1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Havelberg
  6. >
  7. Küster und Kirchendiener: Im Havelberger Dom im Kreis Stendal kocht ein Engel für Afrika

Küster und Kirchendiener Im Havelberger Dom im Kreis Stendal kocht ein Engel für Afrika

Der Küster vom Dom in Havelberg, Andreas Engel, geht in den Ruhestand. Nicht umsonst wird er „Domengel“ genannt. Was ist das Besondere an Kirchen und Menschen für ihn?

Von Max Tietze Aktualisiert: 12.12.2023, 23:04
Küster Andreas Engel bereitet im Dom in Havelberg die Kerzen für die Gottesdienste im Dezember vor. Bald ist er Ruheständler. In seinen zehn Jahren hat mit Kirche und Menschen viel erlebt.
Küster Andreas Engel bereitet im Dom in Havelberg die Kerzen für die Gottesdienste im Dezember vor. Bald ist er Ruheständler. In seinen zehn Jahren hat mit Kirche und Menschen viel erlebt. Foto: Max Tietze

Havelberg. - Ein „Engel“ der vielen sichtbaren Engel im Dom St. Marien in Havelberg wird demnächst fehlen – nicht entwendet oder ausgeliehen. Andreas Engel aus Kamern trägt diesen Namen und ist seit zehn Jahren Küster in der Evangelischen Kirchengemeinde in der Domstadt. Damit ist er für fast alles gefragt: als Hausmeister, Gärtner, Kochkünstler, Hilfe für die Verwaltung und bei Gottesdiensten. Jetzt geht er in den Ruhestand. Was macht für ihn die Arbeit als Kirchendiener aus? Die vielen Menschen an Heiligabend, das Erlebnis Bundesgartenschau in Havelberg oder ein nettes Wort mit den Dombesuchern, so etwas bleibt.

Den richtigen Ort gefunden

Vor über zehn Jahren stand für Andreas Engel fest, ein Vollzeitjob ist für ihn nicht mehr machbar. Die Kirchengemeinde in Havelberg brauchte einen Küster. „Gesucht und gefunden“ könnte über diesem Abschnitt für beide Seiten stehen. Andreas Engel erzählt: „Ich brauchte eine sinnvolle Aufgabe, die Stelle war vom Arbeitsablauf her mit allem vereinbar. Es war die Vielfalt, ich musste mit allen zusammenarbeiten.“ Dazu gehörten die Kirchenverwaltung, Institutionen, Friedhof, Besucher und das Prignitz-Museum. Die Gemeinde nutzt den Dom, hat die Stadtkirche und Dorfkirchen.

Lesen Sie auch:Ein Engel ist der Mann für alles

Das Schönste an der Arbeit als Küster ist nach den Worten von Andreas Engel ganz einfach zu beschreiben. Er sagt: „Der Dom ist ein Ort, wo man sich geborgen und aufgehoben fühlt. Da zu arbeiten, wo innerlich alles stimmt, das ist etwas Schönes. Die Hochzeiten, Taufen und Weihnachtsgottesdienste waren auch jedes Mal etwas Schönes.“ In den vergangenen zehn Jahren kamen Hunderttausende Besucher plus die Menschenmassen der Bundesgartenschau im Jahre 2015. Da bleiben kuriose Begegnungen nicht aus.

Gottesdienst im Fernsehen

Der Domküster berichtet: „Durch unseren Kirchenkreis Prignitz und dessen Partnergemeinde waren Gäste aus Botswana nach Havelberg gekommen. Wir hatten als Tischdekoration kleine Papierfähnchen vorbereitet. Da ich für das Essen an diesem Tag sorgen sollte, hatte ich Gulasch gekocht, ohne zu ahnen, dass die Leute aus Botswana Schweinefleisch und Schweine überhaupt nicht kannten. Aber es hatte ihnen geschmeckt, sogar so gut, dass mein Gulaschrezept mit nach Afrika musste.“

Ein absoluter Höhepunkt war für ihn die Übertragung des Fernsehgottesdienstes während der Bundesgartenschau aus dem Havelberger Dom: „Ich habe gestaunt, dass da über 100 Leute bei der Vorbereitung mit dabei waren.“ Nachdenklichkeit wird bei Andreas Engel sichtbar, wenn er über die vollen Kirchen zu Weihnachten spricht. Er meint: „Über das Jahr scheint der Rückhalt, den Kirche geben kann, immer uninteressanter zu werden. Aber man spürt bei den Dombesuchern, dass ihnen die Ruhe im Bauwerk etwas gibt. Und ein Licht für Hinterbliebene anzuzünden, ist nach wie vor bedeutsam.“

Das Dombild kommt mit

Was käme in den berühmten Koffer, wenn die Reise auf eine einsame Insel geht? Da fällt die Entscheidung für Andreas Engel leicht: „Ich packe ein Bild vom Dom ein, meine Familie und die guten Erinnerungen.“

Die Kirchengemeinde wird ihren „Dom-Engel“ samt seinem Organisationstalent vermissen. Matthias Bensch berichtet von einem ganz besonderen Erlebnis mit ihm: „Der Küster hatte an den Domfenstern ganz oben dicht am Gewölbe zu tun. Ich saß an der Orgel und übte, als eine tiefe Stimme, für mich unsichtbar, ,aus dem Gewölbe’ mit mir sprach. Ich bin fast von der Orgelbank gefallen.“ Darüber müssen beide heute noch lachen.

Küsterdienst geht weiter

Jörg Gericke ist im Gemeindekirchenrat aktiv und erinnert sich: „Wir hatten in der Stadtkirche einen Küster bis in die 1960er Jahre, danach nicht mehr. Erst mit Andreas Engel gab es wieder einen Küster, dann für Stadtkirche und Dom zusammen.“

Sabine Ruß als Vorsitzende vom Gemeindekirchenrat Havelberg erzählt: „Er hat immer alles im Voraus erahnt, was zu tun ist. Eine ganz tolle Idee war, zu Ostern Hasen mitzubringen. Draußen auf dem Klosterhof. Für Weihnachten hat er Bäume organisiert, aus welchem Garten auch immer, und beim Erntedank haben wir immer gestaunt, was er vorbereitet hat. Und er ist einer der ganz wenigen gewesen, die beim Krippenspiel am Heiligabend kein Mikrofon brauchten.“

Auch für Pfarrer Teja Begrich wird es ungewohnt, wenn ein „Engel im Dom“ fehlt. Dem Küster wurde wohl das Talent für die Kirche in die Wiege gelegt. Doch jetzt ist die Zeit für einen neuen Abschnitt herangekommen, und er wird seinem Nachfolger Jörg Gericke noch ein paar Tipps mitgeben.

Aber ganz ruhig wird es für den Ruheständler Andreas Engel nicht werden, denn da gibt es immer noch den Verein für Rassekaninchen in Kamern, wo er jetzt das Zuchtbuch führt. Und ein Platz für „Langohren“ ist beim Osterfest der Kirchengemeinde immer auf dem Klosterhof in Havelberg vorhanden.