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Corona Warten auf Publikum: So ergeht es Sängerin des Nordharzer Städtebundtheaters in der Corona-Zwangspause

Die Sängerin kam Ende letzten Jahres als Vertretung zum Halberstädter Haus. Aufgetreten ist sie bisher noch nicht.

Von Sabine Scholz Aktualisiert: 14.4.2021, 12:18

Halberstadt. Sie würde so gern endlich vor Publikum singen. Aber ob sie das noch erlebt, hier am Halberstädter Haus? Im November kam die 34-Jährige aus Berlin nach Halberstadt, als Vertretung für Runette Botha, die in Elternzeit ist. Seit November probt sie für alle Inszenierungen mit, aber das Harzer Publikum hat die aus Braunschweig stammende Sopranistin noch nicht zu Gesicht bekommen.

Ein Zustand, der an den Nerven zerrt, wie Maximiliane Schünemann zugibt. Sie würde sehr gern endlich wieder auf der Bühne stehen, so wie alle im Ensemble, das sie „sehr herzlich empfangen“ habe. „Ich bin gleich integriert worden, alle sind wahnsinnig nett und spielfreudig. Es macht total Spaß, hier zu arbeiten“, sagt die junge Frau, die vorher an der Staatsoper Unter den Linden im Chor sang.

Natürlich sei das Haus dort glamouröser, aber sie mag auch die schlichte Schönheit der Halberstädter Bühne. „Ich finde den Raum ganz hübsch“, sagt sie, „und er ist angenehm zu singen, hat eine gute Akustik“. Zudem lenke die Schlichtheit nicht ab von der Szene, von dem, was auf der Bühne geschieht. Ein kleinerer Raum biete mehr Intimität, Nähe zum Publikum. Wenn es denn da wäre.

Schon immer die Bühne im Blick

Wann es so weit ist, niemand kann es aktuell sagen. Noch sind die Aufführungen für Ende April nicht abgesagt. Die Musiker, Sänger, Tänzer und Schauspieler des Städtebundtheaters proben viel neues, frischen auf, hoffen wenigstens noch auf ein paar Premieren in dieser Saison.

Maximiliane Schünemann, die ihren Namen einer Romanfigur verdankt und meist nur Maxi genannt wird, hat ihren Part für die Operette „Im Weißen Rößl“ drauf, probt aktuell für das Musical „Evita“, das am 30. April Premiere feiert. Feiern soll. Wenn diese Premiere nicht wie andere abgesagt werden muss.

„Ich singe da nur eine winzige Rolle“, sagt die in Braunschweig aufgewachsene Musikliebhaberin, in „Land des Lächelns“ ist es eine Hauptrolle. Zurzeit laufen mit Fabrice Parmentier nur die musikalischen Proben, szenisch hingegen erfolgten bereits die „Evita“-Proben, die Florian Kießling leitet.

Eltern erkennen Talent früh

Auf der Bühne zu stehen und zu singen, das will die Frau mit dem fröhlichen Lächeln schon seit Kindertagen. Ihr Vater sei ein großer Opernliebhaber gewesen, beruflich leite er eine Messebaufirma. Er habe wie ihre Mutter, die Fremdsprachenkorrespondentin war, ihr Talent früh erkannt und gefördert. „Ich habe schon immer laut und viel gesungen“, berichtet die Sopranistin lachend, „keine Schulinszenierung, bei der ich nicht dabei war.“ Folgerichtig dann zunächst ihr Mitwirken im Kinderchor des Staatstheaters Braunschweig, später dann das Studium in Hannover.

Dass es klassischer Gesang ist, ist für sie ebenfalls eine folgerichtige Entwicklung. Ihre Eltern haben sie früh mit ins Theater, in Operninszenierungen mitgenommen. „Und ich wusste rasch: Da will ich auch mal arbeiten“, sagt Maximiliane Schünemann rückblickend.

