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Chris Schulenburg Beruflich und privat gern auf Trab

Zur Landtagswahl im Wahlkreis Havelberg/Osterburg fünf Männer und Frauen. Die Volksstimme stellt sie vor. Heute: Chris Schulenburg (CDU).

Von Andrea Schröder 27.02.2016, 00:01

Sandau l Der Tisch ist gedeckt. Chris Schulenburg lädt zum Frühstück ein. Aber nicht zu Hause in Sandau. Er hat die Turmetage der Kirche für das Treffen ausgewählt. Hoch oben über dem Elbestädtchen schweift der Blick bis zur Elbe. Eine Sicht, wie sie so noch nicht lange möglich ist. Der Sandauer Kirchturm war in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges durch Beschuss zerstört worden. Lange Zeit mahnte er als Ruine. Bis sich engagierte Bürger dafür einsetzten, das Wahrzeichen wieder aufzubauen. Nur ein Grund für Chris Schulenburg, diesen Ort für das Treffen zu wählen.

„Mit der Kirche verbinde ich sehr viel. Wenn wir zu DDR-Zeiten im Sommer mit dem Auto aus dem Ungarn-Urlaub wieder zurück gekommen sind, war er für mich als Kind das Zeichen, dass wir endlich wieder zu Hause sind.“ Das Quempassingen ist dem 35-Jährgen ebenfalls wichtig. Es ist eine Jahrhunderte alte Tradition aus dem Mittelalter, die in Sandau noch immer gepflegt wird. An Heiligabend erklingt der lateinische Kreuzgesang in dem nur durch Kerzen erhellten Gotteshaus. „Früher habe ich im Kinderchor mitgesungen, heute singe ich im Chor der Männer auf der Empore mit. Und meine Schwester bekommt eine Liveübertragung zu sich nach Hause, damit sie auch was vom Weihnachtsfeeling hat.“

Vor allem steht die Kirche für ihn dafür, was bürgerschaftliches Engagement erreichen kann. Viele Spenden wurden eingeworben und Eigenleistungen erbracht, um den Wiederaufbau des Kirchturms realisieren zu können. Eine Geschichte übrigens, die auch viele Radtouristen anzieht. Wenn sie mit der Fähre über die Elbe kommen, fahren sie auf die Kirche zu, machen Rast, besichtigen das Haus, schauen sich in der Doppeletage im Turm, die für Veranstaltungen ausgebaut worden ist, Ausstellungen an.

In seinem kleinen Heimatstädtchen fühlt sich der Familienvater wohl, kam immer wieder gern dorthin zurück, auch wenn ihn Ausbildung, Studium und Arbeit in andere Städte verschlugen. Er ist Polizist durch und durch, hat diesen Beruf von der Pike auf gelernt. Nachbarn in Sandau waren es, die in ihm schon früh diesen Berufswunsch weckten. Nach dem Abitur gleich zum Studium? „Das wäre mir zu theoretisch gewesen. Ich brauche den Praxisbezug“, sagt er und erzählt von der vierjährigen Ausbildung in Berlin, die ein Studium mit einschloss. Zehn Wochen lernte er bei einem Praktikum die Polizeiarbeit in Chicago kennen.

„Das war ein großer Perspektivwechsel. Ein Kollege und ich waren die einzigen Weißen, die mit dem öffentlichen Bus ins Ghetto gefahren sind. Dort haben wir die Drogenkriminalität an jeder Ecke erlebt. Es ist eine Parallelgesellschaft zwischen Weißen, Lateinamerikanern und Schwarzen.“ Ein ganz anderer Blick auf Kriminalität. „Das hat mir gezeigt, wie sicher wir leben. Ich bin froh über diese Lebensqualität hier.“

Er weiß, wovon er spricht. Nach Stationen in verschiedenen Dienststellen und einem Masterstudium an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster übernahm er 2013 die Leitung des Reviereinsatzdienstes im Polizeirevier Stendal und wurde stellvertretender Revierleiter. „Ich habe als einfacher Streifenpolizist angefangen und alles kennengelernt, ob im Stab, bei der Kripo oder im Polizeipräsidium. Das war mir wichtig.“

Zugleich interessierte er sich früh für Politik, trat 2002 in die CDU ein, wurde Mitglied der Jungen Union. Er entschied sich für diese Partei, weil sie für ihn die Partei der inneren Sicherheit ist. Er ist Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes im Elbe-Havel-Land und Mitglied im Kreisvorstand. Im Stadtrat Sandau und im Stendaler Kreistag arbeitet er mit. Nun kandidiert er für den Landtag. Als Innenexperte will er seine Erfahrungen in die Politik einbringen. Etwa beim Thema Flüchtlinge. Die Belastungsgrenze für Polizei und Ehrenamt sei in Großstädten erreicht. Und 1500 Flüchtlinge im Landkreis Stendal – ohne die 700 in der Landesaufnahmeeinrichtung in Klietz – seien ebenfalls genug. Chris Schulenburg ist Verfechter der Residenzpflicht und will sich dafür einsetzen, dass genau festgelegt wird, wer bleiben darf und wer gehen muss. Dass die Möglichkeiten zur Integration der Flüchtlinge vor allem in kleineren Orten gut gelingen kann, davon ist er überzeugt. Hochwasserschutz, Ausbau der A 14 – „wir brauchen gleichwertige Lebensverhältnisse“ – Grundschulverbände, um kleine Schulen zu erhalten, Tourismus und schnelles Internet nennt er als seine Schwerpunkte. Und hat dabei immer seine Heimatverbundenheit im Blick. „Für unsere Heimat auf Trab“ steht auf seinem Wahlplakat. Er ist mit einem Pferd abgebildet. Es ist zwar nicht sein Wallach „Pianist“, mit dem er gern mal ausreitet, wenn es die Zeit zulässt. Doch steht es auch für die sportliche Seite des Chris Schulenburg. Der viele Sport war mit ein Grund für seine Berufswahl. Heute geht er zweimal pro Woche ins Sportstudio in Havelberg, wo er, ähnlich wie am Stammtisch einer Kneipe, hört, was die Leute bewegt. Und dann ist da noch das im Internet ersteigerte Fahrrad aus den 1940-er Jahren, mit dem er entspannt aber trotzdem schnell durchs Jederitzer Holz fährt.

Wird er die Polizeiarbeit vermissen, wenn er in den Landtag gewählt wird? „Meine Arbeit macht mir sehr viel Spaß. Gerade dieses Gemeinschaftsgefühl und der gute Mix aus Jung und Alt gefallen mir. Die Einflüsse der Politik auf die Polizei sind sehr groß. Um mitgestalten zu können, will ich den Schritt in die Politik einfach mal gehen.“