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Wasserwacht Jeder sollte schwimmen können

Die Wasserwachtler sorgen im Klötzer Freibad für Sicherheit. Die Ehrenamtler bringen Kindern in Kursen auch das Schwimmen bei.

Von Markus Schulze 08.07.2016, 03:00

Klötze l Nach Angaben der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sind im vergangenen Jahr in Deutschland mindestens 488 Menschen ertrunken. Unfallschwerpunkt Nummer eins sind unbewachte Binnengewässer. In Freibädern und Hallenbädern kommt es hingegen nur äußerst selten zu Unglücken. Und auch im Klötzer Waldbad darf man sich getrost sicher fühlen. Das ist in erster Linie Schwimmmeister Roland Gille zu verdanken, aber auch der Wasserwacht des Deutschen Rotes Kreuzes (DRK). Die Gruppe wird seit 20 Jahren von Gilles Frau Monika geleitet. Die Ehrenamtler passen auf, dass niemand ertrinkt und leisten zudem bei Verletzungen Erste Hilfe. Die Wasserwachtler sind allesamt ausgebildete Ersthelfer, machen jedes Jahr intern eine Schulung und belegen alle zwei Jahre einen Lehrgang, wie Monika Gille der Volksstimme am Dienstag im Klötzer Freibad erzählte.

Eigentlich sollte an diesem Abend ein Schwimmkurs stattfinden. Doch das Wasser war nur knapp 20 Grad warm, es regnete in Strömen und der Wind erzeugte im Becken einen gehörigen Wellengang. Deshalb rief Monika Gille alle Eltern an und sagte ab. „So hat das keinen Sinn.“ Am Montag soll es dann weitergehen.

In diesem Jahr bietet die DRK-Wasserwacht drei Schwimmkurse an. Alle Plätze, 30 an der Zahl, sind belegt. Jeder Kurs erstreckt sich über zwei Wochen, die Teilnehmer sind zwischen sechs und neun Jahre alt. Wer sich gut anstellt, hat schon nach wenigen Tagen sein Seepferdchen. Dazu muss ins Wasser gesprungen und eine Strecke von 25 Metern zurückgelegt werden. Außerdem ist ein Gegenstand aus schultertiefem Wasser heraufzuholen. Die Klötzer Wasserwachtler legen sogar noch strengere Maßstäbe an. Bei ihnen gilt es, 50 Meter zu absolvieren, wobei einmal angehalten werden darf. Die Kinder bekommen auch Hausaufgaben und müssen daheim Trockenübungen machen.

„98 Prozent aller Teilnehmer schaffen das Seepferchen“, informierte Monika Gilles Sohn Christian, der ebenfalls bei der Wasserwacht aktiv ist. Wer die Anforderungen für das Frühschwimmerabzeichen nicht gleich erfüllt, der wird in den nächsten Kurs übernommen. Im Übrigen haben die wenigsten Schwimmschüler Angst vor dem Wasser. Jedoch hat Familie Gille ganz allgemein festgestellt, dass es um die körperliche Konstitution der Kinder nicht mehr zum Besten bestellt ist. Erkennbar ist dies an motorischen Störungen und einer schlechteren Ausdauer im Vergleich zu früher. „Das kommt davon, dass die Kinder nicht mehr rausgehen, sich bewegen und spielen, sondern zuhause vor dem Computer sitzen“, meinte Monika Gille, die seit 32 Jahren Rettungsschwimmerin ist und seit 2003 auch Schwimmlehrerin.

Sie und ihr Team haben im vergangenen Jahr 1500 Stunden ehrenamtlich abgeleistet. Die Wasserwacht ist an den Wochenenden im Klötzer Freibad tätig und auf Anforderung auch in Kunrau, Zichtau oder Wischer. Eine Mammutaufgabe. Denn von den 41 Mitgliedern sind nur 20 aktiv, wie Monika Gille erklärte. Nachwuchs ist sehr willkommen. Immerhin zwei Personen befinden sich derzeit in Ausbildung.

Gerne würde die Wasserwacht auch Schwimmkurse für Erwachsene anbieten. Allerdings glaubt Monika Gille nicht, dass es dafür Anmeldungen geben würde. „Aus Scham. In Klötze kennt jeder jeden. Da würden sich die Leute genieren.“ Sie findet das traurig, weil es ganz viele Erwachsene gibt, die nicht schwimmen können. Nicht nur in Klötze, sondern auch anderswo.

Schließlich muss es ja eine Erklärung dafür geben, warum im vergangenen Jahr 488 Menschen in Deutschland ertrunken sind. „Manche Leute sind auch übermütig, leichtsinnig und unterschätzen die Gefahren“, nannte Christian Gille, der seit 1990 Rettungsschwimmer und ebenfalls seit 2003 Schwimmlehrer ist, weitere Gründe.

Er und seine Mutter würden sich wünschen, dass alle Menschen, ob Kind oder Erwachsener, schwimmen lernen. Denn: „Das ist etwas Elementares, genauso wie Lesen, Schreiben, Rechnen oder Fahrradfahren. Jeder, der ertrinkt, ist einer zu viel. Das müsste nicht sein.“

Außerdem bittet die Wasserwacht die Eltern darum, dass ihre Kinder auch nach dem Seepferdchen weiter schwimmen gehen. „Manche sieht man nie wieder“, wusste Monika Gille. Sie fügte hinzu: „Das Schwimmen kann man zwar nicht verlernen, aber man kann in alte Fehlermuster zurückfallen.“ Auch das kann gefährlich werden.