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Benefizkonzert Großartiges Musikerlebnis im Dom

Wieder einmal erklang im Dom zu Havelberg die große Domorgel zugunsten ihrer „Schwester“ in der Stadtkirche.

Von Brigitte Strugalla-Voltz 26.07.2016, 14:36

Havelberg l Prof. Dr. Ulrich Eckhardt, aus Westfalen stammend, hat einen großen Teil seines Berufslebens der Vermittlung von Kultur und speziell von Musik gewidmet, unter anderem als Geschäftsführer und Intendant der Berliner Festspiele, als Intendant der Berliner Philharmonie und Professor für Kulturpolitik an der FU Berlin. Im Ruhestand konnte er sich dann der aktiven Musik zuwenden, besonders der Orgel und dem Cembalo, und seine Leidenschaft gilt den historischen Orgeln der Umgebung von Berlin.

Folgerichtig und unabhängig von modernen politischen Grenzen spielte er nun an der Scholtze-Orgel im Havelberger Dom, und er wurde damit gleich doppelt wirksam: es erklang wunderbar differenzierte Orgelmusik der wichtigsten Musikepochen und der Erlös und die Spenden der zahlreichen Zuhörer kommen zu 100 Prozent der notwendigen Renovierung der historisch noch wertvolleren Stadtkirchenorgel zugute.

Prof. Eckardt hatte ein besonders interessantes Programm zusammengestellt. Es begann mit einem „Benedictus“ von Josquin des Préz, jenem Komponisten der Hochrenaissance, der mit seinem umfangreichen Werk vielleicht am meisten den Weg zum Barock beeinflusste. Die relativ harte, sparsame Registrierung, die der Organist ausgewählt hatte, entführte beeindruckend in diese Zeit des Neuanfangs. Es dauerte noch volle 200 Jahre, bis jene Grundlagen im Frühbarock aufblühen konnten. Henry Purcells „Voluntary for Double Organ“ als Prototyp dieser Zeit überraschte mit Verzierungen und festlichen, spannungsvoll auf- und absteigenden Melodiebögen, mit kristallklaren Läufen, aber immer wieder suchenden Harmonien.

Es folgte – natürlich – Johann Sebastian Bach, vertreten zunächst mit einer frühen Fantasie in c-Moll BWV 562. Hier erblühen über einem mächtigen Liegeton große Läufe und wilde Harmonien. Als zweites Beispiel erklingt eine Fuge über ein Thema aus dem Magnifikat „Meine Seele erhebt den Herren“, das ganz meditativ umspielt wird und in einem erhebenden Choral-Schluss endet. Als drittes überraschen Spieler und Instrument mit einem wahrhaftigen Flötenkonzert: die Fantasia G-Dur führt spielerisch durch die Tonarten, mündet dann in ein drängend-flehendes Thema mit prächtigen Akkorden und endet mit einem – nun – sommerabendlichen Vogelkonzert mit kräftigem Nachtigallengesang. Dürfen die Havelberger nicht stolz auf ihre Orgel sein? Als letzter Komponist führte Théodore Dubois ins späte 19. Jahrhundert. Für diese Zeit eher konservativ-spätromantisch, aber durchaus dramatisch, umspielen in „In Paradisum“ harte, fast schneidend gebrochene Akkorde ein melodisches Grundthema, akzentuiert durch besonders kontrastreiche Registrierung. Dagegen gibt sich die „Toccata G-Dur“ fröhlich-tänzerisch, ja elegant. Dramatische Steigerungen erinnern an die große Oper. Dem zweiten Teil, liedhaft und zurückhaltend, folgt ein spannender Streit beider Themen, bevor das fröhliche Anfangsthema gewinnt und in strahlenden Schlussakkorden endet.

Die zahlreichen Zuhörer, Havelberger und viele Gäste, folgten dem akustischen Hochgenuss mit großer Konzentration und genossen auch spürbar die herrliche Atmosphäre im abendlichen Havelberger Dom. Ein kurzer Rundgang und der Blick über die hochsommerliche Elb-Havel-Region durften den Besuch dann perfekt abrunden.

Das nächste Orgelkonzert gestaltet an diesem Sonntag ab 17 Uhr Maxim Burtsev, Kantor in Pritzwalk.