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25 Jahre Einheit Als Fremde in den Heimatort zurück

In Breitenrode wuchs Uta Bruhn auf. Nach 40 Jahren kehrte sie an ihren Geburtort zurück.

Von Harald Schulz 02.10.2015, 01:01

Breitenrode l Als Kind floh Uta Stottmeister mit Mutter, deren Schwester und Geschwister im Jahre 1953 über die Aller in den Westen. Sie lernte später in der Lehre ihren Ehemann Günter Bruhn kennen und lieben.

Diese enge Zweisamkeit ließ Uta Bruhn und ihren Ehemann nicht verzweifeln, als sie nach 40 Jahren gleich nach der Wende in ihren Heimatort zurückkehrte, um als Rentnerpaar dort den Lebensabend zu genießen. „Es verging eine kleine Ewigkeit, bis wir dank unverhofftem Glück und vieler Hände Hilfe in mein Elternhaus einziehen konnten“, strahlt eine heute glückliche Breitenroderin.

Glück hatten die Bruhns, weil nach der Flucht das Grundstück nicht zwangsenteignet worden war, somit der Besitz im Grundbuch immer noch dokumentiert stand. Viele Hände waren notwendig, weil die Hofstelle und das Wohngebäude „voll mit Müll, Schrott und Bauschutt unter und über der Erde vollgestopft war“, so Günter Bruhn. „Wir kamen damals noch von unserer Wohnung in Wolfsburg nach Breitenrode. Jedes Wochenende plagten wir uns, oft bis an den Rand der Erschöpfung, um den Hof und das Gebäude wieder auf Vordermann zu bringen“, erinnert er sich. „Und ich hatte in der ersten Zeit wirklich Angst, mich im Dorf zu zeigen. Mit damaligen Bekannten nun als wieder Zugezogene Worte zu wechseln. Schon unbehaglich“, lautete eine andere Erinnerung, diesmal von Uta Bruhn.

Die Bruhns stießen nicht nur auf pure Neugier und so manche spitze Bemerkung, aber auch auf Breitenroder, die anpackten, darunter der Stellmacher Benno Wolf. So entstanden auch die ersten Kontakte zum Oebisfelder Ulrich Pettke, dem Vorsitzenden des dortigen Heimatvereins. Nach einem Wochenendleben in einem kleinen Blockhaus, zogen die Bruhns im Jahre 1999 endgültig nach Breitenrode. Heute zählt das Ehepaar zu den Aktivposten im Dorfleben, auch durch Gründung der Heimatstube im Jahre 2007 – wieder mit Hilfe zahlreicher Breitenroder Heimatliebenden.

Das Dorf „blutete aus“. Mit der Wende verschwanden zuerst der Konsum, die kleine Dorfkneipe und von einst 17 Bauernhöfen blieb bis heute nur einer übrig, bedauert Günter Bruhn. „Kleinen Handwerksbetrieben blieb bei dem Konkurrenzdruck nur noch die Aufgabe. Schlimm. Der Aufbruchsstimmung nach der Wende folgte doch sehr schnell die Rückkehr zur Realität“, meint Bruhn erkannt zu haben.

Die Wiedervereinigung brachte aber auch sehr viel Gutes mit sich, so das Urteil von Bruhn. „Naja, zuallererst bescherte der Straßenneubau dem Dorf Sauberkeit und leicht zu befahrbaren Dorfstraßen. Und die Rentner erhielten trotz West-Ost-Gefälle immer noch deutlich mehr Bezüge als zu DDR-Zeiten. Nicht zuletzt die Entscheidungsfreiheiten in vielen Bereichen und die Wiedervereinigung selbst, geben diesem Teil der deutschen Geschichte einen unschätzbaren Wert“, so die Einschätzung von Uta und Günter Bruhn.