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Kornspeicher Die Hüllen sind gefallen

Hauptsächlich im Verborgenen ist der Umbau des Havelberger Kornspeichers zum Wohnhaus in den vergangenen Monaten vorangeschritten.

Von Andrea Schröder 27.06.2019, 12:02

Havelberg l Bevor der Abriss der alten massiven Betontrichter und -silos im Innern des Kornspeichers beginnen konnte, war es wichtig, die Baustatik dafür herzustellen. Vom Keller aus wurden Wände gestellt, damit sich keine Risse im Gemäuer bilden. „Die Bauleute mussten sehr vorsichtig und umsichtig an die Arbeit gehen. Alles erfolgte etappenweise, denn wir wollten so viel wie möglich des ursrpünglichen Gebäudes, das in einem guten Zustand ist, erhalten“, blickt Bauherr Markus Hinz auf den Beginn der Bauphase im Januar dieses Jahres zurück. Es war nicht möglich, einfach alles abzureißen, Schritt für Schritt ging es vorwärts.

Insgesamt wurden fünf Silowände ganz rausgenommen. Andere gehören jetzt zu Türöffnungen oder haben den Zuschnitt der Zimmer bestimmt. Überhaupt werden die Wohnungen teilweise durch Ursprünge des Speichers bestimmt. Doch vieles ist auch neu. Jede Menge Beton wurde bewegt. 240 Kubikmeter wurden rausgetragen, 140 Kubikmeter kamen hinein. Und etliches an Doppelstahlträgern.

Gegenüber dem Ursprung des Gebäudes, das 1940 am Havelufer erbaut wurde und das viele Jahrzehnte als Lager für Getreide diente, hat sich das Antlitz geändert. Die Fenster zur Südseite hin wurden teilweise vergrößert. Lediglich die im Treppenhaus entsprechen noch der alten Größe. Zur Ostseite hin wurden Fenster eingebaut. An der Nordseite gibt es Balkone beziehungsweise eine Terrasse. Den Bau der maßgeschneiderten Fenster hat die Wulkauer Tischlerei Liermann übernommen. Sechs Mietwohnungen entstehen auf den sechs Ebenen des Hauses. Die Zimmer liegen nach Osten und Norden raus. Zur Südseite hin werden fünf Ferienwohnungen eingerichtet.

Elektrik, Sanitär sowie Satelliten- und Kabelfernsehen übernehmen ebenfalls Firmen aus der Region. Ansonsten sind es hauptsächlich polnische Arbeiter, die das ehrgeizige Vorhaben in einer Bauzeit von rund zehn Monaten umsetzen wollen. Markus Hinz, der gemeinsam mit seiner Frau Agnieszka das Mammutprojekt stemmt, ist froh über das zügige Arbeiten aller Gewerke. Das Dach war in sehr kurzer Zeit Ende April fertig gedeckt. Die Putzer haben binnen drei Wochen allen Wänden und Decken eine glatte Schicht verpasst. Fußbodenheizungen und Sanitär werden im Moment eingebracht. Wenn die Estrichleger fertig sind, kommen nach der Trocknungsphase die Fliesen auf die Böden und alles wird gemalert. „Alle tragen dazu bei, dass wir im Zeitplan bleiben. Das funktioniert wie ein Schweizer Uhrwerk. Auch der Denkmalschutz reagiert schnell, wenn es was zu klären gibt“, ist der Bauherr froh.

Der Plan war, Ende August mit allem fertig zu sein. „Wir haben uns aber einen Puffer eingebaut und wollen das Haus offiziell am 1. Oktober eröffnen. Zum Tag des offenen Denkmals am 8. September erhalten Besucher die Möglichkeit, sich im Haus umzuschauen“, kündigt Markus Hinz an. Treffender könnte das Motto des diesjährigen Denkmaltages nicht sein. Der Kornspeicher passt absolut dazu: „Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur“.

Danach können die Mieter einziehen. Das Interesse ist groß, die meisten Wohnungen sind vergeben. Noch können sich Interessierte melden. Sahnestücken sind die Wohnungen ganz oben unterm Dach und die im dritten Obergeschoss mit bestem Blick auf die Havel. Aber auch die anderen Wohnungen haben jede ein gewisses Etwas. Die Wohnung unten hat Zugang zu einem kleinen Garten, die im ersten Obergeschoss eine Terrasse.

Auf dem dazu gekauften Grundstück an der Ostseite entstehen neun Stellflächen für Pkw. Von der Nordseite aus geht es in den Keller, wo zum Beispiel Platz für Fahrräder ist – die Ferienwohnungen dürften auch bei Fahrradtouristen gut ankommen. Bis auf die Mietwohnung ganz oben sind alle Wohnungen über einen Aufzug zu erreichen und barrierefrei gebaut.

Von den Baustoffen her werden zeitgemäße und moderne Materialien verwendet. Die Fenster sind dreifach verglast. Auf die Betonwände und -decken kamen Dämmstoffe und Dämmputz. Insgesamt wird das Haus gut gegen Schall, Wärme, Kälte und Geräusche isoliert sein. Geheizt wird mit einer Ölbrennwertanlage.

An seine alte Funktion wird im Innern des Gebäudes auch mit der alten Schuttwaage erinnert, die wieder aufgebaut werden soll. Auf Fliesen sollen alte Fotos vom Speicher alte Ansichten zeigen. Außen strahlt die Fassade wie neu, denn das Mauerwerk wurde leicht gesandstrahlt, um den Schmutz vergangener Jahrzehnte zu beseitigen.

In der Abrissphase waren knapp 30 Bauleute im Haus aktiv. Markus Hinz zieht den Hut vor den Leistungen der Männer. „Zum Teil mussten sie auf Knien arbeiten, um unter den über einen Meter dicken Trichtern aus Beton die Bewehrung zu verlegen. Das war die schwerste und kniffligste Etappe beim Umbau.“

Ein Dankeschön richtet er schon jetzt an seinen direkten Nachbar. „Herr Jaap hat die ganze Zeit mit diesen Arbeiten gelebt und das ertragen. Auch die anderen Nachbarn mussten damit leben. Zwar haben wir versucht, uns an Ruhezeiten zu halten und die Lärmbelästigung so gering wie möglich zu halten, doch ganz ohne Krach und Schmutz geht so was natürlich nicht.“

Beim Rundgang mit der Volksstimme sagte Markus Hinz vor kurzem: „Ich kann es gar nicht erwarten, dass die Netze vom Gerüst runterkommen und ich das Haus im Ganzen sehen kann.“ Das ist inzwischen soweit. Seit Dienstag wird das Gerüst abgebaut und die Hüllen sind gefallen.

Die Investitionssumme für das Bauvorhaben liegt bei gut 1,5 Millionen Euro. Die Hansestadt hat dafür Fördergelder in Höhe von 600.000 Euro aus dem Stadtumbau Ost bewilligt.