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Bürgermeister Das Bemühen um Projekte

Innerörtlich sind die meisten Wiederaufbauprojekte nach der Flut in Wust-Fischbeck umgesetzt, außerhalb der Orte gibt es noch genug zu tun.

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 31.01.2019, 14:30

Wust-Fischbeck l Auch wenn die Taschen leer sind, so bemühen sich die Gemeinden im Elbe-Havel-Land dennoch um Projekte, die das Leben im Dorf lebenswert machen. Welche Pläne sie haben und worauf sie zurückblicken, möchte Anke Schleusner-Reinfeldt wissen – heute vom Wust-Fischbecker Bürgermeister Bodo Ladwig.

Risse im neuen Deich haben in den zurückliegenden Tagen Sorge bei den Fischbeckern geschürt – auch bei Ihnen?
Bodo Ladwig:
Man darf das nicht überbewerten, aber auch nicht verharmlosen. Gut, dass die Bürger so aufmerksam sind. Die Risse sind seit dem letzten Herbst bekannt. So wie das LHW sagt, handelt es sich um natürliche Setzungsrisse, die keinen Baumangel darstellen – auf diese Aussage der Fachleute vertraue ich. Die Risse stehen unter Beobachtung.

Die Fischbecker Elblöcher vor dem Deich sind jetzt wieder etwas voller als im Dürre-Sommer, aber die dahinter, wie das Tankstellenloch, sehen traurig aus. Hier macht zudem der Biber Probleme und nagt an den Eichen. Provisorisch hatten Sie mit Matten aus den Rinderställen kurzfristig Schutz organisiert. Ist hier eine ansehnlichere Lösung vorgesehen?
Alle Gewässer im Elbvorland haben extrem gelitten. Und an fast jedem Wasserloch macht sich der Biber zu schaffen. Die schnelle Lösung mit den nicht mehr gebrauchten Kuhmatten der Agrargenossenschaft hat sich als sehr effektiv erwiesen: Seitdem ist kein Baum mehr angefallen und die geschädigten Eichen erholen sich hoffentlich, für zwei kam die Hilfe aber wohl zu spät – das werden wir im Frühling sehen. Und so schlimm sieht es mit den Matten auch gar nicht aus. Jedenfalls war diese Lösung nicht nur effektiv, sondern hat bis auf die Arbeit beim Anbringen nichts gekostet. Der Biber wird auch in Zukunft an Bäumen nagen. Dort, wo es sich um solche wertvollen Bäume wie die Eichen am Tankstellenloch handelt, werden wir wieder eingreifen – wem Nage-Stellen auffallen, der sage bitte mir oder den Gemeindearbeitern Bescheid.

Der Tag des Deichbruchs jährt sich im Juni zum sechsten Mal. So langsam neigen sich die Wiederaufbaumaßnahmen dem Ende. Was ist noch zu tun in Wust-Fischbeck?
In den Orten direkt sind wir mit der Infrastruktur so gut wie durch. In Wust ist die Alte Straße fertig und in der Wuster Siedlung auch bald das Backhaus. Aber außerorts ist noch einiges zu tun – ich denke da an die Fährstraße in Fischbeck, den Wuster Park, den Kabelitzer See, Wirtschaftswege, Brücken und Durchlässe.

Noch ein paar Worte mehr zur Fährstraße. Der Gemeinde beziehungsweise Verbandsgemeinde wird mit einem Neubau statt Reparatur Steuerverschwendung vorgeworfen – das Projekt hat es sogar ins Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes „geschafft“. Wie sehen Sie das Projekt?
Warum die Angelegenheit im Schwarzbuch steht, kann ich nicht nachvollziehen. Das Bauamt hat gegenüber dem Steuerzahlerbund eine umfassende Stellungnahme abgeliefert – davon wird in dem Text nichts erwähnt. Wir werden uns im Gemeinderat noch einmal mit dem Thema befassen. Das historische Pflaster zu erhalten, ist ja tatsächlich ein schöner Wunschgedanke, den man prüfen sollte. Aber ich bin kein Fachmann, der sagen kann, dass die Straße so, wie sie jetzt ist, noch 50 Jahre hält. Da müssen wir uns einfach auf die Experten verlassen. Wir können es uns nicht leisten, jetzt auf eine Erneuerung zu verzichten und in zehn Jahren dazustehen mit einer völlig kaputten Straße.

Beim Wuster Park scheint sich gar nichts zu rühren. Die Dorfbewohner sind traurig, dass sie den Park nun schon so lange Zeit nicht betreten können. Kann das vor drei Jahren vorgestellte Projekt zur Schaffung eines Barock-Parkes nach historischem Vorbild umgesetzt werden?
Das werden wir sehen. Wir treffen uns in der kommenden Woche mit Verwaltung, Ratsmitgliedern, Planern und Denkmalschutz zu einer nichtöffentlichen Beratung, um die weiteren Schritte zu klären. Die Mittel liegen ja bereit. Es liegt an uns als Gemeinde, wie das vorgeschlagene Projekt umgesetzt wird. Fakt ist, dass wir handeln müssen. Den Park jetzt wieder zugänglich zu machen, wäre unverantwortlich. Denn es kippen immer noch Bäume um. Es wird wohl bei der Sanierung auch nicht viel vom alten Baumbestand übrig bleiben. Die Anlage zu pflegen, kriegen wir schon hin. In Ordnung halten müssen wir den Park so und so – ob nun neu gestaltet oder nicht. Auf jeden Fall ist der historische Park Wust weiter aufzuwerten und für die Einwohner und die Touristen attraktiver zu machen.

