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Coronavirus So wird Magdeburgs Inzidenz-Wert berechnet

Der Inzidenz-Wert für Infektionen mit dem Coronavirus gilt als wichtiger Wert in der Pandemie. Doch wie wird er berechnet?

Von Anja Guse 21.11.2020, 08:47

Magdeburg l Die meisten Menschen haben in der Corona-Krise zum ersten Mal von ihm gehört - dem Inzidenz-Wert. Er gilt als eine wichtige Grundlage für die Einschätzung der Entwicklung der Pandemie. Nach ihm richten sich Maßnahmen, die von der Politik beschlossen und von jedem Bürger eingehalten werden müssen, wie zum Beispiel die Maskenpflicht oder aber das Schließen von Einrichtungen. Als kritischer Wert gilt 50. Alles was darüber liegt, ist zu hoch. Doch was gibt dieser Wert eigentlich an? Und wie wird er berechnet? Fragen und Antworten im Überblick:

Was zeigt der Inzidenz-Wert an?

Der Inzidenz-Wert bildet ab, wie viele Menschen sich innerhalb von sieben Tagen pro 100.000 Einwohner mit dem Coronavirus infiziert haben. Bei einem Inzidenz-Wert von 50 heißt das: Insgesamt 50 Menschen von 100.000 Einwohnern haben sich innerhalb einer Woche mit dem Virus infiziert. Nun leben in Magdeburg deutlich mehr als 100.000 Einwohner. Um den Inzidenz-Wert für die Landeshauptstadt zu bestimmen, heißt es also rechnen. Und zwar mit einem Dreisatz.

Wie wird der Inzidenz-Wert berechnet?

Zuerst werden die Neu-Infektionen der vergangenen sieben Tage summiert. Diese Summe wird durch die Einwohnerzahl geteilt und mit 100.000 multipliziert. Die Rechnung lautet:

  • Gesamtzahl der Neu-Infektionen innerhalb einer Woche : Zahl der Einwohner x 100.000 = Inzidenz-Wert

Mit welcher Einwohnerzahl wird der Inzidenz-Wert berechnet?

Für die Berechnung wird die Einwohnerzahl vom 31.12.2019 genutzt, veröffentlicht vom Statistischen Landesamt. Die Zahlen der Städte und Kreise in Sachsen-Anhalt finden Sie hier. Diese Zahlen nutzt auch das Robert-Koch-Institut.

Für Magdeburg werden 237.565 Einwohner für die Berechnung herangezogen. 

Wie sieht eine Beispiel-Rechnung für Magdeburg aus?

Am Freitag wurden für Magdeburg 37 neue Corona-Fälle vom Gesundheitsamt gemeldet. Die Gesamtzahl stieg auf 1382 seit Ausbruch der Pandemie. Der Inzidenz-Wert liegt nun bei 78,72 und ist damit wieder gestiegen. Die Ampel steht weiter auf Rot. Aufgeschlüsselt auf die vergangenen sieben Tage ergibt sich folgendes Bild:

  • Sonnabend (14.11.): 21 neue Fälle
  • Sonntag: +25
  • Montag: +11
  • Dienstag: +30
  • Mittwoch: +31
  • Donnerstag: +32
  • Freitag: +37
  • Gesamt: 187 Neu-Infektionen innerhalb von sieben Tagen.

Die Rechnung zur Bestimmung des Inzidenz-Wertes lautet:

  • 187 Fälle : 237.565 Einwohner x 100.000 = Inzidenzwert von 78,72 gerundet.

Der kritische Inzidenz-Wert wurde auf 50 pro 100.000 Einwohner festgesetzt. Wie viele Fälle wären das in Magdeburg?

Infizieren sich in Magdeburg innerhalb von sieben Tagen 119 oder mehr Menschen mit dem Coronavirus, wird der Inzidenz-Wert von 50 oder mehr erreicht.

Die Rechnung lautet:

  • 50 x 237.565 Einwohner : 100.000 = 118,7825,
  • aufgerundet  = 119 Fälle.

Was bedeutet das im Durchschnitt auf einen einzelnen Tag bezogen?

Auf den einzelnen Tag bezogen dürfen sich nicht mehr als 16 Magdeburger mit dem Coronavirus infizieren beziehungsweise 17, wenn mindestens einmal die Anzahl der Neu-Infektionen pro Woche darunter liegt. Nur dann bleibt der Wert unter 50. Die Rechnung lautet:

  • 118,7825 Fälle : 7 Tage = 16,97 Fälle gerundet.

