1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Havelberg
  6. >
  7. Angler wollen weiterhin an der Elbe angeln

Natura 2000 Angler wollen weiterhin an der Elbe angeln

Angelfreunde aus Schönhausen und Klietznick im Jerichower Land hatten sich in Schönhausen getroffen.

Von Ingo Freihorst 08.10.2018, 18:00

Schönhausen l  Es ging erneut um das an der Elbe geplante Natura-2000-Schutzgebiet. Mit Gert Zender, dem Abteilungsleiter für Landwirtschaft und Umwelt im Landesverwaltungsamt Halle, hatten die Angler einen kompetenten Gesprächstpartner ins Domizil der Schönhauser Angelgruppe eingeladen. „Unschöner Anlass ist der neueste Entwurf zu Natura 2000, wo wir Angler mit einigen Änderungen nicht einverstanden sind“, begrüßte Ortsgruppenvorsitzender Bernd Witt als Gastgeber.

Vor allem die im Entwurf neu zu findenden „sensiblen Uferbereiche“ stoßen den Anglern bitter auf. In diesen Arealen ist das Angeln von Mitte April bis Ende Juli untersagt – und diese Bereiche liegen genau dort, wo man noch an die Elbe fahren könnte. Denn es gibt zwischen Schönhausen und Sandau nur drei öffentliche Zuwegungen, auf welche man mit dem Fahrzeug ans Elbufer gelangt: Die Fährstraßen in Sandau und Neuermark-Lübars sowie die Panzerüberfahrt bei Hohengöhren.

Die Schönhauser Angler haben die Elbe zwischen den Kilometern 392 und 397 gepachtet, mindestens 3,6 Kilometer davon liegen dann wohl im Schutzgebiet. Die Angler sammeln in dem Bereich seit jeher allerhand Müll zusammen, man könne niemanden erklären, wenn sie dieses Gebiet künftig nicht mehr betreten dürfen, meinte Bernd Witt. Erst kürzlich wurden wieder 30 Säcke Müll gesammelt, ergänzte Witts Stellvertreter Eckhard Habiger – zum Beispiel vom Hohengöhrener Kiesloch. Er habe noch keinen Naturschützer hier Müll sammeln sehen.

Der Hallenser Abteilungsleiter erklärte vorab, dass von den etwa 3000 Hinweisen und Einwänden zum Natura-Entwurf derzeit erst die Hälfte abgearbeitet sei. Für weitere Hinweise sei es also noch nicht zu spät, bis zum letzten Tag sei das Amt gesprächsbereit. Er räumte ein, dass die Angler von der Verordnung erheblich betroffen seien.

Dass Angler auch Naturschutzaufgaben wahrnehmen, erklärte Eckhard Habiger anhand eines Beispiels: Erst kürzlich fing der Fischer Gernot Quaschny über 600 Schwarzmundgrundeln in seinem Netz. Die Fischart ist aus Südosteuropa eingewandert und vermehrt sich explosionsartig. Weil der Aalbestand stark rückläufig ist, hat die Grundel kaum natürliche Feinde und setzt den Jungfischen arg zu. „Wir werden in der Elbe Probleme mit den Fischbeständen bekommen“, warnte der Schönhauser.

Bernd Witt unterbreitete einige Änderungsvorschläge, damit den Anglern wenigstens etwas vom Elbufer verbleibt. So sollte die sensible Zone an der Panzerüberfahrt nordwärts hin zum Werder verlagert werden. Denn an dieses Areal komme niemand nicht heran, Vögel können also ungestört brüten.

Gert Zender gab zu bedenken, dass dem Vorschlag auch das Biosphärenreservat zustimmen müsste, der Bereich an der Panzerüberfahrt wurde wegen seiner flachen Buhnenbereiche und des hier vorkommenden Regenpfeifers als schützenswert auserkoren.

Überrascht waren die Schönhauser Angler auch davon, dass das Elbufer gegenüber von Hämerten – also dort, wo sich das Uhlenwiel befindet – als sensibler Bereich ausgewiesen wurde. Dort gebe es tiefe Bereiche zwischen den Buhnen, wo gerne geangelt wird. Denn nur Buhnen, an welche man auch heranfahren könne, seien für die Petrijünger interessant. Hier führt ein Weg an der Elbe entlang, weshalb man hier auch künftig uneingeschränkt angeln möchte.

