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Absagen Hochzeitsbranche unter Druck

Große Hochzeitspartys waren lange nicht möglich. Dennoch verzeichnet das Standesamt Haldensleben bisher offenbar keine große Absagewelle.

22.05.2020, 23:01

Haldensleben l Der Gesprächsbedarf wegen Corona war zuletzt groß am Haldensleber Standesamt. „Wir haben in den zurückliegenden Wochen viele Gespräche mit den Brautpaaren geführt“, berichten die Mitarbeiterinnen. Die häufigste Frage sei dabei gewesen, wie sie als Standesbeamteinnen entscheiden würden: Heiraten oder nicht?

Eine Frage, die letztlich nur das Brautpaar beantworten könne, betonen sie im Standesamt. Denn verboten waren Eheschließungen in den vergangenen Wochen nicht. Allerdings gab es Einschränkungen, nur wenige Personen durften zur Feierstunde kommen. Wie viele sich deswegen zuletzt gegen den Termin beim Standesamt Haldensleben entschieden haben, können die Mitarbeiterinnen nicht sagen. „Gefühlt waren es aber sehr wenig“, berichten sie.

Auch die Zahl, wie viele Hochzeiten in diesem Jahr noch geplant sind, ist vom Standesamt nicht zu bekommen. „Die endgültige Anzahl der Eheschließungen in diesem Jahr können wir erst am 31. Dezember 2020 nennen“, heißt es dazu.

Der Haldensleber Fotograf Thomas Doermer geht von einem schwächeren Sommergeschäft aus. Er rechnet mit etwa einem Drittel weniger Umsatz, vor allem wegen abgesagter Veranstaltungen. Das Geschäft mit der Hochzeitsfotografie sei für ihn „wichtig“, betont er. Die Saison habe gerade erst begonnen. „Wir hoffen, dass nicht so viele verschieben“, sagt der 49-Jährige, der zwei Mitarbeiterinnen in seinem Fotostudio am Marktplatz beschäftigt.

In den vergangenen zwei Wochen war Doermer bereits bei drei Hochzeiten als Fotograf engagiert, zwei Trauungen fanden im Haldensleber Rathaus statt. Kleine Hochzeiten seien das gewesen, mit wenigen Personen, wie gewohnt habe er mit dem Brautpaar Einzelschootings gemacht, berichtet er.

Doermer befürchtet, dass viele Veranstaltungen nun in den Spätsommer verschoben werden könnten und er dann sehr viel zu tun habe. Er betont, ihm sei es wichtig, dass auf Hochzeiten nicht alles nur zack, zack gehe. „Wir wollen uns auf Hochzeiten hineinfühlen in die Leute“, sagt er. „Bilder mit Herz“ seien schließlich das Ziel.

Gedämpft sind die Erwartungen für die kommenden Monate auch bei Lyudmyla Sperl. Sie betreibt ein Brautmodengeschäft an der Hafenstraße. Vor zwei Jahren hat sie ihren Laden groß ausgebaut, etwa 250 Brautkleider hängen dort zur Anprobe bereit. Doch derzeit kommt niemand. Seit Beginn der Coronakrise sei keine Braut mehr in ihrem Laden gewesen, um ein Kleid für die Hochzeit zu kaufen, berichtet sie.

Sperls Laden ist nicht dauerhaft geöffnet. Sie bietet Beratungstermine an. Die Braut kann dann mit Verwandten und Freundinnen kommen, um beim Sekt vor einem großen Spiegel ein Brautkleid auszusuchen. Der Preis für das Kleid liegt dann laut Sperl zwischen 200 und 1500 Euro.

Doch wer kauft schon ein tolles Brautkleid, wenn es keine große Hochzeitsfeier gibt? Für die standesamtliche Trauung und die Feier im kleinen Kreis würden viele darauf verzichten, sagt Sperl. Dazu kämen die Leute, die ihre Hochzeit verschieben. Natürlich ist sie froh, dass Hochzeiten mit bis zu 100 Gästen ab kommendem Donnerstag wieder erlaubt sind. Doch wie viele Hochzeiten dann tatsächlich wieder größer gefeiert werden? „Alles ist ungewiss“, sagt Sperl.

Das Brautmodengeschäft ist für Sperl ein Nebenerwerb. Sie hat einen zweiten Job bei Hermes. Mit einem Onlineshop hat sie vor 13 Jahren mit der Brautmode angefangen. Im vergangenen Jahr sei es gutz gelaufen, berichtet sie. Sie hatte gehofft, dass es bald reichen werde, um davon leben zu können, sagt sie. Eine Hoffnung, die sich vorerst zerschlagen hat.