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Kaiser-Otto-Preis Schwarze Limousinen vor dem Dom

Am Sonnabend stoppten schwarze Limousinen in Serie vor dem Dom. Die OSZE-Führungstroika kam zu kaiserlichen Weihen.

Von Katja Tessnow 21.09.2015, 01:01

Altstadt l Frank-Walter Steinmeier findet, dass Magdeburg immer eine Reise lohnt, der Dom ein „wunderschönes Haus“ ist und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) den Kaiser-Otto-Preis unbedingt verdient hat. Um den Außenminister das sagen zu hören, müssen Journalisten eine Stunde vor der Pressekonferenz erscheinen, sich ausweisen, ihre Taschen kontrollieren und vom Sprengstoffspürhund beschnüffeln lassen. Die Pressekonferenz vor der Preisverleihung im Dom fällt denkbar knapp aus. Zum Ärger der Kollegenschaft ist genau eine Frage erlaubt. Ein TV-Mann erkundigt sich nach den Flüchtlingen in der Türkei. Diplomat Steinmeier, eben zurück aus der Türkei, lobt die Leistungen des Landes bei der Flüchtlingsaufnahme. Sie sei bisher unterschätzt worden. Er habe großen Respekt. Die westliche Welt, das spricht auch aus Steinmeiers Worten, ist besorgt, dass die Türkei ihre Grenzen zur Durchreise öffnet. Das will man auf diplomatischem Wege verhindern und mit Geld.

Die brennenden Themen dieser Tage – die Flüchtlingsströme, die Toten im Mittelmeer, die mangelnde Einigkeit Europas im Umgang mit der Katastrophe, die Aufrüstung an den Grenzen – spielte am Ende nur eine untergeordnete Rolle beim Festakt im Dom. Hier ging es in erster Linie um die unbestrittenen Verdienste der OSZE und auch ihrer Vorgängerkonferenz KSZE bei der Annäherung von Ost und West, am Fall der Mauer und dem Ende des Kalten Krieges oder aktuell bei der Vermittlung in der Ukrainekrise.

Rund 350 Besucher, deutlich weniger als eingeladen, kamen zur feierlichen Preisverleihung in den Dom. Sie hörten Grußworte des Oberbürgermeisters und des Ministerpräsidenten, des Schweizer Außenministers Didier Burkhalter (OSZE-Vorsitzender 2014). Sein deutscher Amtskollege Steinmeier, der 2016 die OSZE-Führung übernimmt, durfte die Lobrede auf die geehrte Organisation halten. Ivica Dacic, serbischer Außenminister und amtierender OSZE-Vorsitzender, dankte gerührt und es wirkte nicht einmal unecht. Die OSZE sei weniger Ehre als Arbeit gewohnt, hatte der Schweizer Burkhalter zuvor gesagt. Die aktuellen Herausforderungen wiegen zu schwer, als dass die Organisation für alle eine Lösung parat hätte, schon gar keine schnelle. Steinmeier attestiert „Risse am Fundament der europäischen Sicherheitsordnung“, glaubt aber, dass die „Statik stimmt“.

Die OSZE ist eine Organisation ohne jegliches militärisches Mandat, ein überstaatliches auf reinen Konsens ausgelegtes Gremium, in dem alle Länder Europas, der Ex-Sowjetunion, die USA, Kanada und die Mongolei mitwirken. Die Herstellung von Übereinkünften zwischen den 57 Teilnehmern fällt schwer. OB Lutz Trümper nannte sie in seinem Grußwort „manchmal schier unmöglich“.

Hat die OSZE den Kaiser-Otto-Preis verdient? Die Anregung für den Preisträger lieferten in der Jury übrigens der Ex-Kulturbeigeordnete Rüdiger Koch und SWM-Geschäftsführer Helmut Herdt. Die Besucher der Preisverleihung schienen sich einig: ja. Auf Nachfrage begründeten Vertreter von Politik und Kirche ihre Überzeugung vor allem mit der Hoffnung auf eine fruchtbare Verständigung der OSZE-Staaten in „stürmischen Zeiten“ (Steinmeier) für Europa und vor den Außengrenzen des Kontinents. Trümper nennt die Verleihung des Preises eine „Verneigung vor dem europäischen Gedanken“. Wie sich dieses Europa aber heute weiterentwickelt, sei gerade jetzt nicht ganz klar. Der Preis für die OSZE solle ihr Ansehen und ihre Rolle als Friedensbotschafterin stärken.