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Generälin Erika Franke musste oft ein dickes Fell haben

Einen informativen Vortragsabend mit anschließenden Gesprächen haben Interessierte in der Stadtkirche in Havelberg erlebt.

Von Dieter Haase 02.09.2019, 18:04

Havelberg l Einmal im Jahr laden der CDU-Ortsverband Havelberg und der Kreisverband Stendal der Frauen Union zu einem gemeinsamen Vortragsabend in die Stadtkirche nach Havelberg ein. In diesem Jahr hatten sie dazu Erika Franke als Gastrednerin gewonnen. Wer und was ist Erika Franke? Im zivilen Bereich dürfte ihr Name relativ unbekannt sein – im militärischen Bereich dagegen hatte und hat er immer noch was zu bedeuten. Denn Erika Franke ist die erste Frau der Bundeswehr, die den Dienstgrad eines Zwei-Sterne-Generals erreichte und damit die zweite Frau überhaupt, die im Generalsrang der Bundeswehr war. Zudem brachte sie sich als der erste weibliche Bundeswehrgeneral aus dem Osten Deutschlands ins Gespräch. Als Spezialistin im medizinischen Bereich. Über ihren Werdegang berichtete sie interessierten Zuhörern in der Stadtkirche.

Erika Franke, Jahrgang 1954, nahm nach dem Abitur das Studium der Humanmedizin im damaligen Osten Berlins auf. Seit 1979 war sie im Krankenhaus der Volkspolizei tätig. Auf die Anerkennung zur Fachärztin für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie 1985 folgte ein Jahr später die Promotion. Im Jahre 1990 wurde das Krankenhaus von der Bundeswehr übernommen. Franke wurde als Oberfeldarzt in den Sanitätsdienst übernommen. Bis 2001 leitete sie die Laborabteilung I-Medizin im Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr in Berlin und fungierte zugleich als Stellvertreterin des Institutsleiters. Zweimal war sie in dieser Zeit im Auslandsein­satz auf dem Balkan. Nach verschiedenen Führungsverwendungen, unter anderem am Sanitätsamt der Bundeswehr und im Einsatzführungskommando, wurde Franke im Juli 2013 Kommandeurin der Sanitätsakademie der Bundeswehr in München.

„Ich hatte Glück, dass ich nach der Wende einerseits in meinem angestammten Krankenhaus bleiben konnte und ich andererseits auch meinen Dienstgrad behalten konnte – bei der Bundeswehr war das zunächst der Feldarzt. Dass ich eine Frau war, spielte dabei erfreulicherweise überhaupt keine Rolle.“ Aber trotzdem war die Wendezeit für die Ärztin eine sehr schwierige, komplizierte Zeit. „Sie war gekennzeichnet von den Ungewissheiten, wie es weiter geht, vom Abschied von vielen Vertrauten im Krankenhaus, sie war ein Aufbruch ins Unbekannte, ohne den Ort zu wechseln“, beschrieb es Erika Franke. „Das System Bundeswehr zu erlernen, stellte sich als eine besondere Herausforderung dar. Vor allem auch deshalb, weil die Streitkräfte seit eh und je eine Männerdomäne sind. Und Männer können nachtragend sein, so die Generalstabsärztin a.D., wenn sie sich in Karrierefragen übergangen fühlen. Erika Franke hat das selbst oft genug erlebt und auch öffentlich angesprochen. „Anspielungen, Provokationen, Vorurteile, Vorbehalte, Mobbing, Benachteiligungen und der Quoten-Vorwurf“, zählt sie einiges auf. „Da braucht man als Frau manchmal schon ein dickes Fell und darf nicht aufstecken.“

Dennoch war ihr die Beförderung zur Generalstabsärztin im Herbst 2013 nicht übertrieben wichtig, sagt sie. „Ich hätte es gar nicht gemerkt, wenn ich nicht ständig auf diesen Rang angesprochen worden wäre. Ich wollte einfach nur meine Arbeit so gut machen, wie ich kann.“

Für die Kameraden im Westen sei das trotzdem schon ein „hartes Brot gewesen“, dass eine Frau aus dem Osten so weit aufsteigt und ihnen dadurch ein attraktiver Dienstposten verloren gegangen ist. „Sie haben mir das Leben so schwer gemacht, wie sie konnten, zum Beispiel durch konsequentes Übersehen bei Begrüßungen.“ Da musste sie durch. Und sie tat es.

„Karriere zu machen und das Streben nach Macht stand bei mir nie im Vordergrund“, resümiert sie. „Meine fachliche Arbeit war mir immer am wichtigsten.“ Dennoch sei militärische Hierarchie wichtig. „Und natürlich fühlt es sich gut an, in eine Position aufzusteigen, in der man den Dingen eine Richtung geben kann“, fügt sie hinzu. „Aber als Erstes schaue ich den Leuten immer ins Gesicht. Nicht auf die Schulter.“