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Lehrermangel Wuster Schüler sollen zu Hause bleiben

Die Dritt- und Viertklässler sollen zu Hause bleiben, heißt es in einem Brief, den die Schüler am Donnerstag mit nach Hause brachten.

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 08.12.2017, 13:11

Wust l Durch die Erkrankung mehrerer Lehrer können weder der Unterricht noch die Betreuung in der Schule gewährleistet werden, schreibt die Schulleitung. In Eigenregie könne man die Schüler nach Schönhausen bringen, wo die Kinder dann unterrichtet werden. In dem Brief heißt es weiter, dass eine Beförderung mit dem Bus seitens des Landkreises abgelehnt wurde. Sobald sich die Situation ändere, werden die Eltern informiert.

In Wust werden die Kinder der 1. und 2. Klasse jahrgangsübergreifend unterrichtet, auch die fünf Drittklässler und zwölf Viertklässler bilden eine Klasse. Zwei Lehrerinnen sind dafür vor Ort. Dass dieses Modell gut funktioniert, davon sind die Eltern überzeugt, „sie lernen viel mehr als nur den eigentlichen Unterrichtsstoff, nämlich Selbstständigkeit, Teamfähigkeit und gegenseitige Rücksichtnahme“, erklärt Elternvertreterin Anja Meyer. Die aktuelle Situation allerdings macht sie fassungslos: „Von heute auf morgen werden wir vor vollendete Tatsachen gestellt. Schlimm genug, dass der Unterricht ausfällt, aber dass nicht einmal die Betreuung gewährleistet werden kann, ist nicht nachvollziehbar. Denn wir hatten, als sich diese Situation anbahnte, der Schulleitung Lösungsvorschläge unterbreitet.“ Anja Meyer spricht vom Einsatz ehemaliger Wuster Lehrer aus dem Förderkreis, die dazu ihre Bereitschaft signalisiert hatten. Das aber sei aus versicherungstechnischen Gründen nicht möglich, hieß es seitens der Schulleitung.

Von einem „Supergau“ spricht der Vorsitzende des Schul- und Sozialausschusses der Verbandsgemeinde, Sebastian Heinike. „So etwas ist einfach nicht tragbar! Ich appelliere eindringlich an das Schulverwaltungsamt, mehr Lehrer einzusetzen!“

Dass in Schönhausen alle Lehrerstellen besetzt sind, sogar über 100 Prozent, erklärt Jürgen Krampe, stellvertretender Direktor des Landesschulamtes mit Sitz in Halle. Auch ihn überraschte die Tatsache, dass die Schüler aufgefordert wurden, zu Hause zu bleiben. „Das ist ein absoluter Ausnahmefall und das Schlechteste, was passieren kann. Die Kollegen haben in den zurückliegenden Wochen sehr engagiert gearbeitet und den Unterricht mit Personal aus dem Stammhaus abgesichert. Aber nun ist offensichtlich eine Grenze erreicht“, zeigte er sich überrascht von der Konsequenz der Schulleitung. „Landesweit haben wir wegen des Lehrermangels zwar eine angespannte Unterrichtsversorgung. Aber zumindest kann immer eine Betreuung gewährleistet werden.“ Deshalb machte sich Thomas Thunemann als schulfachlicher Referent gestern auch gleich auf den Weg nach Schönhausen und Wust. Das Ergebnis des Gesprächs mit der Schulleitung: Ab Montag werden die Wuster in der 1. und 2. Stunde wieder unterrichtet, danach erfolgt eine Betreuung. So werde die Zeit bis Weihnachten überbrückt, im neuen Jahr ist die Lage dann voraussichtlich wieder entspannt.

Die Wuster Schule soll so lange als Außenstelle von Schönhausen erhalten bleiben, bis dort die baulichen Voraussetzungen geschaffen sind, um die Wuster aufzunehmen. Die dafür nötige Ausnahmeregelung gilt bis zum Ende dieses Schuljahres, eine erneute Verlängerung ist von der Verwaltung bereits beantragt. Denn baulich hat sich noch nichts gerührt in Schönhausen und wird es vorläufig auch nicht. Zwar sind Fördermittel aus dem Stark-III-Prgramm bewilligt, die Umsetzung allerdings schreitet nicht voran. Derzeit ist die Planung eines neuen Kindergartens in Arbeit, denn der ist Voraussetzung, dass im dann freigezogenen Kindergartengebäude Platz für die Hortkinder und vormittags für die Schule entsteht.

Die Schule in Wust möglichst lange zu erhalten, ist unabhängig vor der derzeitigen Situation das Ansinnen im Elbe-Havel-Land. Deshalb hat Bürgermeisterin Steffi Friedebold auch Bildungsminister Tullner eingeladen – und eine Absage kassiert. Doch postwendend wiederholte sie die Einladung. Denn es gäbe Wichtiges vor Ort zu besprechen und den aktuellen Stand der Dinge zu benennen. In der Absage des Ministers heißt es: „Die Grundschule in Wust ist seit dem 31. Juli 2014 geschlossen und wird seitdem als Außenstelle der Grundschule Schönhausen genutzt. Entsprechend der Verordnung zur Schulentwicklungsplanung wurde die Außenstelle zur Absicherung der Unterrichtsversorgung aufgrund fehlender räumlicher Voraussetzungen am Standort Schönhausen befristet und übergangsweise genehmigt. Mitte kommenden Jahres wird nach meinem Kenntnisstand die räumliche Situation soweit hergestellt sein, dass die Außenstelle im kommenden Schuljahr nicht mehr benötigt wird.“ Doch genau das ist nicht der Fall.

Für Steffi Friedebold wäre „die Wahrnehmung der Einladung ein wichtiges Signal für die hiesige Bevölkerung, welche sich abgeschnitten von vielen Entwicklungen sieht (siehe auch Breitbanderschließung).“

Das Elbe-Havel-Land möchte Wust nicht nur als Außenstelle vorübergehend erhalten, sondern dauerhaft, will das Land doch auch keine kleinen Schulen mehr schließen. Dazu heißt es im Brief des Ministers: „Die Einführung des Grundschulverbundes ist Teil der Schulgesetznovelle, deren Entwurf gegenwärtig im Landtag beraten wird und die zum kommenden Schuljahr 2018/2019 Gültigkeit erlangen soll. Diesen Beratungsprozess und die letztliche Entscheidung des Parlaments gilt es abzuwarten. Vor dem Hintergrund ist die Durchführung von Modellversuchen zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorgesehen.“ Und das Ministerium weist abschließend darauf hin, „dass es nicht beabsichtigt ist, durch die Bildung von Schulverbünden bereits geschlossene Schulstandorte wieder zu eröffnen“.