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Verkehrssicherheit Wo oft und gerne gerast wird

Ein Unfall mit zwei Schwerverletzten hat Diskussionen um die Satueller Straße in Haldensleben neu entfacht.

Von Julia Schneider 24.07.2019, 01:01

Haldensleben l Etwa 30 Sekunden lang kommt kein Auto und Leonhard Kania kann in Ruhe erzählen: „Ja, natürlich gibt es hier ein Problem mit Rasern“, sagt der Anwohner der Satueller Straße. Seit 2006 wohnt Leonhard Kania mit seiner Frau dort. Zwar ist die Wohnung des Ehepaares nicht so nah am Ortsausgang Richtung Satuelle wie die Häuser vieler anderer Straßenanlieger. Gerast wird aber auch vor ihrer Haustür von etlichen Verkehrsteilnehmern.

„Hier halten sich viele nicht an die Höchstgeschwindigkeit. Gerade bei den Lkw-Fahrern ist das ziemlich schlimm“, berichtet Leonhard Kania. Wie zum Beweis rauscht ein Lastwagen vorbei und der Haldensleber muss lauter werden, um noch gehört zu werden: „Sie sehen ja, was hier los ist.“ Morgens, etwa ab 3.30 Uhr, gehe es los mit dem Verkehr, dann würden Pendler und Lastwagen der großen Haldensleber Firmen die Straße stark frequentieren.

Im Moment sei die Situation durch die Sperrung der Haldensleber Otto-Kreuzung noch verschärft. Der umgeleitete Verkehr schiebe sich vielfach über die Satueller Straße, das erzählt auch Leonhard Kanias Nachbar Manfred Noack. Der über 90-Jährige ist zwar an manchen Tagen der Woche in der Tagespflege, bekommt aber trotzdem genau mit, was auf seiner Straße los ist.

„Hier wird schon viel gerast“, sagt er. Hellfried Knoll, der für die Mediengruppe Magdeburg Biber-Post in Haldensleben zustellt, bestätigt das. Manchmal könne er mit seinem Zustellfahrzeug kaum eine Auffahrt verlassen, weil die vorüberfahrenden Autos viel zu schnell unterwegs seien und ausparkende Fahrzeuge auch nicht vorlassen würden.

Während Manfred Noack und Leonhard Kania an den zu schnell fahrenden Lkw vor allem der Lärm stört, bemängeln andere Anwohner auch die Gefahr, die von vorbeirasenden Autos ausgeht. Wie böse die zu hohe Geschwindigkeit enden kann, zeigte erst kürzlich ein Unfall auf der Satueller Straße: Am 5. Juli streifte ein 30-Jähriger mit seinem Mercedes zunächst einen Baum und eine Straßenlaterne, bevor er in ein „Blitzerauto“ der Stadt krachte. Sowohl die städtische Mitarbeiterin, die in dem Messwagen saß, als auch der Unfall-Fahrer wurden schwer verletzt. Die Polizei vermutet eine zu hohe Geschwindigkeit des Mercedes-Fahrers als Unfallursache – die Ermittlungen laufen noch.

„So ein Unfall musste irgendwann passieren“, äußerten sich Anwohner am Volksstimme-Telefon. Denn auf der Satueller Straße werde „immer gerast“. „Geschwindigkeit ist immer ein subjektives Gefühl“, ordnet Sebastian Richter, amtierender Leiter für Zentrale Aufgaben im Polizeirevier Börde, ein. Seiner Erfahrung nach würden Straßen wie die Satueller Straße aber schon zum Schnellfahren animieren – die Strecke ist gerade und führt in den Ort hinein beziehungsweise hinaus.

Eines stehe laut Richter aber fest: „Die Satueller Straße ist die Messstelle, die im gesamten Landkreis Börde am allermeisten bemessen wird“, sagt der Polizist. Das komme vor allem zustande, weil sich Bürger öfter über Raser auf der Straße beschweren würden. Das Ordnungsamt der Stadt Haldensleben arbeite eng mit der Polizei zusammen, manchmal werde in der Satueller Straße laut Sebastian Richter von verschiedenen Behörden mehrmals in der Woche die Geschwindigkeit kontrolliert.

Allerdings: Vermehrte Überschreitungen der Geschwindigkeiten würden dabei nicht festgestellt. „Das ist klar“, weiß Anwohner Manfred Noack eine Antwort. „Die Autos fahren hier nur dann langsam, wenn ein Blitzer dasteht.“ Viel mehr, als auch weiterhin mit der Stadt Haldensleben eng im Kontakt zu bleiben, könnten die Beamten laut Sebastian Richter aber leider nicht tun. Dass es eine gute Zusammenarbeit der Instanzen gibt, bestätigt auch Haldenslebens Pressesprecher Lutz Zimmermann. Einen Anlass, in der Satueller Straße öfter zu „blitzen“ als in anderen Straßen, gebe es aber nicht.

30 Messvorgänge habe es in den vergangenen zwölf Monaten gegeben. „Dabei passierten insgesamt 11.665 Fahrzeuge die Messstelle – davon wurden 236 geblitzt – 212 waren davon 8 bis 20 Stundenkilometer zu schnell und erhielten eine Verwarnung, 24 waren mehr als 20 km/h zu schnell und erhielten ein Bußgeld“, berichtet Lutz Zimmermann.

Die Zahlen decken sich in etwa mit denen der Polizei. Das heißt, dass akute Überschreitungen auf der Satueller Straße bisher nicht festgestellt werden konnten. Aus diesem Grund schreitet der Landkreis Börde als Träger der Kreisstraße nicht regulierend ein. „Wäre die Straße ein Unfallschwerpunkt oder wäre das Verkehrsaufkommen für eine Kreisstraße überdurchschnittlich hoch, gäbe es schon Maßnahmen, die wir umsetzen könnten“, erläutert Jürgen Till, Leiter des Straßenverkehrsamtes und antwortet damit auf Forderungen nach einem stationären Blitzer, Bremsschwellen oder einer Geschwindigkeitsanzeigetafel.

„Aber das ist alles nicht der Fall“, sagt er. Solange es keine nachprüfbaren Zahlen für zu viele Unfälle oder Geschwindigkeitsüberschreitungen gebe, seien dem Landkreis die Hände gebunden, denn er habe damit als Verwaltungsbehörde keine gesetzliche Grundlage zum Handeln.

Der bei dem Unfall demolierte Blitzer der Stadt wird übrigens ersetzt. „Zufällig wurde vor zwei Wochen ohnehin ein neues Fahrzeug inklusive neuer Messtechnik bestellt, da es für die vorhandene Kamera nur Ersatzteile bis Ende 2019 gibt. Das Fahrzeug musste ebenfalls erneuert werden, da eine moderne Kamera nur in bestimmten, dafür zugelassenen Fahrzeugtypen verbaut werden darf. Es steht nach Schulung der Mitarbeiter ab August zur Verfügung“, teilt Lutz Zimmermann mit.