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Männerchor „Aktuellster“ Hit stammt von 1977

Der Haldensleber Männerchor „Liederkranz“ sucht Nachwuchs, um den Verein am Leben zu erhalten und um das Repertoire zu verjüngen.

Von Jens Kusian 09.08.2017, 01:01

Haldensleben l Als der Sänger Henri Valentino im Jahr 1977 erstaunt feststellte: „Im Wagen vor mir fährt ein junges Mädchen“, da gab es den Haldensleber Männerchor „Liederkranz“ bereits seit 118 Jahren. Valentinos Gassenhauer hat trotzdem noch etliche Jahre gebraucht, bis er seinen Weg ins Repertoire der sangesfreudigen Männer gefunden hat. „Das ist unser jüngstes Lied“, gesteht Chorleiter Hubertus Hlawatsch. Nicht ganz so aktuell ist Drafi Deutschers „Marmor, Stein und Eisen bricht...“, das die 21 Sänger ebenfalls zum Besten geben. Ansonsten findet sich klassisches Liedgut in den Textheftern, die jeden Mittwoch bei den Proben des Chores im Mehrgenerationenhaus EHFA ausgepackt werden.

Das mag durchaus dem Alter der Sangesbrüder geschuldet sein. Gut vier Jahrzehnte trennen das jüngste, 42-jährige Mitglied von den ältesten Mitstreitern jenseits der 80. Es sei eben nicht immer einfach, die Männer für neue, aktuellere Lieder zu begeistern, so Hlawatsch. Immerhin liegt der Altersdurchschnitt des „Liederkranz“ bei 65 plus.

Deshalb suchen Chorleiter und der Vorstand um die beiden Vorsitzenden Bernd Wey und Dieter Günther händeringend nach stimmgewaltigem männlichem Nachwuchs. „Wir sind derzeit 19 aktive und 5 passive Mitglieder“, nennt Wey eine überschaubare Zahl. Gern würde er sehen, dass der Chor wächst. „Bei uns stehen die Freude und der Spaß am Singen im Vordergund“, unterstreicht der 1. Vorsitzende. Auch die Geselligkeit komme nicht zu kurz. Und doch finden sich kaum neue Mitglieder.

„Der Zeitfaktor spielt eine wichtige Rolle“, hat Dieter Günther festgestellt. Arbeit und Familie gehen meist vor, da bliebe bei vielen kaum noch Zeit für ehrenamtliches Engagement, meint er. Was auch verständlich sei. Aber ein Chor brauche auch Stabilität. „Ohne ernsthaftes Interesse am Singen hat es wenig Sinn“, ist der 2. Vorsitzende überzeugt.

Selbst der Versuch, potenzielle Mitstreiter aus den Reihen des Schulchores der ehemaligen EOS „Heinrich Heine“ zu gewinnen, sei nicht von Erfolg gekrönt gewesen, bedauert Vorstandsmitglied Rüdiger Ostheer. Dabei wäre der letzte Jahrgang gerade Mitte 40 und seiner Meinung nach ideal, um den „Liederkranz“ zu verjüngen. Das würde auch die Auftritte des Ensembles absichern. „Wir haben ja nur noch fünf Auftritte im Jahr.“ Mehr seien mit den 21 Sängern einfach nicht möglich, ergänzt Hlawatsch. „Viele von uns wollen und können wegen des Alters nicht mehr so weit fahren. Und sie haben auch nicht immer Zeit an den Wochenenden“, erzählt er. Dabei habe der Chor genügend Anfragen und demnach Auftrittsmöglichkeiten.

Ein Zuwachs an jüngeren Sängern, so ist der Chorleiter überzeugt, würde auch das Repertoire verjüngen. Wenngleich es als Männerchor schwierig sei, aktuelle Lieder zu singen. „Ein gemischter Chor hat es da viel einfacher“, meint Hubertus Hlawatsch. Der sei, was die Stimmlagen angeht, viel breiter aufgestellt. Deshalb seien reine Männerchöre mittlerweile schon eine Seltenheit, hat er festgestellt.

Als Art Werbekampagne für die Chormusik sieht der „Liederkanz“-Vorstand daher das Chortreffen, das er seit gut zehn Jahren zum Haldensleber Altstadtfest organisiert. „Den Schwerpunkt bilden dabei schon die Chöre aus Haldensleben und den Ortsteilen“, erklärt Bernd Wey. So sind in diesem Jahr neben den Gastgebern der Volkschor Süplingen, der Forstchor Flechtingen, die Jagdhornbläsergruppe der Jägerschaft Haldensleben, der Männerchor „Brüderlichkeit“ Hundisburg und die Chorgemeinschaft „Harmonie“ Satuelle am Sonntag, 27. August, ab 15 Uhr auf dem Hagentorplatz live zu erleben.

Vielleicht finde sich bis dahin ja noch der eine oder andere Mitstreiter, hoffen die Haldensleber Männer. „Die wichtigste Voraussetzung ist die Freude am Singen“, unterstreicht Dieter Günther. Darüber hinaus sollten Interessenten Mittwochabend und an den Wochenenden Zeit für Proben und Auftritte haben. „Ein Vorsingen ist bei uns nicht nötig“, beruhigt Hubertus Hlawatsch. Wer Lust hat, kann einfach mittwochs um 19.30 Uhr im EHFA zu den Proben erscheinen. „Ein bisschen Musikalität ist notwendig“, meint der musikalische Leiter, „aber ich denke, dass es kaum Leute gibt, die nicht in einem Chor mitsingen können.“