Schule Musikunterricht in Calvörder Schule: Götterfunken auf Gitarrensaiten
Musikunterricht der etwas anderen Art gibt es in der Sekundarschule in Calvörde. Schüler probieren Instrumente aus, spielen Stücke von Beethoven bis Beatles und erzählen, warum sie Spaß dabei haben.

Calvörde. - Was ist denn da los? Im Hof der Sekundarschule „Brüder Grimm“ dröhnt laute Musik aus allen Ecken. Es ist eine Mischung aus Rock, Blues, Klassik und irgendetwas dazwischen. Die Jugendlichen proben im Musikunterricht an der frischen Luft, in kleinen Gruppen aufgeteilt, mit unterschiedlichen Instrumenten verschiedene Stücke. Die Schüler sind voll konzentriert, vertieft in ihr jeweiliges Musikstück und hören dabei kein Klingelzeichen. Musiklehrer Michael Kellner tänzelt von einer Rhythmus-Insel-Bank zur anderen, gibt Tipps, korrigiert Griffe auf der Gitarre und greift selbst zur Violine. „Es ist kein langweiliger Musikunterricht. Wir können selbst herausfinden, welches Musikinstrument für uns das richtige ist“, sagt Paul Huhn, der die E-Bass-Gitarre für sich entdeckt hat.
„Die E-Gitarre ist mit das wichtigste Instrument in der Rockmusik. Von Punk bis Metal prägt sie den Sound“, weiß Joy Lea Müller. Die 14-jährige Behnsdorferin spielte schon vor dem Musikunterricht – seit etwa vier Jahren auch zuhause – auf ihrer Akustikgitarre und nun auch auf der E-Gitarre. Diese Vorkenntnisse geben ihr Sicherheit. Sie gibt ihr Können weiter. „Der Unterricht mit Herrn Kellner ist sehr abwechslungsreich. Jeder kann das Instrument spielen, das er möchte. Wenn man etwas nicht versteht, erklärt der Lehrer es uns“, sagt die Neuntklässlerin. Luka Kröning gesteht, dass er mit dem neuen Lehrer in diesem Schuljahr zum ersten Mal seine Fähigkeiten auf einem Instrument ausgetestet habe. Inzwischen sei der Spaß am Gitarrenspiel groß.
Alle drei haben heute in der Gruppe die Aufgabe, Beethovens „Freude schöner Götterfunken“ einzustudieren. Gegenseitig korrigieren sie sich. Luka ärgert sich, dass es nicht gleich funktioniert. Joy Lea ist etwas genervt. Sie gibt den Rhythmus an und zählt runter: „Drei, zwei, eins...“. Diesmal hat Paul seinen Einsatz verpasst. Noch mal beginnen sie von vorn. Alle drei lachen. Joy Lea motiviert die anderen: „Reißt euch jetzt zusammen!“ Paul sagt im ernsten Ton: „Los, wir versuchen es noch mal!“
Schulband übt mittwochs
Seit diesem Schuljahr gibt es auch die Arbeitsgemeinschaft „Schulband“. Diese Band übt jeden Mittwoch in der 6. und 7. Stunde. „Gern hätten wir in diesem Jahr schon auf dem Weihnachtsmarkt gespielt, aber wir sind noch nicht so gut. Wir hatten zu wenig Stunden und müssen noch üben“, weiß Joy Lea. „Aber bei der nächsten Veranstaltung kriegen wir es bestimmt hin“, ist sich Paul sicher. Er bedauert es, dass er nur freitags Musikunterricht hat: „Musik macht mehr Spaß, als die meisten anderen Fächer.“ Luca spielt weiter Beethoven und sagt: „Jetzt wissen wir auch, warum wir überhaupt Noten lernen müssen.“
Kellner ist zufrieden, mit dem, was er hört: „Übt weiter! Es wäre gut, wenn ihr nachher, wenn die anderen singen, das Lied begleitet. Ich spiele dazu auf dem Klavier.“ Die Zeit drängt. „Es ist noch nicht perfekt. Wird es für das heutige Vorspiel reichen?“, fragt sich das Beethoven-Trio.
Kellner beschreibt: „Ich unterrichte in vielen Klassen. Die meisten der Schüler hatten zuvor noch nie ein Instrument in der Hand. Deshalb fange ich bei den Grundlagen des Instrumentalspiels an.“ Wichtig sei dem Pädagogen, dass die Kinder und Jugendlichen viel durchprobieren und sich an unterschiedlichen Instrumenten – angefangen von der Gitarre und dem Schlagzeug über Ukulele und Cajon bis hin zu E- und Bass-Gitarre – ihre Fähigkeiten testen. Auch die Zielsetzung sei – nach seinen Beschreibungen – sehr unterschiedlich. Musikmachen habe ganz viele positive Aspekte. Angefangen von kognitiven Entwicklungsprozessen – wie beispielsweise die Förderung der Kreativität – bis hin zu sozialen Prozessen, die sich zum Beispiel in der Gruppenarbeit zeigen. Gerade in der Schule, wo doch mal Konflikte entstehen, würden die Jugendlichen durch die Musik zusammen kommen. „Viele von diesen Reibereien werden ausgeblendet, weil es beim Musizieren keine Rolle mehr spielt. Sie haben Spaß“, weiß der Lehrer, der in Flechtingen zuhause ist.
Auch Schulleiter Claudio Kühn ist begeistert: „Es ist ja eine ganz neue Form, den Schülern mit ein paar Handgriffen ein Instrument näher zu bringen.“
Selbst wenn es draußen kalt und regnerisch ist, bitten die Schüler, draußen Musik machen zu dürfen. Selbstverständlich sei – nach Kellners Worten – Musik in erster Linie ein Schulfach. „Diesen Pflichtstoff – wie Beethovens 5. und 9. Sinfonie – erarbeiten wir uns anhand des gemeinsamen Musizierens“, erklärt er. Dies geschieht klassenübergreifend. In der 7. Klasse sind es beispielsweise die Beatles und in der 9. Klasse die angesprochenen klassischen Stücke. Die Motivation sei groß und der Stoff bliebe – ohne zuhause viel zu lernen – besser in Erinnerung.
„Freude schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium, wir betreten feuertrunken, Himmlische, dein Heiligtum“, singen die Jugendlichen. Dazu spielt das Gitarrentrio. Nicht immer werden alle Töne getroffen, aber Beifall gibt es von den Mitschülern trotzdem. Und auch der Lehrer nickt zufrieden.
Wer verschenkt Instrument?
Groß ist die Hoffnung, dass der Unterricht so weiter gehen kann. Einige der Instrumente wurden von der Schule gekauft, andere und etwas Equipment sind vom Landesinstitut für Schulbildung ausgeborgt. Einige andere Instrumente bringt Kellner von zuhause mit. Ein Wunsch ist es, ganze Klassensätze zu bekommen. „Natürlich bin ich auch über jede Spende von Instrumenten und Zubehör sehr dankbar. Vielleicht hat jemand noch eines auf dem Dachboden, das nicht mehr benutzt wird“, sagt Kellner. Egal ob Blas- oder Streichinstrument – einfach jedes Instrument werde praktisch im Unterricht von der 5. bis zur 10. Klasse zum Einsatz kommen, versichert der Musiklehrer.
Wer etwas hierfür zur Verfügung stellen möchte, kann sich unter 039051/317 in der Schule melden.