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Englischwochen Die Sommerschul-Romanzen von Wust

Mit schwingenden Tanzbeinen auf der Theater Aftershow-Party wurde unlängst die Wuster Sommerschule 2019 beendet.

Von Leonie Schüler-Springorum 25.08.2019, 08:52

Wust l Die Türen der Grundschule sind wieder geschlossen, die Fahnen der USA und Großbritanniens sind abgehängt und auf dem Sportplatz ist es wieder ganz still.

Doch läuft man über den Schulhof und schließt die Augen, dann ist es fast so, als könnte man noch das Lachen der Kinder hören. Es ist das Lachen der jungen Teilnehmer, aber auch das der Kinder der Dozenten. Denn dieses Jahr haben insgesamt vier Dozenten-Familien die Sommerschule in Wust bereichert.

Neue Gesichter sind es aber nicht: Fast jedes der Elternpaare war bereits in den 90-er oder Anfang der 2000-er als Dozent in Wust und hat den Teilnehmern Englisch beigebracht. Damals waren sie selbst noch Studenten.

Jetzt sind sie wieder hier, aber dieses Mal mit Partner und Kindern. Zwei der vier Pärchen haben sich sogar hier im Ort kennen gelernt. Und ihre Geschichte schreibt sich wie ein „Sommerschul-Märchen“.

Annie und Michael gingen in den USA auf verschiedene Elite-Universitäten – sie auf die Brown University, er auf die University of Pennsylvania. In Wust sahen sie sich zum ersten Mal. Michael selbst beschreibt ihre Kennenlern-Geschichte als „moderne Romanze“. Zurück in den USA, besuchten sie sich gegenseitig an ihren Universitäten und wurden ein Paar. Mittlerweile leben sie mit ihren beiden Söhnen in Rochester, USA, und sind dieses Jahr zum sechsten Mal in den Ort zurückgekehrt, der sie zusammen brachte. „2010 und in den Jahren danach sind wir ja zusammen mit Bennie und später dann auch mit Ham zur Sommerschule gekommen“, erzählt Annie. „Dieses Jahr gehörte Wust eigentlich nicht in unsere Ferienplanung. Aber einer der Jungs fragte uns plötzlich eines Abends während des Essens, wann wir denn endlich mal wieder nach Wust könnten.“ Michael fügt lächelnd hinzu, dass es den Söhnen hier so gut gefallen würde, dass sie ihnen den Wunsch nicht ausschlagen konnten. „Wir sind hier so unabhängig und können einfach mit dem Fahrrad durchs Dorf fahren oder mit den anderen jungen Teilnehmern zu den Sport-Workshops“, erklärt Bennie, warum ihm Wust so gefällt.

Dem können sich alle Elternteile nur anschließen. Sie genießen es, dass sie in Ruhe ihren Tätigkeiten nachkommen können, ohne sich Sorgen machen zu müssen, wo denn die Kinder seien. „So gesehen haben wir ja quasi 25 Babysitter“, lacht Helen Tate-Worch und spielt damit auf all die anderen Dozenten an. „Wenn wir mal nicht wissen, wo eines der Kinder steckt, müssen wir nur rumfragen – irgend jemand hat sie immer gesehen oder mit zu einem Workshop genommen.“

Auch für Pete sind die Freiheiten in Wust ein ganz besonderer Luxus, den der junge New Yorker zu Hause nicht wirklich hat: „Da kann ich nicht einfach mit dem Fahrrad umher fahren.“ Er ist mittlerweile ein Sommerschul-Profi: Seine Eltern nehmen ihn seit seinen ersten Lebensjahren mit nach Wust.

Auch ihre Geschichte erzählt sich wie ein Sommerschul-Märchen: Arthur und Sheila Shettle lernten sich in Wust kennen und feierten sogar ihre Hochzeit in der romanischen Kirche von Wust. Auf dem Sportplatz pflanzten sie anschließend einen Baum. Dieser wächst und gedeiht ein paar Meter von der Baracke entfernt, in der Arthur jedes Jahr aufs Neue bemerkenswerte Theater-Inszenierungen auf die Bühne bringt, während seine drei Kinder um den Baum umher tollen und mit den anderen Dozenten zum Beispiel Fußball spielen.

Es klingt fast zu schön, zu romantisch, um wahr zu sein. Aber es zeigt mal wieder beispielhaft, dass die Sommerschule nicht nur zum Englisch lernen da ist, sondern auch wunderbare Verbindungen schafft. 2001 waren alle Eltern gemeinsam in Wust als Dozenten – damals noch kinderlos.

Ellisha Caplan war ebenfalls noch nicht Teil der Sommerschul-Clique, besuchte dann aber gemeinsam mit Ehemann Nigel die Hochzeiten der anderen und lernte sie kennen. Umso schöner war das Wiedersehen dieses Jahr in Wust.

Eines wissen sie alle: Auch in den nächsten Jahren werden sie sich nicht aus den Augen verlieren. Und wer weiß, vielleicht werden ihre Kinder auch wieder als Dozenten nach Wust zurück kehren und die Clique weiter leben lassen. Denn der Ort hat in ihren Herzen jetzt schon einen ganz besonderen Platz!