Ihr Weg führte sie dann weg auch Niedersachsen, Berlin wurde neue Heimat, nun ist es Halberstadt. Auf Zeit, aber durchaus willkommen. Sie erlebe Halberstadt als sehr ruhig und beschaulich, mit freundlichen Menschen. „Das Schöne ist, dass man so nah an der Natur ist.“ Der Harz ist ihr relativ vertraut, ihre Mutter lebt seit einigen Jahren hier.

Entspannung beim Gedichte-Schreiben

Doch nicht nur die Natur hat es ihr angetan. Ihre Berliner Freunde lädt sie gern nach Halberstadt ein, so es die aktuelle Lage zulässt, zeigt ihnen die Gässchen in der Altstadt, streift durch die Stadt, die ihre Schönheit nicht gleich offenbart.

Fasziniert ist sie von der Vielfalt, die sich in Halberstadt entdecken lässt. Und dass es hier noch einige Plattenbauten aus DDR-Zeiten gibt, deren Äußeres nicht hinter moderner Dämmung versteckt wurde. „Ich finde Plattenbauten schön, die haben eine ganz eine Ästhetik.“ Sie fotografiert die Häuser, dabei komme es nicht immer auf Schönheit an, hässliches könne durchaus auch faszinierend sein, sagt Maximiliane Schünemann, die im Schreiben gereimter Lyrik Entspannung findet. Da kann sie Stimmungen einfangen, in eine eigene Form fließen lassen. 30 bis 40 Gedichte habe sie bereits fertig. Ob sie die mal veröffentlicht? „Ich denke beim Schreiben nicht daran, die Texte zu veröffentlichen“. Sie wisse nicht mal, ob das überhaupt noch angesagt ist heutzutage. Reime.

Freude am Ausgleich im Boxring

Aber vielleicht bietet sie die Texte doch mal einem Verlag an. Nur um zu sehen, wie die Reaktionen darauf ausfallen. Aber in erster Linie schreibt sie für sich selbst. „Es hat was Meditatives“, sagt die Sängerin, die sich andererseits unheimlich gern bewegt.

Tanzen ist eine zweite große Leidenschaft, erzählt sie, vor allem Salsa tanzt sie gern. „Aber im Moment findet nichts statt.“ Corona verhagelt dies ebenso wie ihr geliebtes Boxtraining. Dabei hatte sie sich schon gefreut, hier in Halberstadt einen Verein gefunden zu haben, wo sie ihrer Leidenschaft fürs Boxen, aber auch fürs Kick- und Thaiboxen nachgehen kann. „Es ist ein toller Sport.“ Aber auch der ruht in Corona-Zeiten.

Liebe zu Mozart-Stücken

Sie liebt das Training, weil es so vielseitig fordernd ist. Und weil es Parallelen zum Tanzen hat. „Beim Boxen muss ich mich ja auch auf mein Gegenüber einlassen, muss reagieren. Es geht nicht darum, jemanden zu schlagen oder gar zu verletzen. Es geht darum, das Wissen über die Technik in schöne und fließende Bewegung umzusetzen. Wie beim Tanzen eben.“ Wobei sie durchaus auch der Aggressivität, der Rohheit dieses Sports etwas abgewinnt.

Die 34-Jährige hat auch ein bisschen Wettkampferfahrungen im Boxen gesammelt. „Aber nur im kleinen Kreis“, wie sie sagt. Wichtig ist nur, dass ihr der Gegner im Ring keine Treffer im Gesicht landet, wenn sie am nächsten Tag auf die Bühne muss. „Da muss ich aufpassen“, kommentiert sie lachend dieses für Frauen immer noch sehr ungewöhnliche sportliche Hobby. Die anderen blauen Flecken fallen vermutlich unter den Kostümen ohnehin nicht auf.

Und doch, bei aller Vielseitigkeit, die ganz große Liebe gilt dem Singen. „Sehr gern Operetten, weil man dabei auch tanzen kann. Und Mozart.“