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Havelberger zieht erstes Fazit über Mexiko - ein Land voller Gegensätze und großen Unterschieden zwischen Arm und Reich Austauschjahr: Niklas Kripke genießt die Zeit in wohlhabender Gastfamilie und toller Schule

12.11.2011, 04:26

Der Havelberger Niklas Kripke verbringt gerade ein Austauschjahr in Mexiko. Was der 16-Jährige in den ersten drei Monaten erlebt hat, schreibt er in folgendem Bericht:

Havelberg/Mexiko l Ich habe am 4. August eine der besten Entscheidungen meines Lebens getroffen. Denn da habe ich mich von meiner Familie und Freunden verabschiedet und noch ein letztes Mal darüber nachgedacht, ob ich diesen Weg wirklich gehen sollte. Und ich habe die richtige Entscheidung getroffen! Ich habe all meinen Mut aufgebracht und mich allein auf den Weg nach Mexiko begeben. Ich reise über den Rotary Club Havelberg, aus dem Distrikt 1800 aus Deutschland. Meine Familie und Freunde haben mir noch eine große Freude bereitet und mir Geschenke mit auf den Weg gegeben. Auf die Idee, so ein Jahr mitzumachen, haben mich sehr viele gebracht. So zum Beispiel meine Schwester Anne-Sophie, die 2007 in Brasilien war, oder mein Vater, der im Rotary Club aktiv ist. Recht spät, aber zum Glück nicht zu spät, habe ich mich für Mexiko entschieden, was ich kein bisschen bereue! Ich lebe hier jetzt drei Monate und bin mit den Sitten und Gebräuchen des Landes schon früh konfrontiert worden.

In drei Monaten bereits die spanische Sprache erlernt

Nachdem ich den Flug von Deutschland nach Mexiko gut überstanden und meine ersten Emotionen ausgeschüttet hatte, holte mich meine Gastfamilie vom Flughafen Leon/Bajio mit dem Auto ab und nahm mich ganz lieb in den Arm. Ich kann mich noch sehr gut an den Augenblick erinnern, als die anderen Austauschschüler und ich aus dem Flugzeug ausgestiegen sind, die Koffer geschnappt haben und langsam und forschend zum Ausgang des Flughafens gegangen sind. Es war Totenstille bei uns und wir waren alle sehr neugierig, wie unser Jahr nun starten wird. Als wir dann da waren und uns die ersten Familien schon sehen konnten, haben wir die ersten Zurufe in Spanisch gehört, wie BIENVENIDO oder HOLAAA. Diesen Moment kann man nur schwer beschreiben. Schließlich sind wir alle nett in Empfang genommen worden, die ersten Dinge wurden abgesprochen und es ging ab in die jeweiligen Städte.

Im ersten Monat habe ich mich mit meiner Familie hauptsächlich auf Englisch unterhalten, aber auch immer nochmal nachgefragt, was dieses oder jenes Wort auf Spanisch heißt. Ab September wurde dann ausschließlich Spanisch gesprochen. Das war das Beste, was ich machen konnte. Denn ich verstehe jetzt nach drei Monaten sehr gut Spanisch und kann mich schon vernünftig unterhalten. Meine Familie lobt mich auch sehr oft, wie schnell ich doch Spanisch gelernt habe.

Auf Ausflügen lerne ich das Land gut kennen

Meine Familie ist in meinen Augen zahlenmäßig riesig. Ich habe 20 Cousins und Cousinen. Ich bin in eine schöne Familie gekommen! Sie ist sehr traditionell, pflegt guten Umgang, ist sehr nett und vielseitig interessiert. Ich wohne mit in einer großen, wundervollen Villa und bin sehr glücklich. Am Wochenende fahren wir zur Ranch, die ungefähr eine Stunde von meinem Wohnort Irapuato entfernt ist. Hier ist das Leben der Menschen ganz anders. Sie sind nicht so reich, jedoch trotzdem glücklich! Wir machen auch öfters Tagestouren, um in Mexiko rumzukommen, was ich großartig finde. Mein Gastvater ist von Beruf Angestellter in einem internationalen Agrikultur-Unternehmen und meine Gastmutter ist stolze Besitzerin eines Reisebüros. Für mich ist es ein Wunder, wie sie neben der stressigen Arbeit immer noch Zeit findet, einen kühlen Kopf bewahrt und sogar ein paar Witze auf Lager hat. Dafür bewundere ich sie wirklich. Sie telefoniert fast den ganzen Tag und plant Dinge der Arbeit oder Ausflüge und bringt abends dann noch den Willen auf, Klavier zu spielen und zu lernen.

Gleich am Anfang, als ich in das Haus eingezogen bin, haben sie sich viel mit mir über die Hausordnung unterhalten. Wir haben drei Helfer: Einer pflegt den Garten und die beiden Frauen kochen, machen das Haus sauber, waschen Wäsche. Ich helfe ihnen dabei auch. Alles in allem lebe ich hier mit einer ganz besonderen Familie zusammen. Dazu gehören meine 18-jährige Gastschwester Fabiola, meine Gasteltern Felix und Fabiola und mein kleiner Gastbruder, der acht Jahre alt ist. Der 16-jährige Bruder Alfonso ist bei meiner Ankunft für ein Jahr als Austauschschüler nach Brasilien geflogen. Ich kenne auch bereits meine zweite und dritte Gastfamilie. Und da gibt es auch etwas Besonderes: In meiner künftigen Gastfamilie werde ich einer Person begegnen, die ein Jahr lang in Havelberg war und dabei auch einige Monate in meine Familie integriert war. Sie heißt Estivalli Sanchez.

