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Steuerzahlerbund Mit der Buga ins Schwarzbuch

Mit dem Buga-Defizit hat es die Hansestadt Havelberg erstmals ins Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes geschafft.

Von Andrea Schröder 11.10.2016, 18:55

Havelberg l „Das Schwarzbuch – Die öffentliche Verschwendung 2016/17“ widmet ein Kapitel gleich auf den ersten Seiten der Hansestadt Havelberg. Unter dem Titel „Blumen, Blüten und Bilanzen“ ist die Bundesgartenschau 2015 in der Havelregion thematisiert. Das Defizit in Höhe von 19 Millionen Euro insgesamt, das sich die fünf Ausrichterkommunen teilen, ist ebenso genannt, wie 625 000 Euro, die den Anteil der Hansestadt daran ausmachen. Geschrieben steht auch, dass sich das Land Sachsen-Anhalt und Havelberg mit 3,5 Millionen Euro an der Buga-Finanzierung beteiligten, wovon das Land 90 Prozent übernahm. Und dann steht dort auch: „Während die Verantwortlichen mit 1,5 Millionen Besuchern an den 177 Ausstellungstagen gerechnet hatten, kamen tatsächlich 500 000 weniger. Vor allem Regen und Sturm hatten der Buga das Geschäft buchstäblich verhagelt.“

Der Bund der Steuerzahler, der jährlich sein Schwarzbuch herausgibt, bilanziert, dass das Land 400 000 Euro am Havelberger Teil des Defizites bezahlt. „Somit bleibt Havelberg noch auf einem Verlust von 225 000 Euro sitzen. Zwar zieht Havelberg alles in allem eine positive Bilanz und freut sich darüber, dass mit der Buga ihre Stadt bundesweit bekannt gemacht wurde, aber Verlust bleibt Verlust.“ Und dann gibt es auch noch diesen Abschnitt mit der Überschrift „Der Bund der Steuerzahler meint“: „Eine Million Buga-Besucher schlagen sich zwar erst einmal positiv nieder – zum Beispiel in mehr Hotelübernachtungen. Die touristischen Auswirkungen sind aber eher temporär. Somit war auch diese Buga nicht mehr als ein Prestigeprojekt, das den Steuerzahlern teuer zu stehen kommt.“

Genau ein Jahr, nachdem die Bundesgartenschau am 11. Oktober 2015 ihre Pforten nach 177 Tagen geschlossen hatte, sprach die Volksstimme gestern mit Havelbergs Bürgermeister Bernd Poloski über diese Schelte, die Havelberg nun bekommen hat. Es ist das erste Mal, dass die Hansestadt in diesem Schwarzbuch aufgeführt wurde. Darauf hätte das Stadt­oberhaupt zwar verzichten können, doch kann er damit leben. „Der Fakt an sich ist natürlich nicht zu bestreiten und wir gehen von einem Defizit von 650 000 Euro für uns aus. Doch relativiert der Bund der Steuerzahler in seinem Schreiben an mich die Kritik selbst, wobei ich auch da nicht mit jeder Aussage mitgehen kann.“ In dem Brief steht, dass sich die Kritik „nicht im Speziellen gegen Havelberg, sondern vielmehr gegen schlechte Planungen und Einschätzungen im Vorfeld richtet“. Dazu sagt der Bürgermeister, dass die 1,5 Millionen Besucher bei solch einer Großveranstaltung nicht unrealistisch gewesen sind. „Wir hatten im Vorfeld zwei Gutachten anfertigen lassen und Vergleichszahlen anderer Bundesgartenschauen herangezogen. Wir fünf Kommunen waren auch nicht allein, die Deutsche Bundesgartenschau Gesellschaft gehört unserem Zweckverband an und brachte ihre Erfahrungen ein. Die Aussage, hier gab es schon Fehler in der Planung, würde ich deshalb nicht uneingeschränkt teilen.

Auch diesen Satz nimmt der Bürgermeister nicht einfach so hin: „Auch uns ist klar, dass Havelberg von der Buga vor allem im kurzfristigen touristischen und städtebaulichen Sinne profitiert und als Stadt vergleichsweise mit wenig Mitteleinsatz für sich größere Effekte erzielen kann.“

Bernd Poloski dazu: „Gerade die städtebaulichen Investitionen sind keine kurzfristigen. Ob in der Infrastruktur oder bei verschiedenen baulichen Anlagen – sie haben über Jahrzehnte Bestand, haben in unserem Anlagevermögen eine Abschreibung von 30 bis 50 Jahren.“

Zum touristischen Bereich: „Dieses Jahr hat schon gezeigt, dass wir als Stadt einen deutlichen Zuwachs an Besucherzahlen haben und wir wissen von vielen Gästen, dass sie ganz bewusst hierher gekommen sind, um sich Havelberg und die Region in Ruhe anschauen zu können.“

Wie schon bei vorherigen Debatten um das Buga-Defizit machte der Bürgermeister noch einmal deutlich, dass ihm eine Gesamtbilanz fehlt, die sämtliche Buga-Effekte zwischen Potsdam und Arendsee berücksichtigt. „Nicht nur Hotellerie und Gastronomie haben von der Buga profitiert. Im Vorfeld wurden rund 40 Millionen Euro in die kommunale Infrastruktur investiert. Wenn ich allein bei uns an die sanierten Ortsdurchfahrten und das Haus der Flüsse denke oder an die vielen privaten Initiativen zur Sanierung von Häusern. Diese Investitionen haben Aufträge ausgelöst und Arbeitsplätze gesichert. Und während des Buga-Jahres wurden zusätzliche Arbeitsplätze in Größenordnung geschaffen. Von diesen Arbeitnehmern sind im Bereich Havelberg heute noch 25 Prozent in Arbeit.“ Und auch das ist ihm wichtig: Hätte jeder, der von der Buga profitiert hat, einen Euro bezahlt, müssten die fünf Ausrichterkommunen nicht über ein hohes Defizit reden. „Unser Haushalt, der nicht ausgeglichen ist, würde im Übrigen ohne das Defizit nicht besser oder schlechter aussehen. Unseren Anteil von rund 250 000 Euro gleichen wir durch Steuermehreinnahmen in der Gewerbesteuer und Anteilen an der Einkommenssteuer aus.“

Zu guter Letzt: „Die Buga hat zum Selbstwertgefühl der Menschen hier beigetragen, was wir im ländlichen Bereich nicht oft haben. Viele fühlen sich abgehängt, was sich in den Wahlergebnissen niederschlägt. Warum soll man nicht auch als Kleiner was Großes wagen? Für die meisten war die Buga ein einmaliges und sehr schönes Erlebnis.“