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Milchpreise Punke: „So ernst war es noch nie“

Die sinkenden Preise für Rohmilch machen den Landwirten zu schaffen. Inzwischen ist die Situation für einige von ihnen existenzbedrohend.

Von Siegmar Riedel 01.04.2016, 03:00

Klötze l Für die Milchbauern in der westlichen Altmark wird es ernst. Grund dafür sind die weiterhin fallenden Preise für Rohmilch. 24 Cent pro Liter werden den Landwirten aktuell bezahlt. Zu wenig, finden die Bauern. „So ernst, wie es jetzt ist, war es noch nie“, sagt Raimund Punke.

Ihm geht es nicht nur um den Milchpreis. „Schwerpunkte sind neben der Milch auch Schweinefleisch und Geflügel“, erläutert er. „Vier Euro für ein Schnitzelstück aus dem Supermarkt sind ein Witz.“

Der Bauernverband des Landes hatte sich deshalb in der vergangenen Woche dazu entschlossen, vor den Zentralen der Handelsketten in Magdeburg zu demonstrieren und damit auf die prekäre Situation für die Landwirte aufmerksam zu machen. „Wir müssen zeigen, dass wir noch leben und Aktionen starten“, begründete Punke. „Denn viele Menschen aus der Stadt wissen nicht, wie schlecht es uns Bauern geht.“ Der Preis, den die Bauern für einen Liter Rohmilch bekommen, sei erneut abgeschmiert, eine Ende nicht abzusehen.

Den Verbrauchern will Punke nicht die Schuld geben, nur weil sie preiswert einkaufen. Als Verursacher der Situation hat er die Handelsketten ausgemacht. „Die haben keine Not, die Milchpreise weiter zu senken“, sagt er.

Im Jahr 2009 hat es schon einmal einen ähnlichen Effekt auf dem Milchmarkt gegeben. Damals rutschte der den Bauern gezahlte Literpreis unter 24 Cent. Punke: „Seitdem sind einige Jahre vergangen. Zwischen den Futtermittelpreisen von damals und heute liegen Welten. Alles ist teurer geworden.“ Die Folge: „Mit 24 Cent pro Liter kann ein Milchbauer nicht überleben, das ist ein Zuschussgeschäft.“

Raimund Punke selbst kann den Verlust für die Milcherzeugergenossenschaft in Klötze mit einer Biogasanlage noch kompensieren. Das aber gehe auch nur über einen gewissen Zeitraum. „Die Stimmung bei den Milchbauern und Schweinewirten ist im Keller“, sagt er. Erschwerend komme hinzu, dass auch die Preise für Getreide und Raps ungewöhnlich niedrig sind. Damit fehlen den Landwirten weitere Einnahmen durch den Verkauf dieser Feldfrüchte.

Die Landwirte kennen auch den Vorwurf, es sei zu viel Milch auf dem Markt und Milchbauern sollten sich in ihrer Produktion umorientieren. Doch das kann nicht jeder Betrieb stemmen, entgegnet Punke. „Einige haben bereits das Handtuch geworfen.“

Annegret Jacobs, Geschäftsführerin des Kreis-Bauernverbandes Altmark West, weiß von vier Milchbauern, die aufgehört haben. Sie schränkt aber ein, dass jeder Betrieb seine Besonderheiten hat und deshalb nur bedingt Vergleiche gezogen werden können. „Die schlechten Preise zwingen die Bauern zu überlegen, wo ihre berufliche Zukunft liegt“, erläuterte sie. „Die Bauern rechnen derzeit mit ganz spitzem Bleistift. Doch wer einmal mit Kühen aufgehört hat, fängt nicht wieder an.“

Die Landwirte ihrerseits fordern deshalb ein Umdenken in Politik und Gesellschaft. „Wenn zu viel Milch auf dem Markt ist, liegt das nicht an Deutschland“, sagt Punke. „Die Iren und Holländer sind das Problem.“ Sie würden zum Teil 50 Prozent mehr Milch liefern als vor der Krise, in Deutschland würden dagegen nur 3,5 Prozent mehr Milch produziert. „Es gibt keinen Markt, der das aufnehmen kann.“ Das Russland-Embargo müsse aufgehoben werden, was aber nicht passieren würde.

Punke verlangt zudem eine Änderung des Milchsystems. Milchbauern haben eine Lieferpflicht an die Molkereien. Sie bekommen eine Summe genannt, das Geld erhalten sie aber erst einen Monat später. Und: Die Kündigungsfrist bei den Molkereien betrage zwei Jahre, erklärt Punke. Er verlangt deshalb: „Landwirte müssen das Geld für ihre Milch sofort erhalten und die Summe darf nicht unter dem Einstandspreis liegen, der für die Milchproduktion nötig ist.“