Bei durchschnittlich 17 Fällen pro Tag liegt Magdeburg bei über 50. Die Gegenrechnung lautet:

  • 17 Fälle x 7 Tage = 119 Fälle pro Woche,
  • 119 Fälle: 237.565 Einwohner x 100.000 = Inzidenz-Wert von 50,09 gerundet.

Im Vergleich zum Vortag werden weniger Neu-Infektionen gemeldet, dennoch steigt der Inzidenz-Wert. Wie kann das sein?

Dafür muss man den ersten und den achten Tag vergleichen. Kommen am achten Tag mehr Neu-Infektionen hinzu als es am ersten Tag waren, steigt der Inzidenz-Wert. Grund: Der erste Tag fällt aus der Berechnung raus, der achte Tag kommt hinzu. Ein Beispiel (mit rein fiktiven Zahlen zum besseren Verständnis):

  • Tag 1: 40 Fälle (fiktiv)
  • Tag 2: +30
  • Tag 3: +50
  • Tag 4: +20
  • Tag 5: +40
  • Tag 6 +70
  • Tag 7: +80
  • Gesamt: 330 Neu-Infektionen (fiktiv)

Am Tag 8 kommen 60 Fälle hinzu. Im Gegenzug fällt aber Tag 1 mit "nur" 40 Fällen raus. Die Rechnung lautet dann:

  • Tag 2: 30 Fälle (fiktiv)
  • Tag 3: +50
  • Tag 4: +20
  • Tag 5: +40
  • Tag 6 +70
  • Tag 7: +80
  • Tag 8: +60
  • Gesamt: 350 Neu-Infektionen (fiktiv)

Obwohl in diesem Szenario am achten Tag weniger Neu-Infektion im Vergleich zum Vortag gemeldet wurden, steigt die Gesamtsumme der Neu-Infektionen und damit am Ende auch der jeweilige Inzidenz-Wert.

Warum weichen die Angaben zum Inzidenz-Wert zwischen Gesundheitsamt Magdeburg und Sozialministerium ab?

Das Gesundheitsamt Magdeburg bezieht den tagesaktuellen Wert in die Berechnung ein und veröffentlicht diese Angaben dann auf seiner Webseite (außer am Wochenende). Das Ministerium nutzt die Daten der vergangenen sieben Tage und "hinkt" damit einen Tag hinter. Grund: "Der aktuelle Tag wird nicht in die Berechnung einbezogen, weil an diesem noch weitere Meldungen erfolgen können und somit nicht volle sieben Tage berücksichtigt würden", heißt es als Erklärung auf der Webseite des Ministeriums.

Welche Kritik gibt es am Inzidenzwert?

Der Wert sagt unter anderem nichts über die Verteilung der Fälle aus. Infizieren sich beispielsweise Dutzende Menschen in einem Betrieb, steigt der Wert deutlich an und gilt für die gesamte Stadt. Und das, obwohl nur ein begrenzter und kontrollierbarer Personenkreis betroffen ist. Zudem meinen Kritiker, dass auch andere Parameter einbezogen werden müssten, um die Corona-Situation gerecht abzubilden, zum Beispiel die Belegung der Intensivbetten.

In Magdeburg sind aktuell mehr als 15 Schulen und 5 Kitas vom Coronavirus betroffen. Einige wenige Schulen müssen aus organisatorischen Gründen komplett schließen. So ist am Albert-Einstein-Gymnasium mehr als die Hälfte der Lehrerschaft in Quarantäne. Der reguläre Schulbetrieb kann damit nicht aufrechterhalten werden.

Bürgermeister Lutz Trümper berichtete zudem, dass ein Teil der Neu-Infektionen seit Tagen im Norden der Stadt Magdeburg in arabisch sprechenden Hausgemeinschaften festgestellt wurde. Mit Hilfe eines arabisch sprechenden Mitarbeiters wolle man die Bewohner nun besser erreichen und ihnen beispielsweise erklären, was Quarantäne bedeutet. Mehr zur aktuellen Lage finden in der Landeshauptstadt finden Sie auch in unserem Liveticker zur Pressekonferenz vom 19. November 2020.