Mexiko ist von der kleinsten Kleinigkeit bis hin zur Kultur total anders als meine Heimat Deutschland. Es fordert viel Wissen und Arbeit, sich der Kultur anzupassen. Fange ich mal mit den Städten an. Als ich in Mexiko-Stadt mit dem Flugzeug angekommen bin, habe ich mich sofort gefragt, was hier los ist. Schon vom Fenster meines Fliegers aus konnte ich sehen, wie riesig die Stadt ist und dass man sich vor lauter Häusern und Menschen gar nicht mehr retten kann. Die Metropole besitzt im Ballungsraum knapp 20 Millionen Einwohner. Ich habe mir in Deutschland immer die Frage gestellt, ob es nicht zu gefährlich ist, in ein Land zu reisen, in dem Drogenkrieg herrscht. Außerdem hat das Land sehr viele Revolutionen und Unruhen überstanden. Man hört ja meist nur kriminelle Sachen von Mexiko! Ich habe bisher nur das Gegenteil erlebt! Das liegt vielleicht daran, dass ich hier so ziemlich im Zentrum Mexikos lebe. Ich gehe nicht mit geschlossenen Augen durch die Welt. An der Grenze zur USA soll es gefährlich sein, auch im Süden des Landes. Deshalb bin ich froh, dass Rotary seine Leute nicht in solche Gebiete schickt. Die Mexikaner sind freundlicher und offener, wenn man ihnen auf der Straße begegnet und sich mit ihnen unterhalten will, was ich sehr schätze.

Es herrscht hier ein subtropisches, kontinentales Klima und es ist den Tag über sehr warm und trocken. Ich hatte schon mehrere Sonnenbrände und bin immer rot wie ein Hummer.

Rotary-Club hilft Kindern in armen Schulen

Der Unterschied zwischen Arm und Reich ist riesig in Mexiko und ich bin überglücklich, in einer wohlhabenden Schicht zu leben und auch die Armut kennenzulernen und zu helfen, wo ich nur kann. Ich liebe es, mit meinem Rotary-Club sozialen Service zu leisten und zu armen Schulen zu fahren und dort den Kindern beispielsweise beizubringen, wie man richtig die Zähne putzt.

Der örtliche Rotary-Club besteht aus vielen Mitgliedern, ich glaube es sind so um die 35, darunter auch meine Gastmutter.Er wurde 1926 gegründet. Ich werde fast jede Woche mit meiner Gastfamilie zu einem Treffen eingeladen.

In der Anfangszeit gab es kleine Probleme mit der Essenumstellung, aber nach den ersten zehn Tagen war alles okay. Die mexikanische Küche ist etwas für Leute wie mich. Ich liebe scharfes, gut gewürztes Essen. Auf jedem mexikanischen Tisch gibt es Chilli und Limetten. Man wird von dem Essen hier regelrecht verführt und isst auch schnell mal etwas mehr als normalerweise.

Das versuche ich aber so gut wie möglich auszugleichen, indem ich sehr viel Sport mache. Ich gehe montags, mittwochs und freitags nach der Schule zum Fußballtraining in meiner Schule und dienstags und donnerstags in den Freizeitclub, ins Fitnesscenter und zum Schwimmen.

Riesige Schule mit sehr vielen Angeboten

Meine Schule, die "Tecnologico de Monterrey Irapuato" (TEC) ist eine Privatschule. Sie ist riesig und einfach unglaublich. Sie besitzt eine "Primaria" (Grundschule), eine "Secundaria" (Sekundarschule) und eine "Prepa" (Highschool/Gymnasium). Ich bin mit den anderen sechs Austauschschülern hier aus Irapuato in einer Klasse "Multicultural" im fünften Semester. Die TEC ist über ganz Mexiko verstreut und der Ursprung liegt in Monterrey. Da die TEC ein so riesiges Areal besitzt, findet man dort mehrere Tennisplätze, eine Sporthalle mit anliegendem Fitnessraum, einen Fußballplatz und einen American Football Platz. Ich bin im Fußballteam und agiere als Stürmer. Im nächsten Semester (ein Jahr besitzt zwei Semester ) möchte ich dann dem American Football-Verein beitreten, was für mich auch einer der Höhepunkte in diesem Jahr werden wird. Ansonsten ist die Schule sehr gepflegt und hübsch angelegt. Sie besitzt neben den Gebäuden, in denen der Unterricht stattfindet, auch noch eine große Bibliothek mit Computerräumen und Fernsehräumen. Und es gibt einen riesigen Theatersaal. Die TEC bietet sehr viel an. Zum Beispiel finden öfters Konzerte statt, die Schülerband hat Auftritte, die Schule veranstaltet eine Auto-Rallye oder Autokino... Mein Fazit: Diese Schule ist einfach nur großartig und hat sehr viel zu bieten!

Abschließend möchte ich erwähnen, dass ich in den ersten drei Monaten sehr viel erlebt habe und ich bin fest davon überzeugt, dass sich das in den kommenden acht Monaten nicht ändern wird.

Vielen Dank allen, die mir dieses Jahr ermöglichen. Diese Zeit muss man einfach selbst erleben und ich kann nur jedem empfehlen, die Chance ein Austauschjahr zu machen, auch zu nutzen.