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UNESCO-Antrag Das Schlachten als Weltkulturerbe

Wenn es nach dem Gemeindekirchenrat in Rottmersleben geht, soll das Hausschlachten in der Börde UNESCO-Weltkulturerbe werden.

Von Christian Besecke 26.05.2018, 01:01

Rottmersleben l Hans-Eike Weitz zeigt beim Vor-Ort-Termin mit der Volksstimme einen Beschluss des Gemeinde-Kirchenrates. „Das Schlachten bei uns in der Börde gehört unserer Meinung nach gesondert geschützt“, sagt er. „Es ist seit Jahrhunderten Tradition und gängige Praxis. Dieses Brauchtum wollen wir quasi schützen lassen.“

Grund für diese Handlungsweise ist eine Anzeige beim Veterinäramt des Landkreises, als der Förderverein des Kirchspiels Ackendorf-Rottmersleben vor wenigen Wochen eine Tradition fortsetzen wollte und das erste Schwein der Saison schlachten wollte. Der Fachdienst für Veterinär- und Lebensmittelüberwachung des Landkreises stuft in seinem Schreiben die beabsichtigte Schlachtung als eine sogenannte Hausschlachtung ein. Nach der bestehenden Rechtslage dürfen die dabei hergestellten Schlachterzeugnisse nur im Haushalt des Eigentümers des Schweines verwendet und nicht an andere Personen weitergegeben werden.

Das bringt Weitz, die Mitglieder des Gemeindekirchenrates und des Fördervereins auf die Palme. „Wir befürchten größere Auswirkungen auf die Traditionspflege in Rottmersleben und anderen Dörfern“, betont der in Rottmersleben auch als SPD-Ortsbürgermeister tätige Weitz. „Sowohl die Kirchenmitglieder als auch die Ortschaftsräte sehen das ebenso.“ Mit der Tradition wolle man keineswegs den ansässigen Fleischern ins Handwerk pfuschen. Im Vordergrund stehe das Brauchtum.

„Früher war es üblich, dass der Bauer einmal im Jahr ein Schwein schlachtete und es anteilig an den Lehrer, den Pfarrer sowie an bedürftige Familien oder Einzelpersonen vergab“, bringt er vor. Eine wie von der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung beschriebene Hausschlachtung sehe er in diesem Fall nicht.

„Ich sehe gleich drei Punkte, die unserem Anliegen entsprechen. So geht es da um gesellschaftliche Bräuche, Rituale und Feste sowie ein immaterielles Kulturerbe. Außerdem geht es um die weitreichende Beteiligung von Gemeinschaften und Gruppen.“

Weitz hat sich vorher kundig gemacht und die Aufnahmekriterien studiert. „Ich sehe gleich drei Punkte, die unserem Anliegen entsprechen“, erklärt er. „So geht es da um gesellschaftliche Bräuche, Rituale und Feste sowie ein immaterielles Kulturerbe. Außerdem geht es um die weitreichende Beteiligung von Gemeinschaften und Gruppen.“ Das alles sei in dem speziellen Fall erfüllt, somit sieht Hans-Eike Weitz einer Antwort hoffnungsvoll entgegen.

Unterstützung bekommt er auch vom AfD-Bundestagsabgeordneten Martin Reichardt. „Ich habe von den Problemen in der Volksstimme gelesen“, sagt dieser. „Daher habe ich um ein Treffen gebeten, um mir die Umstände einmal erläutern zu lassen.“ Das erfolgt beim Vor-Ort-Termin ausführlich durch den Ortsbürgermeister. „Ich habe das Problem auch schon gegenüber meinen SPD-Kollegen erläutert“, erzählt Weitz. „Unterstützung wurde mir aber bei dem Anliegen nicht zugesagt.“

Reichardt lässt sich die Unterlagen von Weitz geben und will diese jetzt prüfen lassen. „Zunächst einmal kann ich nur sagen, dass die Behörden vor Ort natürlich nur nach der Sachlage und den Vorgaben entscheiden können“, sagt er. „Daher muss man in der Tat auch etwas höher ansetzen.“ Die angestrebte Bewerbung bei der UNESCO-Kommission findet er persönlich gut.

Interessant ist noch ein weiterer Fakt. Das Schlachthaus und der Jugendclub sind als Komplex einst sogar von der EU gefördert worden. Im Jahr 2005 wurden hier 300.000 Euro investiert. Die Förderung aus Brüssel machte seinerzeit etwa 70 Prozent der Summe aus. Damit wurden das Gebäude, der Schlachtebereich und ein Dorfbackofen saniert beziehungsweise neu gebaut.

„Gleichzeitig verbieten die EU und Deutschland aber quasi die Nutzung durch Vereine,“ sagt Weitz und schüttelt den Kopf. „Das verstehen wir nicht.“ Reichardt pflichtet ihm bei. „Das sind Regelungsabstrusitäten, die den Bürgern sauer aufstoßen“, setzt er hinzu. „Die ortsansässigen Behörden sollten nach der Rechtslage entscheiden. Allerdings müsste man dabei auch die örtlichen Bräuche berücksichtigen können.“

„Bis zum Beginn der Schlachtezeit erhoffen wir uns eine Antwort auf das Anliegen“, hofft Ortsbürgermeister Weitz.