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Naturschutz in der Börde Fledermäuse im Drömling: „Kobolden der Nacht“ werden eingefangen

Bei einer nächtlichen Aktion im Unesco-Biosphärenreservat Drömling haben Experten Fledermäuse in einem Netz gefangen. Warum die Flugakrobaten gefährdet sind.

Von Anett Roisch 02.09.2024, 08:49
Im Drömling gibt es 15 Fledermausarten. Eine davon ist der Große Abendsegler.
Im Drömling gibt es 15 Fledermausarten. Eine davon ist der Große Abendsegler. Foto: Anett Roisch

Kämkerhorst. - Wenn die Dämmerung kommt, flattern sie im Land der tausend Gräben lautlos am Himmel. Zur internationalen Nacht der Fledermäuse konnten Naturfreunde die wendigen Insektenjäger am Ufer der Ohre in Kämkerhorst hautnah erleben. Die „Batnight“ findet traditionell am letzten Augustwochenende in weltweit 38 Ländern statt.

Ranger Ulf Damm ist dabei, einen Netzfang vorzubereiten. An seiner Seite ist Marcus Fritze. Er leitet das Kompetenzzentrum für Fledermausschutz in Sachsen-Anhalt. Die Mission der beiden Fledermausexperten ist, mit einem hauchdünnen Nylonnetz die Jäger der Nacht behutsam einzufangen. Diese faszinierenden Flugakrobaten können sich zum einen in der Nacht mit akustischem Radar orientieren und sind zum anderen von vielen Mythen umgebene Geschöpfe.

Bis zu 3.000 Mücken in einer Nacht

Marcus Fritze hält einen Vortrag und betont: „Der Drömling hat für Fledermäuse einen großen Insektenreichtum. Im Vergleich zu anderen Gebieten mit Agrarwüsten ist das Biosphärenreservat für diese Tiere sehr gut.“ Eine Fledermaus frisst – nach den Ausführungen des Experten – in einer Nacht bis zu 3.000 Mücken. Zum Glück für die Fledermäuse habe der Drömling wenige Windkraftanlagen.

Der Leiter des Kompetenzzentrums verrät, wie seine Leidenschaft zu den faszinierenden Flugakrobaten entstanden war: „Als ich im Biosphärenreservat Südharz meinen Zivildienst absolvierte, bin ich zum ersten Mal durch Bernd Ohlendorf mit Fledermäusen in Kontakt gekommen“, erinnert sich Fritze. Seitdem ist der 38-Jährige den Fledermäusen treu geblieben. Als Ohlendorf in Rente ging, übernahm Fritze seinen Job. Zu Ehren von Fritze nennen die Kinder die erste Wasserfledermaus, die an diesem Abend ins Netz ging, Fritz. „Fledermäuse sind überhaupt nicht gruselig“, sagt Juniorranger Paul über die Flugakrobaten, die in den Abendstunden ihr ganzes Können zeigen.

Marcus Fritze, Leiter des Kompetenzzentrums für Fledermausschutz in Sachsen-Anhalt, zeigt  Sophie (v. l.), Annegret, Paul und den anderen Besuchern am Ufer der Ohre in Kämkerhorst eine Fledermaus.
Marcus Fritze, Leiter des Kompetenzzentrums für Fledermausschutz in Sachsen-Anhalt, zeigt Sophie (v. l.), Annegret, Paul und den anderen Besuchern am Ufer der Ohre in Kämkerhorst eine Fledermaus.
Foto: Anett Roisch

Schauergeschichten werden oft über den Mythos vom blutsaugenden Jäger erzählt. 25 Fledermausarten gibt es in Deutschland. Und keine einzige Art ernährt sich von Blut. Alle Fledermäuse fressen ausschließlich Insekten. Und genau das ist ein Problem für die Tiere, denn das dramatische Insektensterben wirkt sich natürlich auch negativ auf die Fledermausbestände aus. Neben dem Nahrungsmangel leiden Fledermäuse außerdem unter Wohnungsnot. Durch die Sanierung alter Gebäude finden Fledermäuse immer weniger Unterschlupf. Deshalb haben auch die Juniorranger schon jede Menge Fledermauskästen gebaut. „Alle Fledermausarten sind gefährdet und müssen geschützt werden“, betont Ranger Ulf Damm. Umso wichtiger sei es, über die Tiere aufzuklären und zu vermitteln, wie der Mensch ihnen helfen kann.

Tiere bekommen einen Ring

Am Ende der Aktion ziehen die Naturschützer Bilanz. „Wir hatten fünf verschiedene Arten im Netz“, sagt Damm. Der Ranger zählt bis Mitternacht eine Bartfledermaus, eine Mopsfledermaus, eine Rauhautfledermaus, drei Wasserfledermäuse und einen Großen Abendsegler auf. Die Tiere werden gewogen und vermessen. Die Rauhautfledermaus und der Abendsegler bekommen einen Ring. Damit können die Biologen und Naturschützer die Wanderrouten verfolgen. Manche Fledermäuse fliegen 2.000 Kilometer weit, zum Beispiel bis nach Spanien. „Ich habe eine Fledermaus in Mecklenburg-Vorpommern gefangen, die aus Lettland kam“, erzählt Fritze. „Die Rauhautfledermaus zieht von Nordosteuropa nach Südwesten. Bei den Wasserfledermäusen, die hier überwintern, sammeln wir die Parasiten ab, um diese dann wissenschaftlich untersuchen zu lassen“, erklärt Fritze.

Auch der fünfjährige Bruno aus Rätzlingen erklärt zum Abschied, dass er keine Angst vor den „Kobolden der Nacht“ habe, weil diese Tiere harmlos und sehr nützlich sind.