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Schreibhobby Mit zwei Enkeln fing alles an

Kinder und Senioren mögen Geschichten aus Kümmernitz. Und zwar von einer der Einwohnerinnen des Ortsteiles: Veronika Schilling.

Von Dieter Haase 28.05.2018, 19:46

Kümmernitz l „Hallo, Hallo. Ich heiße Juni und habe euch einen wunderschönen, sonnigen Wandertag mitgebracht. Wollt ihr alle mit mir einen Waldspaziergang machen? Was denkt ihr, was es dort alles zu sehen gibt und welche Tiere wir dort treffen? Unter den Waldbewohnern ist zur Zeit viel Aufregung. Überall gibt es Nachwuchs. Die kleinen Vögelchen sind aus den Eiern geschlüpft und lernen fliegen und singen. Aber auch bei den Wildschweinen, den Rehen und Hirschen und auch bei den Füchsen laufen die Jungtiere mit ...“

So beginnt die Geschichte „Hurra, Hurra, der Frühling ist da“. Vielen Mädchen und Jungen in den Havelberger Kindergärten und im Brandenburgischen bis hin nach Pritzwalk ist sie bereits bekannt, denn entstanden ist sie in Kümmernitz, dem „Grenzdorf“ zwischen den Bundesländern Sachsen-Anhalt und Brandenburg.

Hier wohnt Veronika Schilling, die, wie sie sagt, „eine Menge Spaß am Schreiben“ findet. Und das nicht erst seit gestern oder vorgestern. Seit über zehn Jahren denkt sie sich Geschichten aus. Vor allem welche für Kinder. „Ich schreibe auf, was mir gerade so in den Sinn kommt und spinne es dann bis zum Ende aus. Ich finde dabei prima Entspannung“, erzählt sie. Oftmals erfindet sie dabei Altbekanntes neu, bringt es auf den heutigen, modernen Stand der Zeit. So wird aus „Robinson Crusoe“ ein „Robinson Couroso“, der mit seinem Kleinflugzeug während eines starken Gewitters auf einer einsamen Insel strandet. Im Gegensatz zum Original sind Handy, Computer, Taschenlampe, Campinggeschirr, Feuerzeug und viele andere nützliche Dinge aber an Bord des kaputten Flugzeuges. Und auf der Insel schließt Robinson Couruso schnell Freundschaft mit den hier lebenden Affen ... Recht abenteuerlich entwickelt sich diese Geschichte somit auch in der Gegenwart.

Ihr Hobby entdeckt hat Veronika Schilling vor allem mit ihren Magdeburger Enkelkindern Carolin Zander und Christoph Täger, die zu ihren Kindheitszeiten in den Ferien fast immer zu Besuch bei der Oma in Kümmernitz waren. Heute sind die beiden erwachsen. „Es war für uns dann immer eine schöne Beschäftigung, uns vor dem Schlafengehen kleine Geschichten auszudenken. Mit der Besonderheit, dass einer von uns dreien eine Geschichte begann und ein anderer sie beendete. So wusste mittendrin keiner von uns, wie sie letztlich ausgehen würde“, erinnert sich die Kümmernitzerin gerne an diese Zeit zurück. Die meisten Ideen dabei hätten übrigens die Enkelkinder gehabt.

Die Geschichten wurden schließlich aufgeschrieben und noch ein bisschen ausgeschmückt. Letztlich ist daraus ein kleines Kinderbuch mit 13 Erzählungen unter dem Titel „Mariechens Träume“ entstanden, das der Elb-Havel-Verlag im Jahr 2008 herausgegeben hat. Verständlicherweise ist Veronika Schilling noch heute sehr stolz auf dieses Gemeinschaftswerk mit ihren Enkelkindern. „Das ist meine und ihre Art, unsterblich zu sein. Und das nicht nur in unserer recht großen Familie“, erklärt die 70-Jährige aus Kümmernitz. Noch viele Generationen von Kindern, aber auch von Erwachsenen könnten sich an diesem kleinen Buch erfreuen.

Und sie verrät: „In der Zwischenzeit hat sich bei mir noch soviel Geschriebenes angesammelt, dass da­raus locker ein zweites Kinderbuch werden könnte.“ Derzeit denkt sie allerdings noch nicht an eine Veröffentlichung. Denn: „Das alles will gut vorbereitet sein ...“

Aus ihrer Feder stammt übrigens auch so mancher Text für die Kinderprogramme des Havelberger Vereins „Blaue Herzen für Kinderfreundlichkeit“. Als dieser zum ersten Mal seine Symbolfigur, das Blaue Herz, der Öffentlichkeit präsentierte, präsentierte er als weitere Premiere auch den Vorstellungstext „Das kleine Blaue Herz“ von Veronika Schilling dazu. Zu ihrem 70. Geburtstag vor einigen Wochen überraschte der Verein sie mit einem kleinen Auftritt des Blauen Herzens, und Veronika Schilling standen vor Rührung die Tränen in den Augen. Denn aus dem Lautsprecher konnte die Jubilarin dabei unter anderem folgendes hören: „Ich bin das kleine Blaue Herz. Ich fühle Freude und auch Schmerz. Ich kann tanzen und auch springen und viele schöne Lieder singen. Ich kann staunen und auch lachen, aber auch Dummheiten machen“. – Ihr Text. Schließlich wurde Veronika Schilling auch noch mit der Ehrung „Blaues Herz für Kinderfreundlichkeit“ bedacht.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass sie lange Zeit auch Bewohner im Evangelischen Seniorenzentrum mit Lesungen erfreut hat. Und auch an diesem Ort gibt es etwas Bleibendes, etwas Unsterbliches von Veronika Schilling: ein Lied über das Evangelische Seniorenzentrum.