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Verkehr Happy End für tierische Ausreißer

Mutterschaf und Lamm, die wochenlang allein an der Landstraße von Athenstedt nach Huy-Neinstedt gelebt haben, sind in Sicherheit.

Von Ramona Adelsberger 25.07.2018, 09:00

Wilhelmshall l „Unsere Schafe sind in Sicherheit“, hat Dietmar Küchenmeister, Tierarzt aus Badersleben mitgeteilt und mit dieser Meldung eine Welle der Erleichterung in der ganzen Region um den Huy ausgelöst.

Seit Wochen hatte es im Verkehrsfunk geheißen: „Vorsicht auf der Landstraße zwischen Huy-Neinstedt und Athenstedt, dort befinden sich Schafe auf der Fahrbahn.“ Autofahrer staunten nicht schlecht, als sie die kleine Familie, bestehend aus einem Mutterschaf und ihrem Lämmchen, direkt am Straßenrand entdeckten. Viele fuhren langsamer, einige stiegen auch aus. Unzählige Fotos sind in dieser Zeit entstanden und kursierten in den sozialen Netzwerken.

„Es gab nicht nur freundliche Kommentare“, sagt Huy-Bürgermeister Thomas Krüger (CDU), doch so einfach, wie sich Außenstehende das vorstellen, sei es eben nicht gewesen, die Schafe einzufangen. „Das Sagen hat in einem solchen Fall das Veterinäramt des Landkreises, das mit unserem Ordnungsamt zusammenarbeitet.“

Bereits zu Pfingsten war das Schaf, das wahrscheinlich mit einer Wanderherde in den Huy gekommen ist, erstmals gesichtet worden. „Vermutlich hat es, unbemerkt vom Schäfer, gelammt, während die Herde weitergezogen ist“, meint Dietmar Küchenmeister und betont, dass das Schaf und der Nachwuchs sich wahrscheinlich deshalb so nah an der Straße aufgehalten haben, weil hier das saftigste Gras wächst. Beide haben oft die Straße überquert, und sich vom Autoverkehr in keiner Weise stören lassen. Sobald jedoch eine Autotür aufging, waren beide im Unterholz verschwunden und nicht mehr zu finden.

„„Dass den Schafen an der Straße nichts passiert ist, gleicht einem Wunder“, meint Dietmar Küchenmeister, der oft zu den Tieren gefahren ist, um sie zu beobachten. Beide haben sich offensichtlich sehr wohl gefühlt und zu jeder Zeit in einem sehr guten Zustand befunden. Das Lämmchen sei prächtig gediehen.

In der Hoffnung, dass sich die Tiere einer Herde anschließen, hatte das Ordnungsamt einen Wanderschäfer gebeten, mit seiner Herde durch das Gebiet zu ziehen, vergeblich. Das Schaf hatte offensichtlich Gefallen an der Freiheit gefunden und sich nicht locken lassen.

Nachdem nun alle Versuche von verschiedenen Landwirten, die Schafe einzufangen, nicht funktioniert haben (sogar ein Lasso ist zum Einsatz gekommen), sei vom Amtstierarzt des Veterinäramtes am Ende die Erlaubnis gekommen, die Tiere zu betäuben, berichtet Dietmar Küchenmeister. „Als Tierarzt habe ich die Erlaubnis, das Blasrohr anzuwenden.“

Mit Wilfried Helmecke am Steuer sei er mit dem Auto gefahren und habe auf das Muttertier gezielt. „Wegen der dicken Wolle ist der Pfeil allerdings abgeprallt.“

Dann sei ein Narkosegewehr von der Feuerwehr Halberstadt zum Einsatz gekommen. Die Genehmigung dafür habe wiederum Revierförster Alexander Schulze. Doch das Gewehr sei offensichtlich lange nicht mehr benutzt worden und hatte Ladehemmungen, berichtet der Tierarzt weiter.

„Auf der Suche nach einer geeigneten Waffe sind wir dann im Wildpark Christianental in Wernigerode fündig geworden, dessen Leiter mit seinem Gewehr in den Huy gekommen ist. „Und dann hat es endlich geklappt.“

Zwischenzeitlich hatte sich das Ordnungsamt um die Unterbringung der Tiere bemüht und in Wilhelmshall einen geeigneten Ort gefunden.

„Die Schafe waren noch betäubt, als sie zu uns kamen“, sagt Werner Gringmuth, bei dem Pferde, Puten, Gänse, Hühner und sogar Wildschweine leben.

Der Freiheitsdrang des Mutterschafes war jedoch so groß, dass es nach dem Aufwachen mit Anlauf gegen den Drahtzaun gesprungen ist und einen Stahlriegel verbogen hat. Mittlerweile dürfen die Schafe auf der gesamten Koppel herumlaufen und scheinen sich sehr wohl zu fühlen. Sie sind zwar neugierig, jedoch sehr menschenscheu. „Wenn man sich ihnen nähert, suchen sie schnell das Weite.“

Woher das Mutterschaf genau stammt, kann nicht mehr nachvollzogen werden. Zwar trägt das Tier eine gelbe Ohrmarke, die es als Zuchttier kennzeichnet, das aus Schleswig-Holstein stammt, mit der Nummer kann das Veterinäramt nichts anfangen. „Es gibt keine einheitliche Datenbank“, hat das Amt mitgeteilt.

Somit sind die beiden Schafe nun Eigentum der Gemeinde. Weil sie nicht dauerhaft in Wilhelmshall bleiben können, ist das Ordnungsamt zur Zeit wiederum auf der Suche nach einem endgültigen Zuhause für die Schafe. „Wahrscheinlich werden die Tiere nach Badersleben kommen,“ weiß Werner Gringmut. Um die beiden jedoch verladen zu können, müssen sie sich noch einige Zeit an Menschen gewöhnt werden. Dann steht einem Umzug nichts im Wege.

Übrigens zeigt die Tatsache, dass die Schafe wochenlang allein und ungeschützt in freier Wildbahn gelebt haben, dass das Angstthema Wolf im Huy wohl keine Rolle spielt.