Die Geschichte der Familien Bannier und Otte aus dem Zipkeleber Weg Aus dem selbst erbauten Haus vertrieben
1951 wurden die Familien Bannier und Otte aus ihren selbst erbauten Eigenheimen im Zipkeleber Weg vertrieben. 40 Jahre mussten vergehen, bis die Familien in ihre Häuser zurückkehren konnten. Doch anstelle bewohnbarer Häuser fanden sie Ruinen vor.
Prester l Jeden Brief, jedes Dokument und Bild haben Norbert Otte und Dieter Bannier aufgehoben. 40 Jahre waren die Grundstücke der beiden benachbarten Familien in der Hand von sowjetischen Truppen. Erst mit dem Fall der Mauer und dem Abzug des russischen Militärs aus Magdeburg konnten sie in ihre Häuser zurückkehren. "Kaum einer kennt die Geschichten über die Häuser im Zipkeleber Weg", erzählt Dieter Bannier. Sein Vater hatte hier ein Grundstück gekauft und für seine Familie ein Haus gebaut. Auch der Großvater von Norbert Otte hatte 1934 ein Grundstück in der Straße gekauft und ein Haus gebaut. In direkter Nachbarschaft entstand zwischen 1937 und 1939 eine Flak-Kaserne, die das Leben im Zipkeleber Weg nachhaltig beeinflusste.
"1945 mussten wir durch den Krieg unsere Häuser verlassen", erzählt Dieter Bannier. Nach Ende des Krieges kehrte die Familie zurück. Kurz darauf bezog das sowjetische Militär die benachbarte Flak-Kaserne. Zudem wurden bei der Familie Bannier zwei russische Offiziere einquartiert.1947 mussten die Bewohner des Zipkeleber Wegs ihre Häuser erneut verlassen, um Platz für russische Soldaten zu schaffen. 1948 konnten die Familien in ihre Häuser zurückkehren. Jedoch waren die Grundstücke in keinem guten Zustand. Mithilfe von Zuschüssen der Stadt wurden die Häuser wieder in bewohnbaren Zustand gebracht.
1951 mussten die Familien endgültig Platz machen für die sowjetische Armee. Sieben Häuser im Zipkeleber Weg waren von dieser Räumung betroffen. "Die Eigenheime wurden beschlagnahmt und mussten ohne die Zustimmung meiner Eltern in der Zeit vom 8. bis 10. November 1951 geräumt werden", erzählt Dieter Bannier. Beiden Familien wurde eine Zwei-Zimmer-Wohnung zugewiesen. "Diese Wohnungen wurden zuvor für uns zwangsgeräumt", erinnert sich Norbert Otte und ergänzt: "Unser Mobiliar mit Ausnahme der festeingebauten Teile und Gegenstände konnten wir mitnehmen. Als Entschädigung erhielt mein Großvater jeden Monat 43 Mark. Die Entschädigung entspricht bei Weitem nicht dem realen Wert. Das Eigenheim wurde in Eigenleistung erbaut, im Zweiten Weltkrieg durch Bomben schwer beschädigt und nach 1945 unter schwierigen Bedingungen wieder aufgebaut." In den darauffolgenden Jahren versuchten die Familien ihre Grundstücke wiederzubekommen. Ohne Erfolg.
Zahlreiche Schreiben an die Behörden wurden verfasst. "Ich sehe die Notwendigkeit, dass die Häuser, die unmittelbar neben der Kaserne stehen und unseren sowjetischen Freunden zur Verfügung gestellt werden mussten, ohne Weiteres ein. Das kann aber nicht auf Kosten der Arbeiter unserer Republik geschehen, die in aufopferungsvoller und ehrlicher Art und Weise sich ein Eigenheim schufen. Wie beobachtet und festgestellt werden kann, verfallen die Häuser", schrieb der Großvater von Norbert Otte im März 1968 an den Vorsitzenden des Staatsrates Walter Ulbricht. Doch mit einer Freigabe des Objektes war nicht zu rechnen. "Sollte das Grundstück von den sowjetischen Einheiten freigegeben und Ihnen wieder zurückgegeben werden, erhalten Sie dieses in bewohnbarem Zustand wieder zurück", hieß es damals vom Rat der Stadt. Der Großvater von Norbert Otte und Dieter Banniers Vater erlebten die Rückgabe ihrer eigenen Häuser nicht mehr.
Mit dem Rückzug des russischen Militärs erhielten die Familien erst 1992 ihre Grundstücke zurück. Doch bewohnbar waren die Häuser nicht mehr. "Schlimm sah es aus. Wir haben anstelle von Häusern Ruinen vorgefunden. Die Gärten waren zerstört", erinnert sich Waltraud Bannier. Dieter Bannier wollte sogar auf das marode Grundstück verzichten. Doch ein Versprechen am Sterbebett seines Vaters gab ihm die Kraft und Ausdauer, das Familiengrundstück wiederaufzubauen. Fenster, Türen, Decken sowie die Sanitäranlagen waren zerstört. Eine umfassende Sanierung war erforderlich. Ein Gutachten bescheinigte den betroffenen Familien die erheblichen Bauschäden.
Im Zuge der Entschädigung durch die Belegung der Roten Armee erhielten die Betroffenen finanzielle Mittel zur Wiederherstellung ihrer Häuser. Doch nicht alle Häuser konnten wiederaufgebaut werden. "Einige Eigenheime im Zipkeleber Weg mussten aufgrund erheblicher Baumängel abgerissen werden", erinnern sich Norbert Otte und Dieter Bannier. Die beide Rentner sind heute froh, die Häuser ihrer Familien wiederaufgebaut zu haben.