Auch ergab sich in dem Zusammenhang eine weitere Frage der Angler: Können solche Wege weiterhin genutzt werden? Genutzt werden dürfen alle Wege, welche im Luftbild als solche erkennbar seien, kam die Antwort. Voraussetzung sei aber, dass Nutzer und Eigentümer dem Befahren zustimmen. Ohnehin gelte außerhalb der Schutzzonen lediglich das Wegegebot, dieses wird im Waldgesetz geregelt. In den Schutzzonen dürfen allerdings nur die gewidmeten Wege benutzt werden.

Das Befahren der Wege an der Elbe sei auch vom Wasserstand des Flusses abhängig, informierte Fischermeister Gernot Quaschny. Bei Niedrigwasser, wie es derzeit herrsche, sehe das Ufer ganz anders aus. Auch er war mit einem sensiblen Bereich an der Alten Elbe bei Jerichow nicht einverstanden, das soll aber noch geändert werden, wurde ihm gesagt.

Ebenso sollten die sensiblen Bereiche unterhalb der Fähranleger in Sandau und Neuermark-Lübars weiter nach Süden verlegt werden, kam ein weiterer Wunsch der Angler. Zudem befinde sich unterhalb der Arneburger Fähre auch die Badestelle der Neuermarker.

Die Klietznicker Angler würden durch die neu festgelegten sensiblen Bereiche noch ärger eingeschränkt. Sie haben bislang nur zwei Elbkilometer zum Angeln – und diese sollen laut neuem Entwurf auch noch wegfallen. Dafür gab es zum Ausgleich 30 Angelstellen, wo man aber zumeist kaum herankommt – nutzbar sind davon maximal drei Plätze, informierte Mario Witte und Patrick Kohrt vom Vorstand. Oberhalb der Mündung der alten Elbe seien drei Buhnen von Anglern rege genutzt, sie sollen auch wegfallen.

Gern würden die Klietznicker Petrijünger unterhalb des Bucher Bracks weiterhin ihre Angeln auswerfen. Die Klietznicker Angler seien also stark betroffen, wenn die Regelungen so umgesetzt würden, erklärte Gert Zender.

Die alte Elbe verlande immer mehr, sie müsste an den Fluss zwecks besserer Durchströmung komplett angeschlossen werden. Auch das Bucher Brack sei hoch zugewachsen – ein Biotop für Vögel sei das nicht, der ursprüngliche Bestand existiert nicht mehr.

Schon jetzt gibt es hier mit dem Bucher Brack ein vier Kilometer langes Schutzgebiet an der Elbe. Das wurde schon zu DDR-Zeiten ausgewiesen, wobei das Angeln ohne Grundlage verboten wurde. Doch in der DDR habe das niemanden interessiert, da in der stinkenden Elbe damals ohnehin niemand geangelt habe, erklärte Gernot Quaschny.

Die Angler würden es auch begrüßen, wenn jährlich überprüft wird, ob die neuen Regelungen etwas bewirkt haben. Bei dieser Aktion müsste dann aber auch der Angelverband mit ins Boot geholt werden.

Wie verhält es sich mit dem Nachtangelverbot, wollte Bernd Witt zudem wissen. Es gibt Mindestanforderungen, welche die EU für die Schutzgebiete vorgibt, antwortete Gert Zender. Das generelle Verbot von Übernachtungen ist allerdings vom Tisch.

Gut würden es die Angler auch finden, wenn die Mindestteilnehmerzahl von 25 bei Gruppenaktionen noch nach oben korrigiert würde. So manche Schulklasse habe schon mehr Schüler. Auch das Genehmigungsprozedere müsste beschleunigt werden.

Das Angeln vom Boot aus sei weiter erlaubt, nur darf das Ufer dabei in der Brutzeit nicht betreten werden. Hierzu merkte Bernd Witt an, dass er als Fischereiaufseher dann aber auch keinen Wildangler stellen könne. Für diese Hilfsbeamten müssen also noch Sonderregelungen getroffen werden.

Die Natura-2000-Verordnung soll ab dem kommenden Jahr in Kraft treten. Es wird eine Übergangsfrist geben, da die betroffenen Gebiete nur nach und nach ausgeschildert werden können. Die Umsetzung der Verordnung obliegt den Landkreisen.