Verkehr in der Altmark Tempo-Smiley senkt die Raserzahlen

NETTGAU. - Die langgezogene, schnurgerade Ortseinfahrt von Nettgau, aus Richtung Mellin kommend, verleitet viele Autofahrer dazu, mit überhöhter Geschwindigkeit ins Dorf hineinzufahren. Hinzu kommen Laster, oft unterwegs von und zum nahen Holzwerkstoffzentrum, die vor allem unbeladen für eine enorme Geräuschkulisse sorgen, wenn sie plötzlich herunterbremsen. Die Einwohner fordern deshalb seit Langem, Maßnahmen zur Geschwindigkeitsbegrenzung im Ort umzusetzen, auch um Kinder und Radfahrer zu schützen.
Mit ins Boot genommen haben die Nettgauer den Altmarkkreis, der für die Straße zuständig ist. Landrat Steve Kanitz hatte sich bei einem Vor-Ort-Termin im Sommer selbst von der Verkehrssituation und der Raserei überzeugen können und versprochen, zeitnah eine Verkehrszählung zu veranlassen, um belastbare Daten für weitere Maßnahmen zu erhalten.
Dazu hat sich der Kreis eine Messtafel angeschafft, die von Ende Dezember bis Mitte Februar am Ortseingang installiert wurde. Sie registrierte nicht nur die Anzahl und Art der Fahrzeuge, sondern auch deren Tempo und quittierte dieses mit einem grünen oder roten Smiley. „Zuvor haben wir im Herbst über vier Wochen ohne die Tafel gemessen“, berichtete Kreis-Ordnungsamtsleiter Hans Thiele während einer Infoveranstaltung in Nettgau. Ergebnis: Von 5630 Fahrzeugen waren fast zwei Drittel zu schnell im Ort unterwegs. „Der Schnitt lag bei 65 Stundenkilometern“, so Thiele.
Variables Vorgehen nötig
Die Installation der Messtafel hat dann tatsächlich Wirkung gezeigt. Bei der ersten Messung Ende Dezember waren nur noch 44 Prozent der Autofahrer zu schnell. Offenbar hat der aufblinkende Smiley das schlechte Gewissen der Fahrer aktiviert und sie zum Bremsen veranlasst. Trotz zunehmender Gewöhnung stiegen die Raserzahlen in der Folgezeit nur leicht wieder an, wie bei der vierten Messung Ende Januar/Anfang Februar, zu beobachten war.
Den letzten Beweis, dass die Messtafel einen positiven Effekt hat, erhielt der Kreis dann nach deren Abschaltung Mitte März. Gemessen wurde trotzdem noch und das mit einem erschreckenden Ergebnis: Mehr als 80 Prozent der Autofahrer fuhren schneller als mit Tempo 50 in den Ort rein, der Schnitt lag sogar bei 71 Stundenkilometer. „Deutlich höher als bei unserer allerersten Messung. Die Leute haben sich wahrscheinlich gesagt: Endlich ist das blöde Ding weg, jetzt kann man wieder durchballern“, meinte der Landrat. In den vergangenen Tagen hatte dann die Polizei noch zweimal in Nettgau geblitzt und 13 Raser erwischt.
Steve Kanitz schlug den Nettgauern vor, als erste Maßnahme über die Gemeinde eine solche Smiley-Tafel anzuschaffen und aufzustellen. Um einen Gewöhnungseffekt zu verhindern, könne man zusätzlich variabel vorgehen. „Mal eine Zeit lang die Tafel wegnehmen und ab und zu unregelmäßige Kontrollen durch die Polizei“, riet der Landrat. Zudem könne man auch den mobilen Blitzer der Stadt Salzwedel dank einer Zweckvereinbarung anfordern und beispielsweise in Spitzenzeiten für Tempoverstöße auf Raserjagd gehen. Die liegen laut den Messungen gegen 6, 14 und 22 Uhr, wenn bei den großen Werken Schichtwechsel ist.
Bau von Schikanen gefordert
Doch auch darüber hinausgehende Maßnahmen sind für viele Einwohner noch nicht vom Tisch. So forderte der Nettgauer Eberhard Liebe den Einbau von Schikanen und Ausbuchtungen an der Ortseinfahrt, um den Verkehr abzubremsen. Hierfür wäre innerorts allerdings die Gemeinde zuständig und müsste schätzungsweise mehrere Hunderttausend Euro investieren.