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Bundeswehr Havelberg ist zur Heimat geworden

Mit dem 1. April ist Stefan Fenske Ruheständler. Aus drei sind 26 Jahre bei der Bundeswehr in Havelberg geworden.

Von Andrea Schröder 01.04.2020, 01:01

Havelberg l Ein Transportpanzer Fuchs ist in den Straßen der Alten Ziegelei in Havelberg eher selten zu sehen. Dass einer vor kurzem vor einer Haustür anhielt, hatte aber seinen guten Grund. Soldaten des Panzerpionierbataillons 803 Havelberg bereiteten Stefan Fenske einen ordentlichen Abschied von seiner aktiven Zeit bei der Bundeswehr. Die endet am 31. März nach immerhin 37 Jahren. 26 Jahre davon hat er in Havelberg verbracht.

Es war im März 1994, als der Gifhorner, der in Munster stationiert war, zwei neue Dienststellen in Bremen und Havelberg zur Auswahl erhielt. Von Havelberg hatte er da noch nichts gehört. Mit seiner Frau Iris nahm er einen Zirkel und eine Karte und sie entschieden sich für die Stadt im Norden von Sachsen-Anhalt. Sie lag näher an Gifhorn. Im Mai trat er als Zugführer im Faltschwimmbrückenzug seinen Dienst an.

„Die 140 Kilometer wollte ich pendeln. Mittwochs und am Wochenende fuhr ich nach Hause. Doch oftmals brauchte ich für eine Strecke vier, fünf Stunden. Die Straßen waren im Bau. Unsere Tochter Melina war gerade ein Jahr alt. Ich wollte was von meinem Kind haben. Wir fanden ein kleines Haus in Kamern am See und als hier in der Alten Ziegelei das Baugebiet entstand, nahmen wir ein Reihenhaus, das wir wieder verkaufen wollten, wenn ich woanders hingehen müsste. Doch die Bundeswehr hat nicht wieder gefragt und so blieben wir hier. Aus drei sind 26 Jahre geworden. Es gibt wenig Soldaten, die eine so lange Stehzeit haben“, erzählt Stefan Fenske im Gespräch mit der Volksstimme.

„Es ist einfach schön hier. Die Landschaft, das Wasser, die Menschen. Havelberg ist unsere Heimat geworden“, sagt der 56-Jährige, mit Ende des Monats März in den Ruhestand gegangen ist. Die offizielle Verabschiedung sollte am Dienstag beim Bataillonsappell zum Quartalsende erfolgen. Doch sind die meisten Soldaten aktuell wegen der Corona-Krise zu Hause. Es war eine kleine Runde. Der Appell wird irgendwann nachgeholt.

Für einen wunderschönen Abschied auf dem Wasserplatz in Nitzow haben die Kameraden aus dem Stab und ehemaligen Dienststellen vor einigen Tagen gesorgt, als die Kaserne noch gefüllt war. Mit Abholen per Panzer und Fahrt nach Havelberg zum Winterhafen. Nahe der Touristinfo lag ein Boot, mit dem es auf der Havel nach Nitzow ging.

„Flecki“ steht auf dem Boot. Es ist der Spitzname von Stefan Fenske. „Ich war 1994 der einzige mit einer Flecktarnuniform, alle anderen hatten eine olivgrüne“, erklärt er. Er war Kompanietruppführer und S3-Feldwebel und zuletzt stellvertretender Leiter der Zelle Einsatz im Panzerpionierbataillon 803.

Fällt ihm der Abschied schwer? „Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Mit den Kameraden hier bin ich seit vielen Jahren verbunden. Auch durch die Auslandseinsätze. Da entsteht ein ganz anderes Verhältnis zueinander“, berichtet er von drei Einsätzen im Kosovo und zwei in Afghanistan. Wie das Gefühl dann ab 1. April sein wird, weiß er noch nicht. Vermutlich erstmal wie Urlaub. Er freut sich darauf, morgens nicht zwingend pünktlich aufstehen zu müssen und endlich Zeit zu haben für die Dinge, die im Berufsalltag liegen geblieben sind. Auf Haus und Garten, Touren mit dem Wohnmobil oder dem Boot. Und auf Zeit mit dem Enkel – das zweite Enkelkind ist unterwegs.

Nick ist fünf Jahre alt und freut sich auf schöne Erlebnisse mit Opa, der ihn nun auch öfter als Mittagskind aus dem Kindergarten abholen kann. Verlängerte Wochenenden werden öfter nach Leer führen, wo Sohn Melvin stationiert ist. Im Sommer sollte es an den Gardasee gehen. „Wir warten mal ab, wie sich das mit dem Coronavirus weiter entwickelt.“

Seinen Beruf würde er immer wieder ergreifen. „Nicht, weil man dann mit 56 in den Ruhestand gehen kann, und auch nicht aus Abenteuerlust. Es sind der Umgang mit den Menschen und die Kameradschaft“, nennt er die Gründe. Die Auslandseinsätze sind eine harte Zeit, vor allem für die Familie, die immer mit einer Ungewissheit leben muss. Seine Einsatzerfahrungen konnte Stefan Fenske auch in der Zelle Einsatz gut gebrauchen.

Vom Dienstbefehl zum Einsatz bis zum Abflug betreut die Zelle die Soldaten, schaut, ob alle erforderlichen Lehrgänge und Ausbildungen erfolgt sind. „Aber auch während des Einsatzes halten wir Kontakt zu unseren Soldaten und organisieren dann auch, dass sie ihre Rückflüge bekommen und von ihrer Truppe abgeholt werden.“

Zu einer seiner letzten Amtshandlungen gehörte der Rückflug seines Chefs Eberhard Zimmer, der gerade vom Auslandseinsatz aus Afghanistan nach Havelberg zurückgekehrt ist. Er war es auch, der für die gelungene Überraschung einer kleinen Abschiedsfeier sorgte. Angesichts der aktuellen Situation wünscht sich Stefan Fenske „für uns alle Gesundheit und dass wir schnell wieder zur Normalität zurückkehren können“.