Die Schule steht seit einem halben Jahr leer? Gibt es Ideen, damit das Gebäude nicht nur die vier Wochen während der Sommerschule mit Leben gefüllt ist?
Ja, die gibt es. Relativ konkret sogar. Aber das ist noch nicht spruchreif, weil noch ein paar Dinge zu klären sind. Auf jeden Fall ist wichtig, das Haus auch für die Sommerschule zu erhalten.

Werden in der Schulküche noch genug Essen gekocht, damit sich der Betrieb lohnt?
Schwarze Zahlen haben wir mit der Küche ja noch nie geschrieben. Fraglich ist nur, wie es weitergeht, wenn die Köchin in Rente geht. Abwarten.

Rege genutzt wird das Nebengebäude der Schule als Gemeinschaftsraum, Jugendtreff und auch Lager für den Karnevalverein ...
Ja, das stimmt. Den Jugendlichen hier Platz zu geben, hat sich als sehr gut erwiesen. Sie kümmern sich selbstständig um alles und es läuft. Und im Gemeinschaftsraum ist wirklich nahezu täglich und auch am Wochenende etwas los. Dieses Jahr müssen wir unbedingt Geld in die Hand nehmen, unter anderem, um den Fußbodenbelag zu erneuern. Dringend lösen müssen wir das Problem mit der Seniorenbetreuung in Wust. Aber da bahnt sich auch eine Lösung über die Gesellschaft für Arbeitsförderung an.

Wenn das neue Gerätehaus der Feuerwehr in Wust fertig ist, zieht die Wehr um. Gibt es Pläne zur Nutzung?
Eigentlich sollte da ja dann der Jugendklub rein. Das ist ja nun hinfällig. Wir als Gemeinde brauchen es nicht als Unterstellmöglichkeit – wir haben genug Platz auf dem Bauhof. Wir werden das im Rat besprechen – ich kann mir vorstellen, das Haus zu verkaufen.

Die Umlagen, die Wust-Fischbeck zahlen muss, zwingen die Gemeinde finanziell in die Knie. Was konnte sich die Gemeinde 2018 dennoch leisten und wofür muss man 2019 Geld in die Hand nehmen?
Das einzige ist die Wohnungssanierung vor allem in Wust; Fischbeck ist soweit durch. Durch die Flutsanierung ist vieles auf Vordermann gebracht. Natürlich gibt es Wünsche, aber da muss man realistisch bleiben.

Hat die Gemeinde Geld, die Vereine zu unterstützen?
Auch wenn die Kassen noch so knapp sind – das werden wir uns nicht nehmen lassen! Die Vereine sind es doch, die das Leben im Dorf attraktiv machen. Und wir haben wirklich etliche sehr rührige Vereine. An ihnen zu sparen, wäre die falsche Stelle. Wir können zwar nicht aus dem Vollen schöpfen, aber wer einen Antrag stellt, wird auch Geld erhalten.

Das Bürgerhaus in Fischbeck ist schon lange flutsaniert – bis auf den Jugendklub steht es aber noch leer ...
Ich habe ja hier mein Büro und auch der neugegründete Verein zur Pflege der Rinderzucht-Tradition ist dabei, Pläne zur Einrichtung des Traditionszimmers zu schmieden. Und der Jugendklub ist an zwei Tagen pro Woche auch geöffnet. Die Zusammenarbeit mit Thomas Will vom Jugendzentrum klappt bestens. So wie einst eine Jugendklubbetreuerin zu beschäftigen, können wir uns einfach nicht leisten.

In Fischbeck drehen sich seit vielen Jahren Windräder und spülen etwas Geld in die Kasse – was aber auch nicht vor roten Zahlen retten kann. Nun ist die Rede davon, dass auch bei Sydow Windräder errichtet werden könnten.
Da gehen die Meinungen aus­einander. Wir hatten eigentlich mal gesagt, dass in Fischbeck und auch im Rest der Gemeinde keinen neuen Windräder mehr errichtet werden sollen. Deshalb wurde ein entsprechender Antrag für eine Fläche bei Sydow auch abgelehnt. Jetzt liegt uns dafür ein neues Angebot vor, das wir prüfen werden. Auf jeden Fall soll der jetzige Rat noch eine Entscheidung fällen.

Sie hatten im Interview vor einem Jahr angekündigt, sich bei der Wahl nicht mehr für den Kreis- und den Verbandsgemeinderat zu stellen. Bleibt es bei dieser Entscheidung?
Meine häuslichen Verhältnisse haben sich nicht geändert. Meine Frau ist nach ihrem Schlaganfall auf Hilfe angewiesen und ich und unsere Kinder müssen ihr im Genesungsprozess zur Seite stehen. Für den Kreistag jedenfalls ist die Entscheidung endgültig ...

