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Mauerfall Straße nach Grenzöffnung in Rekordzeit gebaut

Im Museum in Weferlingen wird die Zeit der Grenzöffnung vor 30 Jahren noch einmal lebendig.

Von Anett Roisch 16.04.2019, 01:01

Weferlingen l Wie lange dauert es, einen Kilometer Straße zu planen und zu bauen, noch dazu, wenn die Strecke gar nicht auf dem eigenen Territorium liegt? 1989 ging das in nicht mal einem Monat! Die Rede ist hier von der Straße zwischen Weferlingen und Grasleben.

Jeden Tag rollen unzählige Fahrzeuge auf der Straße zwischen Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, und nur die Älteren können sich noch an die Öffnung der Grenze vor 30 Jahren erinnern. Wie aber konnten damals Menschen zueinander kommen, wenn es zwischen ihnen Jahrzehnte gar keine Straße mehr gab? Die Antwort findet sich im Weferlinger Heimat- und Apothekenmuseum in zwei unscheinbaren Fotosteckalben. Sie ergänzen die neue Ausstellung zum Jubiläum der Grenzöffnung auf beeindruckende Weise.

Ulrich Pettke, der Vorsitzende des Oebisfelder Heimatvereins, hatte diese Alben erhalten und sie an den Bürgerverein Weferlingen weitergegeben, berichtet der ehrenamtliche Museumsleiter Gerd Müller. Entstanden waren sie im Straßenbauamt Wolfenbüttel, jetzt laden sie ein zum Blättern.

Die erste Nachricht verweist darauf, dass der Grasleber Samtgemeindedirektor Gerd Stötzel am Mittwoch, 15. November 1989, gegen 7.30 Uhr das Straßenbauamt Wolfenbüttel anrief und berichtete: „Auf der DDR-Seite beginnen heute die vorbereitenden Arbeiten zur Öffnung der Grenze. Bitte veranlassen Sie die erforderlichen Bauarbeiten auf unserer Seite.“

Unverzüglich wurde auf niedersächsischer Seite die alte Pflasterstraße freigeschoben, so dass sie gut passierbar war. Am Sonnabend, 18. November, um 6 Uhr wurde dann die Grenze für Fußgänger, Radfahrer und Motorradfahrer geöffnet. Bilder zeigen, dass es auf der DDR-Seite nicht mal einen ordentlichen Feldweg gab. Deshalb lud das Straßenbauamt Wolfenbüttel den damaligen Weferlinger Bürgermeister Michael Rigo am 27. November um 10 Uhr zu einem Termin an der Grenzstelle ein. Er hatte sich an das Straßenbauamt in Niedersachsen gewandt und um Hilfe bei der Instandsetzung der Strecke von der Grenzsäule bis zum Bahnübergang in Weferlingen auf Höhe der BHG gebeten, da die Gemeinde Weferlingen dazu nicht in der Lage sei. Gleich am Nachmittag wurde die etwa einen Kilometer lange alte Fahrbahn vermessungstechnisch aufgenommen und die neue Linienführung in Nachtarbeit festgelegt. Am nächsten Tag gegen 10 Uhr war die nördliche Fahrbahnkante abgesteckt.

„Nach straßenbautechnischer Abstimmung mit Vertretern der Straßenbaukollegen des Bezirkes Magdeburg (BDS), Ausarbeitung eines Leistungsverzeichnisses und nach Abgabe eines Angebots der Firma Jürs Bau begannen am Freitag, 1. 12. 1989, die Straßenbauarbeiten“, heißt es auf einer Notiz im Album. Entsprechende Fotos folgen. Dann die nächste Notiz: „Am 21. 12. 1989 sind die Straßenbauarbeiten so weit abgeschlossen, dass die förmliche Zwischenabnahme erfolgen kann und ab nächsten Tag Kfz-Verkehr freigegeben werden kann.“

Ältere werden sich vielleicht noch daran erinnern, dass einen Tag vor Weihnachten nicht nur viele DDR-Bürger auf dieser Straße gen Niedersachsen fuhren, sondern auch viele Niedersachsen den Nachbarn hinter der nun offenen Grenze einen Besuch abstatteten.

Erinnerungen an diese Zeit zeigt die neue Sonderausstellung im Heimat- und Apothekenmuseum, die Ostersonntag um 14 Uhr eröffnet wird. Mehrere Exponate gehen auch noch Jahrzehnte weiter in der Weferlinger Grenzgeschichte zurück. Gerd Müller hat die Ausstellung mit Bernd Hoffmann zusammengestellt. Natürlich lädt das Museum dann auch wieder zu Kaffee und Kuchen ein, und der Aussichtsturm „Grauer Harm“ kann bestiegen werden.