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Corona Flucht ins Kleingarten-Idyll der Börde

Durch Corona hat der Wunsch nach Kleingärten zugenommen. Das haben auch die Vereine in Haldensleben gespürt.

Von Theresa Schiffl 27.09.2020, 23:01

Haldensleben l Glücklich konnten sich dieses Jahr die Menschen schätzen, die einen eigenen Garten hatten: In der Sonne liegen, ein gutes Buch lesen, die Kinder plantschen im Pool und von Corona scheinbar keine Spur. Herrlich. Wer braucht da schon Urlaub in anderen Ländern?

Dass sich nach diesem Erholungsort viele sehnen, die keinen eigenen Garten besitzen, haben auch viele Kleingartenvereine in Haldensleben gemerkt. „Dieses Jahr hatten wir 26 Pächterwechsel“, erklärt Heiko Schäfer, Vorsitzender des Haldensleber Kleingartenvereins Bodenreform.

„Corona hat sicherlich dabei eine Rolle gespielt, aber keine große“, ist sich Heiko Schäfer sicher. „Die verstärkte Nachfrage von Bewerbern können wir bestätigen“, sagt auch Olaf Weber, Vorsitzender des Verbandes der Kleingärtner Börde-Ohre. Die offiziellen Zahlen würden jedoch gerade erst erhoben werden. Der Verband konnte feststellen, dass sich aufgrund weniger Reise- und Ausflugsziele vermehrt Familien für einen Garten beworben haben. Dadurch bringen sie den Kindern die Natur wieder näher.

Von der Pandemie hätte man in der Anlage auch nur relativ wenig gespürt. „Bei uns gab es keine Probleme damit und die Leute haben sich hier auch relativ normal unterhalten.“ Die Kleingärtner seien sehr diszipliniert gewesen, erklärt Olaf Weber. Der Garten wurde ausschließlich von Mitgliedern des eigenen Haushalts besucht. Wobei die Gespräche über den Gartenzaun mehr Bedeutung gewonnen hätten.

Von einer Besitzerin weiß Schäfer, dass sie aufgrund ihrer Arbeit im Gesundheitsbereich deswegen keine Zeit hatte, um sich um ihre Gartenanlage zu kümmern. „Das war dann natürlich kein Problem. Aber uns ist es eben schon wichtig, dass die Gärten dann auch gepflegt werden.“

Ungefähr zehn Stunden müssen dafür in der Saison pro Woche eingerechnet werden, so Weber. „Kommt dann der Verein noch mit gemeinsamen Aktivitäten oder Arbeitsstunden für die Gemeinschaft, flüchten Kurzentschlossene wieder zu rascher verfügbaren Angeboten.“

Schon seit längerem bemerkt er ein zunehmendes Interesse an Kleingärten. Woher kommt das aber? „Den Leuten fällt die Decke auf den Kopf und sie wünschen sich einen Ort, wo sie abschalten können.“ Außerdem sei es auch eine Geldfrage, meint der erfahrene Kleingärtner: Da Wohnraum bereits ohne Garten sehr teuer ist, ergänzen viele ihre vier Wände mit einer Parzelle in einer Gartenanlage. „Dieses Interesse lässt sich nicht ausdrücklich durch die Corona-Pandemie begründen, sondern mit dem Bedürfnis nach Bewegung an frischer Luft und dem Anbau von gesundem Obst und Gemüse.“ Das habe auch viele Vorteile: „Die Gartenanlagen sind auch ein Treffpunkt für die Menschen, wo sie wieder zusammenfinden.“

Auffällig sei aber, dass es mittlerweile sehr viele Familien mit ihren Kindern in die Gartenanlagen lockt. „Die treffen dann auch hier zusammen und spielen miteinander“, so Heiko Schäfer und freut sich über die Verjüngung der Kleingärtner. Das sei zwar dann schon etwas lauter, aber es seien eben Kinder. „Und nur so lernen die Kinder auch etwas über die Natur.“

Detlef Stotmeister vom Kleingartenverein Lindenalle erzählt: „Dass bei anderen Vereinen Corona zu einer erhöhten Nachfrage geführt hat, habe ich auch schon mehrmals gehört. Wir haben aufgrund der idyllischen Lage unserer Anlagen schon seit Jahren sehr guten Zulauf. “ Von den ungefähr 170 Parzellen seien meistens wenige frei.

Für den Landkreis Börde kann Weber jedoch insgesamt eine positive Entwicklung bescheinigen. Seit ungefähr drei Jahren stagniere der Abwärtstrend. Bei vielen Familien werde das kleine grüne Paradies in Kleingartenanlagen auch als Ersatz für die immer teurer werdenden Urlaube genutzt.