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15-jähriger Gymnasiast aus Kamern zählt zum hoffnungsvollen Schiedsrichternachwuchs im Landkreis Stendal Johannes Ebel: Judomeister pfeift beim Fußball

Von Dieter Haase 12.12.2011, 05:34

Kleiner Mann ganz groß. Denn wenn er auf dem Spielfeld steht, hat er das Sagen. Und kein anderer. Auch nicht, wenn dieser doppelt so alt ist wie Johannes Ebel. Mit 15 Jahren gehört der Kamernsche zu den jüngsten Schiedsrichtern im Kreis.

Kamern l Wenn der kleine Mann an ihrer Sportstätte auftaucht, schauen die Herren oftmals ziemlich verwundert drein. "Was will denn dieser Schuljunge hier?" fragen sie sich. Wenn er sich dann umgezogen hat, begegnen sie ihm schon mit etwas mehr Respekt. Denn - das weiß inzwischen jeder: Mit Schiedsrichtern muss man sich gut stellen, egal ob sie direkt auf dem Fußballfeld oder an dessen Seitenlinien agieren.

"Wer mit mir nicht klar kommt, ist selber schuld", meint Johannes Ebel aus Kamern. "Ich hab immer gute Laune, bin immer für einen Scherz zu haben und so schnell nicht aus der Ruhe zu bringen", sagt der junge Mann, der am 1. November gerade mal 15 Jahre alt geworden ist. Seit dem Sommer dieses Jahres streift er sich zu Männerspielen im Kreismaßstab die Schiedsrichterbekleidung über. "Zum ersten Mal war das am 16. Juli, als der SV Empor Kamern zu Hause in einem Freundschaftsspiel auf den Klädener SV traf", erinnert er sich. "Da gab ich als Linienrichter meinen Einstand." Inzwischen hat er sich in 16 Punktspielen, von der 2. Kreisklasse bis hin zur Kreisoberliga, die ersten Sporen verdient. "Im Männerbereich ausschließlich noch an der Linie. Denn da kann man als Anfänger nicht allzu viel falsch machen. Und von der Spielleitung des Hauptschiedsrichters nur lernen", findet Johannes. Das Lernen steht für ihn aber auch noch an einem anderen Ort auf der Tagesordnung: In Havelberg drückt er in der 9. Klasse des Gymnasiums die Schulbank. Und gibt sich dabei große Mühe, wie er versichert. "Eine Laufbahn bei der Bundeswehr oder eine pädagogische Arbeit mit Kindern könnte ich mir für meine spätere berufliche Tätigkeit gut vorstellen", blickt er in die Zukunft. Die Praktika in der Kindertagesstätte Kamern, die er in Ferienzeiten immer freiwillig verrichtet, würden ihm jedenfalls viel Freude bereiten.

"Wer mit mir nicht klar kommt, ist selber schuld"

Doch zurück zum Fußball. "Aktiv in einer Mannschaft habe ich eigentlich noch nie gespielt", verrät Johannes. "Im Kindergartenalter machte ich mal in der Trainingsgruppe der G-Jugend beim FSV Havelberg mit - das war\'s dann aber auch schon mit dem Fußball. Denn so richtig konnte ich mich damals nicht dafür begeistern. Und wollte etwas anderes ausprobieren." Das fand er beim SV Blau-Weiß Schollene, wo er viele Jahre lang aktiv den Judosport betrieb, dabei reihenweise andere Sportfreunde "aufs Kreuz" legte und auch seinen bisher größten sportlichen Erfolg errang. 2008, im Alter von 12 Jahren, gewann er bei den Mitteldeutschen Meisterschaften den Titel in seiner Altersklasse. "Inzwischen habe ich zwar aus persönlichen Gründen mit dem Judo aufgehört, aber sicher nichts davon verlernt", grinst Johannes und meint damit spaßhaft seine Schiedsrichtertätigkeit. Die Akteure auf den Fußballfeldern im Kreis sollten sich sein Gesicht also gut einprägen...

Wie er zurück zum Fußball gekommen ist? "Eigentlich war ich nie weg davon. Als Sportinteressierter aus Kamern bin ich natürlich auch Mitglied und ein großer Fan der Fußballer des SV Empor Kamern. Wenn es die Zeit erlaubt, lasse ich es mir nicht nehmen, das Team in jedem Heimspiel kräftig anzufeuern", berichtet Johannes. "Und selbst jage ich auch noch dem Ball hinterher. Mit Freunden treffe ich mich dazu fast an jedem Wochenende auf dem kleinen Trainingsplatz der Kamernschen Fußballer. Gemeinsam macht das Spiel großen Spaß, und außerdem hält mich die Bewegung fit." Dankbar ist er dafür, dass der Verein den Freizeitsport der Jungs großzügig unterstützt. "Er hat uns dafür zwei nagelneue Tore hingestellt." Der SV Empor Kamern stellte ihm auch die komplette Schiedsrichterausrüstung sowie zusätzlich noch zwei T-Shirts, Trainingsanzug und Sporttasche zur Verfügung.

Auf den Geschmack, es mal als Fußballschiedsrichter zu versuchen, "hat mich eigentlich mein Freund Roy Moucha, der selbst pfeift, gebracht. Bei einer Werbeveranstaltung des Kreisfußballverbandes für die Gewinnung von jungen Schiedsrichtern im Frühjahr in Havelberg habe ich mich dann endgültig dazu entschlossen." Nach einem dreitägigen Wochenendseminar an der Sportschule in Osterburg hatte Johannes Ebel seinen Schiedsrichterausweis in der Tasche.

Während er auf seine erste Spielleitung im Männerbereich noch wartet, hat er sie im Nachwuchsbereich bereits hinter sich gebracht. "Zugegeben, etwas flau im Magen war mir schon, als ich von der Ansetzung erfuhr. Und davon, dass mir dabei keine Assistenten zur Seite stehen würden. Doch die B-Jugend-Teams vom FSV Havelberg und von der Spielgemeinschaft Möringen/Schinne machten mir die Aufgabe auch recht leicht", blickt der Nachwuchs-Referee zurück. Allerdings musste er in der Partie auch zweimal zur Gelben Karte greifen. "Was sein muss, muss sein", kommentiert der junge Mann. Große Ziele, wie etwa einmal in der Bundesliga zu pfeifen, verfolge er nicht, erklärt er. "Aber ich möchte, so lange es mir Spaß macht, als Schiedsrichter bei der Stange bleiben." Bis er 18 Jahre alt ist, erfährt er dabei von seinen Eltern jegliche Unterstützung. Zum Beispiel, was die Fahrten zu den Spielen betrifft. "Ohne Mutti und Vati geht es nicht", sagt er dankend.

Der 15-Jährige hat aber auch etwas für den Handball über. "Das ist ebenfalls eine Sportart, die mich sehr begeistert. Leider wird sie in Havelberg und Umgebung nur im Rahmen des Schulsports betrieben, ansonsten wäre ich sicherlich längst in einem Handballverein aktiv", glaubt der junge Mann. Er lässt es sich auch nicht nehmen, mindestens zweimal im Jahr zu Bundesligaspielen der Handballmänner des SC Magdeburg zu fahren. "Das sind Erlebnisse, die man nicht so schnell vergisst", macht er deutlich.

Doch damit nicht genug. Johannes Ebel ist sehr musikalisch, spielt seit seinem 6. Lebensjahr Klavier. Außerdem Orgel in der Kirche. Und in der Jugendband "Die Experten" kümmert er sich um die Technik.