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Bibliothek Rettung für Magdeburger Beutebücher

Bücher, die nach dem Krieg nach Georgien gebracht wurden, lagern seit Jahren in Magdeburg-Buckau. Sie sind teils in schlechtem Zustand.

Von Martin Rieß 18.09.2019, 01:01

Magdeburg l Ein wenig muffig riecht es in dem Raum im Obergeschoss der früheren Stadtteilbibliothek Magdeburg-Buckau. Öffentlich zugänglich sind die Räume nicht. Bei einem Ortstermin hatten Mitglieder des Kulturausschusses jetzt dennoch die Gelegenheit, sich ein Bild von der Lage zu machen. Wer Bücher in die Hand nehmen wollte, wurde mit Latexhandschuhen ausgestattet und zur Vorsicht gemahnt.

Der Grund: Viele der Bücher, die hier lagern, sind in einem bedauernswerten Zustand. Zwar sind sie hier trocken und vor Licht geschützt – doch man sieht ihnen an, dass sie über Jahrzehnte an einem ungeeigneten Ort gelitten haben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren neben anderen Kunstschätzen unzählige Bücher aus Deutschland in die Sowjetunion gebracht worden. In den 1990er Jahren hatte sich ein Zeitfenster aufgetan, in dem Teile dieser Beutekunst aus einigen Sowjetrepubliken wieder zurückgebracht wurden. Nach Magdeburg waren die Bestände im Jahr 1996 im Rahmen von Verträgen Deutschlands mit Armenien und Georgien zurückgekommen.

Unter den deutschen Büchern waren zahlreiche in Armenien und in Georgien aufgetaucht, die mit dem Stempel der Magdeburger Stadtbibliothek versehen waren.

Während die rund 4000 Bücher aus Armenien relativ problemlos in den Altbestand der Stadtbibliothek wieder einsortiert werden konnten, war dies bei denen aus Georgien nicht möglich.

Sie waren im Laufe der Jahrzehnte feucht geworden, hatten angefangen zu schimmeln. Die klamme Stadtkasse ließ es seinerzeit nicht zu, hier etwas anderes zu tun, als die Bücher einzulagern. Diese fielen damit im Archiv in eine Art Dornröschenschlaf, aus dem sie jetzt wieder aufgeweckt werden sollen.

Bei den Büchern handelt es sich um eine bunte Mischung unterschiedlichster Genres. In den Regalen in dem Gebäude in der Karl-Schmidt-Straße, dessen unterer Bereich vom Frauenzentrum Courage als Kulturzentrum Volksbad Buckau genutzt wird, stehen beispielsweise Lexika, Belletristik und viele Sachbücher aus unterschiedlichen Epochen. Unklar ist unter anderem, ob sich darunter auch Bücher aus dem 17. Jahrhundert oder sogar aus der Zeit davor befinden.

Cornelia Poenicke leitet die Magdeburger Stadtbibliothek und erläutert: „Um die Bücher dauerhaft zu sichern und wieder für die Allgemeinheit zugänglich zu machen, muss zunächst die Schimmelbelastung bekämpft werden.“ Derzeit bereitet die Stadtverwaltung eine Drucksache vor. Der Stadtrat Magdeburg soll dieses Papier beschließen, um finanzielle Mittel für die Reinigung freizugeben.

Diese Arbeiten sind erforderlich, obwohl noch nicht einmal klar ist, welche Bücher genau wie wertvoll sind und dringend gerettet werden sollen. Der Grund: Bevor ein Experte die einzelnen Stücke in einem weiteren Projekt bibliothekswissenschaftlich begutachten kann, muss der Schimmel beseitigt sein. Das ist mit Blick auf eine Aufgabe, die sich über viele Monate hinziehen wird, allein schon aus Gründen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes dringend erforderlich.

Geklärt werden muss dann, was sich zu restaurieren lohnt, da es nicht mit einem anderen Exemplar im Altbestand der Stadtbibliothek bereits vorhanden ist. Es steht zu befürchten, dass manche der Bücher auch in einem Zustand sind, dass sie gar nicht mehr restauriert werden können. Offen ist auch, ob einige der Bücher trotz des Stempels der Stadtbibliothek nicht in ihren Bestand gehören. Konkret handelt es sich um Werke, die vor 1945 im Zuge von Enteignungen in den Bestand gelangt sind.

Das letzte Wort über den Fortgang des Vorhabens hat der Stadtrat. Als Mitglieder des Kulturausschusses zumindest hatten Oliver Müller (Die Linke), Carola Schumann (FDP) und Matthias Kleiser (AfD) bereits wohlwollende Zustimmung signalisiert.