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Urheberrecht David und Goliath ziehen vor Gericht

Der Harzer Entsorgungsanbieter Enwi führt mit einer Berliner Internet-Agentur einen Urheberrechtsstreit um ein Logo.

Von Dennis Lotzmann 02.08.2017, 09:00

Halberstadt l Vor fünf, sechs Jahren war die Welt noch in Ordnung. Die Entsorgungswirtschaft des Landkreises Harz (Enwi) wollte ihre Internetseite optimieren, suchte dafür Profis und wurde bei einer darauf spezialisierten Agentur in Berlin fündig. Sandro Brzinsky und Marcel Metscher, beide Mediengestalter und Gesellschafter der Celdro Media Interactive GbR, schienen die gesuchten Experten in punkto Webauftritt zu sein und bekamen den Auftrag.

Heute liegen beide Vertragsparteien schwer über Kreuz. Der Streit um Zugriffsrechte auf die Enwi-Internetseite und die Nutzung eines Logos hat sie vor das für Medienrecht zuständige Amtsgericht Magdeburg geführt.

Maßgeblich entzündet hat sich der Streit an einem eher banalen Problem. Als die beiden Internet-Programmierer die Enwi-Seite aufbauten, entwickelten sie unter anderem ein Logo mit den Standorten der Wertstoffhöfe. Und dieses Logo, bestätigt Enwi-Vorstand Michael Dietze, sei auf dem jährlich publizierten Entsorgungskalender abgedruckt worden. Was – mit Blick auf die Urheberrechte – nicht einfach so hätte passieren dürfen. Das räumt Dietze ein und spricht von einem „versehentlichen Schritt“.

Einer, der Sandro Brzinsky allerdings bitter aufstieß. Als er den Logo-Abdruck registrierte, machte er die Urheberrechtsverletzung bei Enwi geltend. „Im Prinzip“, betont der 35-Jährige, „ging es uns nicht einmal vordergründig um eine finanzielle Vergütung für die unerlaubte Logo-Nutzung, sondern vor allem ums Prinzip. Darum, dass man so etwas nicht einfach machen kann.“ Doch der Versuch, das Problem einvernehmlich aus der Welt zu schaffen, sei misslungen. „Die Verantwortlichen von Enwi haben nicht erkennen lassen, dass sie einen Fehler begangen haben oder sich gar entschuldigt.“ Im Gegenteil: Sie hätten auf die Kritik von Celdro Media vergleichsweise arrogant und von oben herab reagiert.

Wie die Konversation zwischen beiden Parteien gelaufen ist, lässt sich heute im Detail schwer nachvollziehen. Das Ergebnis aber steht: „Nachdem wir Enwi kritisch angesprochen hatten, ist uns der Zugriff auf die von uns gestaltete Internetseite entzogen worden“, berichtet Brzinsky. Mehr noch: Der Programmcode, der nötig sei, um die Internetseite als Administrator zu bearbeiten, wurde nach Brzinskys Worten von Enwi einfach an eine andere Firma weitergegeben und von dieser genutzt. Auch das bestätigt Dietze: „Wir haben eine andere Firma gefunden, die greift jetzt auf die Internetseite zu.“

Spätestens da war das eigentlich kleine Problem rund um die Urheberrechtsverletzung zum handfesten Krach ausgewachsen. Enwi-Chef Dietze bestätigt den Konflikt inhaltlich im Kern, betont aber: „Die Berliner Firma hatte für unsere Internetseite keinen Wartungsauftrag.“ Und weil es seitens der Software-Schmiede längere Verzögerungen gegeben habe, habe sich die Enwi schließlich abgewandt und anderweitig orientiert.

Mit dem Ergebnis, dass die Zeichen nun vollends auf Sturm stehen. Die beiden Programmierer machen nicht nur mit Blick auf das Logo die Urheberrechtsverletzung geltend. Sie fordern dafür, dass sie sich endgültig und unwiderruflich von der Enwi-Internet-Seite lösen, eine entsprechende finanzielle Kompensation.

Um welche Summe es konkret geht, mag Michael Dietze nicht sagen. Nur soviel: „Wir sind bei einem vierstelligen Betrag angekommen. „Bei 6000 Euro“, bringt es Brzinsky auf den Punkt. „Die Enwi wollte uns für alles mit 2000 Euro abspeisen. Für 6000 Euro sind wir dazu bereit.“ Diese Summe aber will Dietze nicht zahlen – „das können wir den Gebührenzahlern nicht zumuten“.

Wie der Streit am Ende ausgeht, bleibt abzuwarten. Die Berliner geben sich siegessicher. „Wir haben alles akkurat gemacht, nur deshalb können wir jetzt überhaupt prozessieren“, sagt Sandro Brzinsky. Michael Dietze ahnt, dass er am Ende vor Gericht womöglich nicht die allerbesten Karten haben könnte: „Vielleicht ist der Vertrag nicht ganz wasserdicht“, mutmaßt er. Das sei mit Blick auf das strittige Problem auch sein Tipp an andere Firmen: „Immer alles absolut wasserdicht regeln und bei Verträgen juristischen Sachverstand einbinden.“

Brzinsky hingegen ist heute einfach nur enttäuscht über den Umgang von Enwi mit einer kleinen Firma wie seiner. „Herr Dietze freut sich, dass er die Kosten für seinen Abfallkalender minimiert. Dafür verletzt er ganz bewusst das Urheberrecht und glaubt, dass Enwi im Streitfall am längeren Hebel sitzt.“ Hier aber setze Celdro nun an: „Es geht uns um Gerechtigkeit und darum, dass große Firmen kleine nicht einfach kaputt machen.“ Um dafür auch im Sinne anderer Firmen zu kämpfen und mit Blick auf Logos und Urheberrecht „einen weiteren Präzedenzfall zu schaffen“ sei er bereit, vor Gericht zu ziehen.