtschaftsstudium ab, wollte aber doch etwas anderes machen und wurde Diplom-Pädagoge.
Jetzt unterstützt er den Familienbetrieb vor allem in Sachen Computertechnik, fährt aber auch Mähdrescher. "Schon heute geht auf den Feldern nichts mehr ohne GPS. Vielleicht wird der Fahrer mal ganz eingespart", sagt der Juniorchef. Der Weltmarkt erfordere eine flexible Anpassung der Betriebe an die aktuelle Nachfrage, die Versorgung mit Energiepflanzen und noch genaueres Rechnen. "Nur Betriebe mit entsprechender Größe und Investitionsmöglichkeiten haben eine Chance", ist sich Nico Knackstedt sicher.
Viel wird an diesem Vormittag noch über die Landwirtschaftspolitik im Bund und in Sachsen-Anhalt diskutiert. Aber nach der Frühstücksrunde müssen Landwirt und Techniker wieder an die neuen Mähdrescher und deren nächsten Einsatz vorbereiten- in der Hoffnung, dass der späte Sommer noch eine auskömmliche Ernte zulässt. Und wieder wandert der Blick der Bauern zum Himmel.