Bis 1994 wurde das Essen für die Schönhauser Kindergartenkinder in der hauseigenen Küche zubereitet Eierragout, Gehacktesstippe, Nudeln und Quarkspeise waren die Leibgerichte
Schönhausen l Mit einer Tasse Kaffee in der Hand sind die Köchinnen und Reinigungskräfte des Schönhauser Kindergartens am Frühstückstisch auf dem Schwarz-Weiß-Foto von 1978 zu sehen. Wenn sie sich diesen Moment der Ruhe gönnten, war die erste Arbeitsrunde schon erledigt. Denn morgens um 6 Uhr, wenn auch die ersten Kinder kamen, begann die Arbeit in der Küche. Kartoffeln schälen, Mohrrüben putzen, Pudding kochen... "Wir haben alles ganz frisch selbst gemacht", erzählt Waltraut Neubauer, die seit 1976 im Kindergarten tätig war. "Eine von uns drei Köchinnen ist morgens erst einmal einkaufen gegangen", schildert Hannelore Peiffer. Sie hatte 1970 als Reinigungskraft im Haus begonnen, dann eine Erwachsenenqualifizierung für Gemeinschaftsverpflegung gemacht und ab 1984 das Küchenteam verstärkt. "Wir sind mit dem Handwagen losgezogen. Vom Konsum in der Heinestraße, wo Lindi Brey verantwortlich war, wurde die Milch geholt. Im Winter war sie meist gefroren und musste erst einmal aufgetaut werden, bevor die Kinder sie trinken konnten." Bei Ingrid Henning in der Fleischerei wurden Wurst und Fleisch gekauft und in der Gemüseannahmestelle von Christa Koch und Anita Stuhr Gemüse, Obst und Eier. Kartoffeln gab es von der LPG.
Die Lieblingsspeise der Kinder? "Natürlich Nudeln mit Tomatensoße. Aber sie haben alles gern gegessen, es landete nur ganz wenig im Abfalleimer." Immer leer waren die Teller bei Eierragout oder Gehacktesstippe. Und von der Quarkspeise konnten die Mädchen und Jungen gar nicht genug bekommen. Auch die Schönhauser Senioren ließen sich das Essen aus der Kindergartenküche schmecken. Es wurde mit dem Fahrrad und später mit dem Trabi nach Hause und auch in den Rentnertreff im Park geliefert.
Während die Schönhauser Kinder anfangs ihr Frühstücksbrot noch von zu Hause mitbrachten, gab es in der fortschrittlichen Einrichtung bald Vollverpflegung. So hieß es für die Küchenfrauen, auch Stullen zu schmieren. "Morgens gab es Käse und Wurst, manchmal auch Würstchen, nachmittags dann Marmelade und Kuchen, den wir vom Bäcker geholt haben." Die Frauen erzählen, dass sie manchmal, wenn am Monatsende noch Geld übrig war, sogar im Delikat-Laden in der Gartenstraße einkaufen konnten, "dann haben wir meistens Trinkfix geholt".
Als der Kindergarten Anfang der 80-er Jahre aus allen Nähten platzte und ein Neubau nötig war, wurden vorübergehend Gruppen in die heutige Gaststätte "Zur alten Linde" ausgelagert. "Dort wurde auch eine Küche gebraucht. Den Umzug haben wir nach Feierabend bewerkstelligt. Es war schön, als wir nach der Erweiterung wieder alle zusammen unter einem Dach waren. Denn der Zusammenhalt unter uns allen - den Köchinnen, Reinigungskräften und Erzieherinnen - war einmalig. Wir haben uns gegenseitig geholfen, zusammen gefeiert, Ausflüge unternommen... Wir waren eine große Familie", schwelgen die beiden in Erinnerungen und erzählen von ihren Kolleginnen Gerda Bremer, Küchenchefin Ilse Lilie und von Martina Ryl, mit der zusammen sie zuletzt das Essen kochten.
1991 zog die benachbarte Krippe, die auch eine eigene Küche hatte, mit in den Kindergarten, damit in dem Haus die Grundschule eröffnet werden konnte. Drei Jahre später schloss die Küche. Denn mit der Eröffnung der Behindertenwerkstatt im Sommer 1994 gab es eine Regelung, dass die Werkstatt zwei Köchinnen übernimmt und von hier das Mittagessen in die Kindertagesstätte geliefert wird. So wechselten Waltraud Neubauer und Martina Ryl zur Elbe-Havel-Werkstätten gGmbH. Hannelore Pfeiffer kochte weitere 16 Jahre das Essen in der "Alten Linde". In wenigen Wochen geht Waltraut Neubauer in Ruhestand. Die Zeit im Kindergarten behalten die Frauen in bester Erinnerung.