Sollten Sie nicht mehr im Rat der Verbandsgemeinde sitzen, würden Sie beispielsweise nicht mehr mitbestimmen, wie es mit den Schulen weitergeht. Welchen Standpunkt vertreten Sie?
Dazu habe ich auf der letzten Sitzung deutlich meine Meinung gesagt. Auch wenn sie nicht allen passt – ich stehe dazu! Natürlich können wir rechnerisch erst einmal alle drei Schulen halten. Aber ich als Bürgermeister würde einer Änderung des Einzugsbereiches der Hohengöhrener Kinder nach Klietz und somit raus aus der Gemeinde nicht zustimmen. Man muss sich doch fragen, ob wir uns drei Schulen leisten können? Nein! Wenn wir die in Schönhausen und Klietz halten, dann ist es doch gut. Und bloß keinen Schulverbund bilden! Dass das mit der Zuteilung der Lehrerstunden nicht funktioniert, haben wird mit Wust als Außenstelle von Schönhausen erlebt. Schmerzhafte Entscheidungen sind zu treffen, wir müssen der Realität ins Auge blicken.

Sie hatten auf der Ratssitzung auch die Frage gestellt, ob man denn wirklich alle 15 Feuerwehren im Elbe-Havel-Land braucht. Braucht man sie Ihrer Ansicht nach nicht?
Es geht nicht um brauchen, sondern um leisten können. 15 Wehren heißen auch 15 Gerätehäuser, 15 mal Technik und und und. Da läppern sich auch die kleinsten Ausgaben zu großen Summen zusammen. Und wir stöhnen alle, dass wir pleite sind und uns nichts leisten können. Ich denke, dass man die großen Wehren stabilisieren sollte und die Kameraden der kleinen Wehren in die großen integriert. Bitte nicht falsch verstehen! Ich bin sehr dankbar für jeden Kameraden, den es gibt und der diese Mühen auf sich nimmt. Ich will auch auf keinen verzichten. Aber es ist doch schon jetzt so, dass Ausbildungen zusammen stattfinden.

Wie kann man aus der finanzielle Misere herauskommen?
Angemessene Zuweisungen vom Land wären nötig, aber auf die brauchen wir nicht zu hoffen. Wir müssen uns im Verbandsrat wirklich mal ernsthaft Gedanken machen und dürfen nicht nur um den heißen Brei reden.

Sie selbst waren ja immer ein Verfechter der Einheitsgemeinde, wie es sie auch im Havelberger Bereich gibt. Sehen Sie sich in Anbetracht der Situation der Verbandsgemeinde Elbe-Havel-Land darin bestätigt?
So kann man das nicht sagen. Es zeigt sich aber, dass die Umsetzung schwierig ist. EinVerbandsgemeinderat mit 20 Abgeordneten und sechs Gemeinderäte mit 12 bis 14 Mitgliedern – das sind über 90 Meinungen. Jüngstes Beispiel ist die Sache mit dem Verzicht auf die Nutzungsentgelte, wo der Klietzer Rat dagegen gestimmt hat. Ich weiß nicht, ob eine Einheitsgemeinde kostengünstiger ist, aber die Arbeit der Verwaltung wäre wohl deutlich leichter. Nun ist es aber so, wie es ist, und man muss das Beste daraus machen. Es darf nicht passieren, dass andere für uns die Entscheidungen treffen.

Am 26. Mai wird ein neuer Gemeinderat gewählt. Damit geht die zweite Legislatur als Rat der großen Gemeinde Wust-Fischbeck zu Ende. Sind die Orte zur Gemeinde zusammengewachsen?
Was heißt denn zusammenwachsen? Dass es nur noch ein Kinderfest gibt? Das wird wohl nie passieren und es ist ja auch gut so, wenn in jedem Ort etwas los ist. Es darf nur nicht zu terminlichen Überschneidungen kommen. Ich denke schon, dass sich die Einwohner auch Dank der Vereine näher gekommen sind. Im Gemeinderat jedenfalls ist es der Fall. Wir arbeiten konstruktiv zusammen, keiner denkt nur an seinen eigenen Bereich. Das ist auch gut so, sonst hätte ich schon längst das Handtuch geworfen.

Sie sind vor kurzem 65 geworden – wann geht es in Rente?
Im Sommer. Darauf freue ich mich. Denn die Zeit brauche ich einfach für meine Familie. Jetzt ist es oft nur ein Gehetze zwischen Arbeit, Zuhause und Terminen. Zum Glück ermöglicht mir mein Arbeitgeber, dass ich auch mal zwischendurch weg kann. Etliche Termine bei Ämtern kann man ja nur tagsüber erledigen. Ich wünsche mir, der Familie und allen Bürgern Gesundheit – das ist das Wichtigste! Und dass man mehr miteinander als übereinander redet – die Aufgaben, die vor uns stehen, erfordern das auch!