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Zillys Freibad droht letzter Sommer / Suche nach Rettung Zum Saisonstart Sprung ins relativ warme Wasser

Von Mario Heinicke 03.06.2013, 03:30

In Zilly ist am Sonnabend die Freibadsaison 2013 eröffnet worden. Es droht die letzte zu werden.

Zilly l Alles ist relativ. "14 Grad", sagt Rettungsschwimmer Andreas Herbst die Wassertemperatur an und verbessert sich sogleich: "14,6 Grad." Bei nur 12 Grad Lufttemperatur ist der zum Saisonstart angekündigte Sprung von Ortsbürgermeister Thomas Seltmann (parteilos) ins Wasser also ein Sprung ins Warme. Relativ gesehen.

Viele Zillyer haben sich zum Saisonauftakt im Bad eingefunden, wenn auch erstmal nur zur moralischen Unterstützung ihres Ortschefs. Sie kommen überwiegend aus der treuen Seniorenschwimmergruppe, der selbst ernannten "Teenagerspätlese". Wenn das Bad mittags um 12 Uhr öffnet, sind sie stets die ersten Gäste, um ihre Schwimmrunden zu drehen, hinterher noch gemütlich beisammen zu sitzen und sich vom Team des kleinen Kiosk\' im Objekt bewirten zu lassen. Diese Woche wird es sicher losgehen, es soll ja wärmer werden.

Doch die "spät gelesenen Teenager" legen auch selbst Hand an. Dass sich das Bad am Sonnabend in Schuss zeigte, ist auch ihrem Engagement zu verdanken. In den zurückliegenden Wochen haben die Damen und Herren die Anlagen drinnen und draußen mit gesäubert und sogar drei Tage lang die Becken mit gestrichen, wie Henning Trog berichtete.

Die Zillyer Senioren wissen, was sie an ihrem Freibad haben. Aber sie wissen auch, dass die Saison 2013 die letzte sein könnte. Die Stadt Osterwieck hat in ihrer Finanznot das Bad in Zilly - neben dem in Rohrsheim - zur Einsparmasse erklärt. Es geht um 16 200 Euro, was Zilly betrifft.

"Das ist fürchterlich", sagt Christa Meyer. So einfach hinnehmen wolle man das nicht. Sie gibt sich kämpferisch. Ein Transparent werde man aufhängen. Zilly habe erfolgreich für den Erhalt der Kindertagesstätte gekämpft und werde es auch für die Badeanstalt tun. Henning Trog macht eine einfache Rechnung auf. "Auch wenn das Bad geschlossen ist, die Anlage kostet doch weiter Geld." Selbst ein Abriss würde die Stadt einige zehntausend Euro kosten.

Betrieb und Freiwillige haben Bad vor 45 Jahren gebaut

Die alten Zillyer wie Henning Trog, Monika und Günther Seiwert haben zum Freibad noch ein besonders Verhältnis. Sie gehörten zur Generation, die das Bad vor 45 Jahren gebaut hat. Es waren die Betriebe, vor allem die LPG, und viele freiwillige Arbeitsstunden der Einwohner, die das Gemeinschaftswerk ermöglichten. Die Idee für ein Bad sei schon nach dem Krieg dagewesen. Verschiedene Standorte waren im Gespräch. Gebaut wurde schließlich in einer früheren Gartenanlage. "Das Bad war noch gar nicht ganz fertig, da haben schon die ersten gebadet", erinnert sich Monika Seiwert. Der erste Schwimmmeister hieß Heier, kann sie sich erinnern, bald darauf folgte ihr Mann Günther - für zehn Jahre.

In einem sind sich alle einig: Das Zillyer Freibad braucht mehr Besucher und damit mehr Einnahmen. "Der Kreis der Nutzer ist relativ klein", bedauert auch Ortsbürgermeister Seltmann. "Der Zuspruch könnte größer sein."

Der Ortschaftsrat hat die drohende Schließung des Zillyer Freibades schon ausgiebig diskutiert und im April ein Schreiben an die Stadt Osterwieck formuliert.

Ein Hintertürchen gäbe es ja, um das Bad in Zilly zu retten. Im Haushaltskonsolidierungskonzept, das am 13. Juni zum Beschluss im Stadtrat steht, wird den Zillyern - und analog den Rohrsheimern - angeboten, dass Vereine nach der Saison 2013 die Freibäder kostenlos überlassen bekommen und selbstständig weiterführen. So wie in Schauen schon seit vielen Jahren.

Doch das Schauener Modell sei nicht von heute auf morgen auf Zilly zu übertragen, ist Seltmann überzeugt. Deshalb fordert der Ortschaftsrat eine Übergangszeit, vielleicht mit einem abschmelzbaren Zuschuss der Stadt für Betrieb und Unterhaltung des Bades. Und die Stadt sollte Eigentümer bleiben und nur den Betrieb an einen Verein übertragen. Ähnlich wie das Angebot der Stadt an die Sportvereine mit ihren Sportlerheimen. "Wir wollen eine Gleichbehandlung mit den Sportvereinen", unterstreicht Seltmann das Anliegen des Rates.