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  7. "Dorf der Vergessenen" hat sich zum blühenden Ort gemausert

Jübarer Radfahrgruppe erkundete bei ihrer Tour Wendischbrome und war vollauf begeistert "Dorf der Vergessenen" hat sich zum blühenden Ort gemausert

Von Walter Mogk 25.07.2011, 06:39

Wendischbrome war das Ziel der Julitour der Jübarer Radfahrgruppe. Bei einem Rundgang lernten sie den Ortsteil, der bis 1989 für viele unerreichbar im Grenzsperrgebiet lag, von seiner besten Seite kennen. Fazit der Besucher: Es hat sich eine Menge zum Positiven verändert.

Wendischbrome/Jübar. Elisabeth Meyer kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. "Es ist ein Wahnsinn, was hier in den vergangenen Jahren passiert ist. Die Leute haben wirklich fleißig für ihren Ort gearbeitet", war die Jübarerin nach dem Rundgang durch Wendischbrome vollends begeistert. Jahrelang war sie als Versicherungsinspektorin tätig und kam dabei mit dem Auto und auch mit dem Fahrrad durch den heutigen Jübarer Ortsteil. Doch wie schön das Dorf tatsächlich geworden ist, habe sie erst bei der Erkundung zu Fuß so richtig sehen können, zu der der Wendischbromer Hartmut Schulze die Mitglieder der Jübarer Radfahrgruppe bei ihrer Ankunft am Donnerstag mitnahm.

Der ehemalige Feuerwehrchef wusste zu nahezu jedem Haus etwas zu sagen. "Hier stand die neue Schule", zeigte Schulze auf eine mit Bäumen und Büschen bestandene Stelle. Bis Ende der 50er Jahre wurden hier die Kinder des Dorfes von vier Lehrern unterrichtet. "Dann gingen alle nach Nettgau", erklärte der Wendischbromer. Das Gebäude wurde zwischenzeitlich als Wohnung des Bürgermeisters und des Polizisten genutzt, stand ein paar Jahre leer und wurde schließlich abgerissen. "Damit es nicht als möglicher Unterschlupf für Republikflüchtlinge dienen konnte", wusste Schulze den Grund.

Die unmittelbare Grenznähe machte dem kleinen Dorf schwer zu schaffen. In den 70er Jahren lebten dort nur noch 63 Menschen. Da Wendischbrome im Sperrgebiet lag und nur mit Passierschein betreten werden konnte, zogen vor allem jüngere Einwohner weg. Zurück blieben die Alten, viele Gebäude verfielen. Was leer stand, wurde weggerissen. "Wendischbrome sollte langsam ausgetrocknet werden, das war vom Staat so gewollt", erinnerte sich der Jübarer Norbert Schulz.

Die Wende und der Mauerfall kamen für das Dorf gerade noch rechtzeitig. Vor allem Zuzügler aus dem benachbarten Brome sorgten für einen wahren Bauboom und eine Bevölkerungsexplosion. Demnächst kann Wendischbrome seinen 116. Einwohner begrüßen. "Etwa die Hälfte davon kommt aus den alten Bundesländern, zudem haben wir ungefähr 20 Kinder im Dorf", berichtete Hartmut Schulze. Aus dem "Dorf der Vergessenen", wie Wendischbrome noch 1994 vom "Zeit-Magazin" in einem Artikel tituliert wurde, ist ein Dorf mit Zukunft geworden. Lohn der Bemühungen war der dritte Platz im diesjährigen Kreis-Dorfwettbewerb.

Zu den ortsansässigen Betrieben gehört die Hofschlachterei Schulz, die die Teilnehmer der Tour besichtigten. Vor vier Jahren haben Olaf und Heiko Schulz den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt, heute beschäftigen sie insgesamt 15 Mitarbeiter. "Alle haben mir damals abgeraten, aber wir waren von unserer Idee überzeugt, und ich habe es bis heute nicht bereut", sagte Heiko Schulz. Von der Qualität der in der Fleischerei hergestellten Wurst konnten sich die Radler anschließend bei einer herzhaften Vesper im Dorfgemeinschaftshaus selbst überzeugen.