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Stadtentwicklung Verkehrsversuch: Magdeburg sperrt den Breiten Weg für Autos

Eine Ratsmehrheit in Magdeburg setzt auf weniger Autos durchs Stadtzentrum und mehr Platz zum Verweilen. Zum Zweck wird ein weiterer Abschnitt des Breiten Weges autofrei - zunächst probeweise für einige Wochen.

Von Katja Tessnow Aktualisiert: 20.02.2023, 14:26
Zwischen Allee-Center und Ulrichshaus herrscht alltäglich reger Fußgängerverkehr über den Breiten Weg in Magdeburg. In einem Verkehrsversuch wird der Abschnitt für Autos gesperrt.
Zwischen Allee-Center und Ulrichshaus herrscht alltäglich reger Fußgängerverkehr über den Breiten Weg in Magdeburg. In einem Verkehrsversuch wird der Abschnitt für Autos gesperrt. Foto: Katja Tessnow

Magdeburg - Die abschnittweise Sperrung einer wichtigen Magdeburger Innenstadtstraße ist seit Jahren beschlossene Sache – versuchsweise. Wieder und wieder wurde der Versuch vertagt. Jetzt steht ein neuer Termin fest.

Erst schnitt der Tunnelbau samt Sperrgeschehen deutlich länger als gedacht eine wichtige Magdeburger Innenstadtzufahrt ab. Dann startete der Brückenbau am anderen Ende der Ernst-Reuter-Allee, dann kam Corona ... Kurz: Jene Ratslager, die der Reduzierung des Autoverkehrs in Teilen der Innenstadt generell skeptisch gegenüberstehen, hatten in den vergangenen Jahren manches Argument zur Vertagung eines lange geplanten Verkehrsversuchs auf ihrer Seite.

Verkehrsversuch in Magdeburg:  Der Breite Weg wird für Verkehr gesperrt

2021 beschloss eine Ratsmehrheit schließlich im Rahmen eines Strategiepapiers zur Belebung der Innenstadt: „Nach dem Ende der Coronapandemie und der Normalisierung des Innenstadthandels wird in einem der folgenden Jahre zwischen Mai und September für die Dauer von mehreren Wochen im Rahmen eines Verkehrsversuches der Breite Weg zwischen Ernst-Reuter-Allee und Bärstraße/Himmelreichstraße für den motorisierten Individualverkehr gesperrt.“

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CDU in Magdeburg attackiert Altbeschluss: "„Sinnlos und nicht zielführend“

Anlass der Debatte auf der jüngsten Ratssitzung im Februar 2023 war ein weiterer Vertagungsantrag von FDP/Tierschutzpartei und – in der Folge – eine Generalattacke der CDU auf das Vorhaben. Deren Fraktion forderte, wie auch die AfD, ersatzlose Streichung. Die Liberalen schlossen sich in der Debatte dem noch weitergehenden Vorschlag der Christdemokraten dankbar an. Feuer frei zur zigsten Grundsatzaussprache übers Projekt.

In diesem Abschnitt soll der Breite Weg in Magdeburg probeweise für den Autoverkehr gesperrt werden.
In diesem Abschnitt soll der Breite Weg in Magdeburg probeweise für den Autoverkehr gesperrt werden.
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„Dieser Versuch ist sinnlos und nicht zielführend“, sagt Wigbert Schwenke (CDU). Eben, sagt AfD-Fraktionschef Frank Pasemann sinngemäß und: „Dem schließen wir uns an.“ Noch schärfer wurde Stephan Papenbreer (FDP), dessen Fraktion doch eben noch „nur“ für Verschiebung war. Der zur Sperrung und parallel kulturellen Belebung vorgesehene Abschnitt sei in etwa „so attraktiv, wie der Arsch einer Kuh“. Papenbreer glaubt nicht dran, dass auf der Passage pralles Leben einzieht, wenn Autos nicht mehr durch dürfen.

So weit die Sperrgegner, zu denen sich schließlich noch Marcel Guderjahn für die Gartenpartei gesellt und in Richtung Rot-Rot-Grün droht: „Wir sind dafür, dass am besten im nächsten Jahr im März oder April gesperrt wird. In Berlin seid ihr für so etwas auch gerade abgestraft worden.“

Geplanter Sperrversuch in Magdeburg: Drohung mit der Wut der Wähler

Guderjahn hob auf die Berliner Schlappe für SPD und Grüne zur jüngsten Wahlwiederholung ab und im Zusammenhang auf die bei vielen Hauptstädtern auf Unverständnis stoßende Sperrung der Friedrichstraße für den Autoverkehr. In Magdeburg ist 2024 Kommunalwahl. Vorher – das mag auch taktisch gedacht sein – möchten selbst SPD und Grüne im Rat den Magdeburgern nicht mehr mit dem Sperrversuch kommen. Auch dessen Befürworter orientieren erst auf 2025.

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„Wir würden diesen Versuch gerne machen, aber zu einem Zeitpunkt mit mehr Offenheit dafür“, sagt Falko Grube (SPD). Mit Blick auf den bis Jahresende andauernden Brückenbau und weitere am Innenstadtrand drohende Sperrungen wie etwa die der Hallischen Straße könne man „damit jetzt nicht ernsthaft kommen“. Er hoffe auf verkehrliche Magdeburger Normalbedingungen wenigstens wieder 2025 und dann auf einen möglichst erfolgreichen Verkehrsversuch unter realen Verhältnissen.

Madeleine Linke (Grüne) hatte zuvor auf den bereits gefällten Ratsbeschluss pro Sperrung verwiesen und den Versuch der nachträglichen Rücknahme gerügt. Chris Scheunchen (Linke) verdrehte leicht die Augen am Ratsmikrofon: „Ist schon klar, nicht der Internethandel ist schuld an den Problemen des Einzelhandels oder dass die Leute generell weniger Geld in der Tasche haben, sondern dass sie mal ein paar Wochen nicht durch ein Stück des Breiten Weges fahren dürfen.“ Scheunchen fasst sich an den Kopf.

Nach Probesperrung in Magdeburg: Perspektive Straßenrückbau

Julia Mayer-Buch (Grüne) warb eindringlich für den Versuch und stellte fest: „Ein Weiter-so wird dem Innenstadthandel kaum helfen.“

Rot-Rot-Grün legte am Ende mit 29-Stimmen-Mehrheit bei 15 Gegenstimmen und 4 Enthaltungen fest: Der Versuch soll im Sommer 2025 über die Bühne gehen oder besser, über die Straße. Erweist sich die probeweise Sperrung als erfolgreich und bleibt ein Verkehrschaos aus, ist in der Folge der Rückbau der Abbiegespuren von der Ernst-Reuter-Allee in den Breiten Weg geplant, für mehr Aufenthaltsqualität im zentralen Innenstadtbereich.