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Zuchterfolg Mit Erfahrung und einem Quäntchen Glück

Die weite Reise hat sich gelohnt. Gundula und Udo Stanke vom Osterwiecker Kaninchenzuchtverein sind in Dänemark Europameister geworden.

Von Mario Heinicke 25.11.2018, 09:11

Osterwieck l Höher hinaus geht es nicht. Weltmeister gibt bei den Kleintierzüchtern nicht. Der Reisestress wäre den Tieren wohl auch nicht zuzumuten. Diese Europameisterschaft war mit 600 Autokilometern nach Dänemark schon weit genug entfernt.

Die insgesamt acht Kaninchen im Transporter von Gundula und Udo Stanke haben die Fahrt in den hohen Norden aber offenbar stressfrei überstanden. Dort tummelten sie sich unter 8580 Kaninchen, insgesamt waren sogar über 35.000 Kleintiere ausgestellt.

Den Europameistertitel erhielten die Osterwiecker bei ihrer fünften Teilnahme für ihre vier Kaninchen der Rasse Kleinsilber blau, übrigens ebenso wie ein Züchter aus Bayern mit der gleichen Punktzahl. Züchter aus drei Nationen hatten ihre Tiere in dieser Kategorie gemeldet. Darüber hinaus wurde ein Tier der Rasse Kleinsilber schwarz mit der Höchstnote „vorzüglich“ bewertet. Ebenfalls ein großer Erfolg für die Zuchtgemeinschaft Stanke, wie das Züchterpaar in der Fachsprache heißt.

„Ein bisschen Glück gehört auch dazu“, sagt Udo Stanke. Denn die Bewertung ist zu einem Teil auch subjektiv aus der Sicht des Richters. Vor allem was die Einschätzung der Fells und seiner Farbe betrifft.

Daheim bei Stankes in der Osterwiecker Altstadt stehen weit mehr als diese acht Kaninchen in den Boxen. 42 Kleinsilber schwarz, 18 Kleinsilber blau und darüber hinaus noch fünf kleinere Hermelin Blauauge. Es gehört viel Erfahrung dazu, jene vier Ausstellungstiere auszuwählen, von denen man sich die besten Bewertungen verspricht. Zwei der Europameistertiere hatten Stankes schon Ende Oktober bei der Kreisschau in Schwanebeck gezeigt. Mit ebenfalls Topergebnissen.

Zwei Wochen vor der Europaschau fiel die Auswahl der Vier. Gewicht, Körperbau und Fell mussten stimmen. Als die Tiere ins Auto nach Dänemark stiegen, waren sie quasi fertig „frisiert und gefönt“ für das große Ereignis.

Damit die Kaninchen auf einer Ausstellung durch die vielen Menschen keinem zusätzlichen Stress ausgesetzt sind, werden sie daheim oft mit einem Radioprogramm beschallt, sodass sie Stimmen gewöhnt sind. „So sind sie gelassener und ruhiger.“

Die schwarzen Tierchen züchten Stankes schon seit 20 Jahren, die jetzt so erfolgreichen blauen indes erst seit 2017. Die Elterntiere hatten sie von Zuchtfreunden aus Bayern und Kassel bekommen. Und die erste Zucht wurde gleich solch ein Volltreffer. „Auch da gehört etwas Glück zu“, räumt Udo Stanke ein. Aber eben auch viel Erfahrung – und nicht zuletzt gute Kontakte in der Szene. „Der Rammler aus Bayern war vorher dreimal Bundessieger gewesen.“

Schreibt man in der Zeitungsüberschrift vor einer Schau manchmal salopp „Kaninchen auf dem Laufsteg“, so ist da doch etwas dran. Bei solch großen Schauen auf Europa- und Bundesebene drängen sich Züchter aus aller Herren Länder, um vor allem Siegertiere kaufen zu können. Im Ausstellungskatalog stehen mitunter gleich die Kaufpreise, in der Spitze über 300 Euro. Angebote hatten auch Stankes, sie haben ihre acht Kaninchen aber wieder mit nach Hause gebracht. Zum einen steht mit der Bundesrammlerschau in Halle im Februar noch ein weiteres Großereignis bevor. Zum anderen: „Man möchte sich durch den Verkauf keine neue Konkurrenz schaffen“, erklärt Udo Stanke. Lieber gibt er Zuchttiere an Züchter ab, die er wirklich gut kennt, ab.

Das ist also schon die hohe Schule des Züchtens, bei Stankes das Ergebnis jahrzehntelanger Erfahrung. Udo Stanke ist in Berßel schon mit Kaninchen groß geworden. Damals aber nicht zum Züchten, sondern zur Selbstversorgung. „Ich musste mich allein um die Kaninchen kümmern.“

In den heutigen Kaninchenverein trat er 1987 ein, Gundula Stanke ist auch schon seit 1991 dabei.

Udo Stanke ist heute der Vorsitzende des Vereins, der aber nur noch ein Dutzend Mitglieder hat. „Irgendwann wird es kommen, dass wir uns mit den Deersheimern zusammenschließen“, blickt er voraus. Die Personalsorgen gibt es überall. Die Abgänge sind altersbedingt, und Nachwuchs kommt kaum hinzu. „Viele Eltern haben auch kein Interesse mehr, ihren Kindern Tiere auf unseren Ausstellungen zu zeigen.“ Der Verein geht daher schon seit Längerem den direkten Weg und lädt Hort und Kindertagesstätten ein, sich am Tag vor der Schau die Kaninchen anzusehen.

Gundula und Udo Stanke hingegen möchten ihr Hobby nicht missen. Nicht wegen der Pokale oder Urkunden, die sie auf Ausstellungen gewinnen. Abends bei den Kaninchen zu sein, entspannt vom Stress auf der Arbeit, sagen sie übereinstimmend. Auch wenn die Tiere täglich gefüttert und die Boxen jede Woche entmistet werden müssen. Und ein Lohn kann auch ein schöner Kaninchenbraten sein. Udo Stanke: „Das ist gesundes Fleisch aus eigener Haltung, da weiß ich, was ich esse.“