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Otto ist digital Altes Magdeburg lebt digital wieder auf

Stefan Haberkorn aus Magdeburg schafft virtuelle Welten. Unter anderem verbindet er Kunst mit Wissenschaft.

Aktualisiert: 25.07.2022, 11:16
Stefan Haberkorn.
Stefan Haberkorn. Foto: Pro M

Magdeburg (vs) - Stefan Haberkorn ist ein Wanderer zwischen den Welten - der Kunst, der Architektur, der Virtualität, der Realität und irgendwie auch der Philosophie.

Alles begann mit einem Studium der Architektur in Magdeburg. In dieser Fachrichtung sind Elemente der Kunst enthalten, ebenso der Mathematik. Aber den jungen Absolventen zog es zur Kunst. So stand gleich 2005 für ihn fest, ein Unternehmen zu gründen, mit dem man bestenfalls beides verbinden konnte.

Der Name „Visualimpression“, deutsch etwa „sichtbarer Eindruck“, war Programm, das sich aber mit der Entwicklung der Digitalisierung deutlich erweitert hat. Aus 360-Grad-Bildvisualisierungen, die sich vor allem auf Immobilien konzentrierten, ist ein Portfolio entstanden, das von 3-D-Visualisierungen, also dem räumlichen Erlebnis, über Augmented Reality, der Verschmelzung von virtueller mit tatsächlicher Realität, von 3-D-Filmen und Animationen mit internationaler Ausstrahlung bis hin zum Dom-Event „Magdeburg in Light“ reicht. In diesen wie in vielen anderen weltweit beachteten Projekten wird die Verschmelzung von Digitalem und Kunst immer wieder sichtbar.

Theater durch die VR-Brille

Jüngstes Beispiel ist „Die Karschin“ gemeinsam mit dem Theater an der Angel. Mit einer Brille, durch die man virtuelle Realität erleben kann und die dank einer selbst programmierten Software ganz leicht zu bedienen ist, werden die Zuschauer in ein Theaterstück versetzt, in dem sie nicht nur passiv die Bühne beobachten, sondern sich die Szenen im wahrsten Sinn des Wortes erlaufen sollen. Die ganze Villa mit ihrem morbiden Charme wird zur Bühne, man ist in der Szene mittendrin.

Auf die Frage, ob man da eigentlich noch ins Theater gehen müsse, wenn man doch alles per VR-Brille erleben könne, antwortet Stefan Haberkorn höchst philosophisch, „die digitale Welt ist auch analog, denn wenn man in der virtuellen Welt eine reale Erfahrung macht, dann ist diese natürlich ebenfalls analog.“

Es klingt wie das Credo des Visualisten, Künstlers und Utopisten Stefan Haberkorn, wenn er von der Verbindung von Digitalem und Analogem spricht. Nicht im Sinne einer Dystopie, von der er gar nichts hält, sondern von der Hilfe und Unterstützung durch Apps, die uns an die digitale Welt heranbringen, ohne Menschen zu vereinnahmen, die das Leben einfacher und angenehmer machen. „Wir müssen die Kontrolle behalten“, unterstreicht der erfolgreiche Unternehmer und Familienvater im gleichen Atemzug. „Es geht nicht darum, ob wir die Digitalisierung für uns nutzen, sondern wie wir das tun.“

Die digitale Welt wird nicht die analoge Welt erobern, ist Haberkorn sich sicher, aber sie wird die Schnittstellen bieten, wie das Smartphone oder die bereits erwähnte VR-Brille. Bezogen auf Magdeburg wünscht sich Stefan Haberkorn weniger Zurückhaltung bei der Digitalisierung, denn viele Prozesse zögen sich einfach zu lange hin, wie bei der Vernetzung kommunaler Verwaltungsangebote. Und ein landesweites Problem sei das lückenhafte Angebot von Breitbandmöglichkeiten im Internet.Letztlich ist das aber die Voraussetzung für die Entwicklung digitaler Projekte, von denen Stefan Haberkorn und seine Mitstreiter jede Menge im Köcher haben.

Perspektive eines Demenz-Patienten

Eines davon ist für Millionen Demenz-Patienten wichtig. Das Entwicklerteam will eine Simulation schaffen, in der Gesunde mit einer VR-Brille virtuell in die Realität eines Demenzkranken eintreten. Auf diese Weise erleben sie, was ein Demenzpatient erlebt. Daraus lässt sich erkennen, was in der Umgebung verändert werden sollte, um das Leben von Menschen mit dieser Krankheit einfacher und besser zu machen.

Die Technik für das Eintauchen in einen virtuellen Raum ist visionär. Sie eröffnet ungeahnte Möglichkeiten. So will Visualimpression dokumentarisch die Zerstörung Magdeburgs im Zweiten Weltkrieg durch einen Luftangriff „erlebbar“ machen, nicht aus Effekthascherei, sondern um die Grausamkeit und die Schrecken eines Krieges deutlich zu machen.

Dass dieses Projekt angesichts der Ereignisse in der Ukraine solche Aktualität erhält, war bei der Planung des Vorhabens noch nicht abzusehen.