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Tourismus Die kleine Pension am Mittellandkanal

Er fließt als blaues Band durch Haldensleben: der Mittellandkanal. Eine kleine Pension bietet Reisenden eine Unterkunft.

Von Jens Müller 02.06.2020, 01:01

Althaldensleben l „Die Nachfragen sind so viel, dass ich eigentlich ein Hotel haben müsste“, sagt Erika Becker und muss schmunzeln. Denn eigentlich habe sie längst kürzer treten wollen. Erika Becker ist Jahrgang 1931 und betreibt seit knapp 30 Jahren eine kleine Pension in Althaldensleben.

Doch so lange sie es gesundheitlich noch könne, wolle sie in ihrem kleinen Häuschen an der Neuhaldensleber Straße immer noch Übernachtungsgäste begrüßen. Und die scheinen die einfache, aber gemütliche Unterkunft wirklich zu schätzen. „Oft weiß ich gar nicht, wo ich sie alle unterbringen soll“, so die Vermieterin, die dem ein oder anderen Feriengast deshalb schon habe absagen müssen.

Dass Unterkünfte in Haldensleben begehrt sind, liege vor allem am stetigen Wachsen der Wirtschaft in der Region. So zählen nach wie vor Monteure aus dem In- und Ausland zu ihren Gästen, aber auch Berufsschüler aus der Kali- sowie der Öl-Industrie, aber auch Vogelkundler und zunehmend Radfahrer. „Meist sind es Menschen, die die Straße der Romanik bereisen oder am Mittellandkanal entlang fahren“, weiß Erika Becker.

Gerade der Radtourismus, so die Vermieterin, habe zugenommen. So sei der Kanal nicht nur für Deutsche interessant. „Zu mir kommen auch Holländer und Belgier“, sagt Erika Becker. „Die fahren am Kanal entlang, machen bei mir Halt und radeln dann am nächsten Tag weiter.“ Die Nähe zum Kanal ist denn auch ein Pfund, mit dem sie wuchern kann: Nur 200 Meter liegt ihre Pension von der Wasserstraße entfernt. Räder können bei ihr sicher untergestellt werden.

„Ich staune immer wieder, wer Haldensleben für sich entdeckt. Denn eigentlich ist es ja keine Urlaubsregion. Es sind aber doch immer wieder Urlauber hier, die die Börde und die Letzlinger Heide kennenlernen möchten“, sagt Erika Becker. Darunter aber auch viele, die nach der Wende weggezogen sind und nun immer mal wieder in ihre alte Heimat zurückkommen. Dann, so erzählt sie, komme sie auch gern mit ihren Gästen ins Gespräch und schwelge in Erinnerungen.

Die Zeit der Corona-Pandemie hat Erika Becker gut überstanden. Nun hofft sie, dass die Nachfrage der Ausflügler bald wieder steigt – immerhin machen die Deutschen in diesem Sommer vermehrt Urlaub in der eigenen Heimat.

Mit 89 Jahren werde es so langsam Zeit, auch mal kürzer zu treten, sagt Erika Becker und schmunzelt. Nun wird innerhalb der Familie nach einer Lösung gesucht. „Die Pension soll in Familienbesitz bleiben. Das will man ja nicht einfach aufgeben“, sagt sie.

Die einstige Hauptbuchhalterin ist dabei nur durch Zufall zu ihrem Pensionsbetrieb gekommen. „Mein Mann wurde einst in seinem Betrieb gefragt: ,Ihr habt doch Platz. Könnt ihr nicht mal vier Polen aufnehmen?“ Gefragt, getan. Und so wurde das Häuschen ausgebaut und als Herberge hergerichtet. Aktuell vermietet Erika Becker immer noch vier Zimmer mit insgesamt acht Betten. „Und das mache ich, solange ich kann“, so die Haldensleberin. „Bei mir wirdʼs jedenfalls nie langweilig.“