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Denkmal Magdeburg Betonkrebs nagt am Schiffshebewerk

Große Risse ziehen sich durch den Beton im Magdeburger Schiffshebewerk. Die Sanierung dürfte rund 13 Millionen Euro kosten.

Von Martin Rieß 02.08.2018, 01:01

Magdeburg l Das Schiffshebewerk Magdeburg-Rothensee muss saniert werden. Marcel Bremer ist Betriebsleiter des von der Stadt betriebenen technischen Denkmals und sagt: „Während die technische Ausstattung in einem guten Zustand ist, sind die Schäden am Beton gravierend.“ Nach 80 Jahren hat sich die landläufig als Betonkrebs bekannte Alkali-Kieselsäure-Reaktion ausgebreitet. Wo der Betonkrebs am Bauwerk frisst, zerbröselt der Beton und platzt vom Bauwerk ab. Brocken, die abzustürzen drohten, haben die Mitarbeiter des Schiffshebewerks in den vergangenen Jahren bereits sorgfältig von dem 1938 in Betrieb genommenen Bauwerk entfernt.

Bei einem Rundgang über das Gelände zeigt Marcel Bremer auf lange Risse, die sich in verschiedenen Richtungen durch die Betonmauern ziehen, die rechts und links der technischen Anlagen samt Trog das Erdreich stabilisieren und die nördlich des Schiffshebewerks dieses vom Mittellandkanal trennen. Gewaltige Kräfte wirken an diesen Stellen, weshalb die Betonmauern zum Teil mehrere Meter dick sind.

In den kommenden Jahren muss das Thema Betonkrebs angegangen werden, damit sich die Lage nicht weiter verschlimmert. Die gute Nachricht: „Der Betonkrebs schreitet kaum noch voran, und die Anlage ist stabil“, sagt Marcel Bremer. Das bedeutet, dass Zeit ist, um weitere Untersuchungen vorzunehmen, genau zu planen und die Sanierung nach und nach abzuarbeiten. Die Betonsanierung ist nach jetzigem Stand für die Jahre 2023 bis 2028 denkbar.

Die schlechte Nachricht: Die Sanierung wird nicht billig. Die Stadtverwaltung geht von rund 12,5 Millionen Euro für die reinen Baukosten aus. Eine halbe Million Euro dürften die Planungen kosten. Bereits im Jahr 2002 hatte die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung eine Summe von zehn Millionen Euro ermittelt, die für eine Instandsetzung des Schiffshebewerks erforderlich wären.

Nicht in dieser Summe enthalten ist Geld, das die Bundesanstalt für Wasserbau in den Anschluss an den Mittellandkanal investieren muss.

Die Mannschaft vom Schiffshebewerk hat in den vergangenen Jahren einiges an Betonarbeiten bereits selbst bewerkstelligt. Unter anderem wurden Treppen erneuert, über die man auf die Plattform unter dem Trog gelangt. Und derzeit ist neben der Anlage bereits in einem begrenzten Bereich schadhafter Beton abgestemmt, der in den kommenden Monaten durch neues Material ersetzt werden soll. Doch die Seitenwände sind vom Umfang der Arbeiten und auch vom technischen Aufwand eine Nummer zu groß, so dass hier die Vergabe des Auftrags an eine andere Firma notwendig ist.

Damit die Reparatur der Wände von Dauer ist, muss sehr sorgfältig gearbeitet werden. Marcel Bremer erläutert: „Alle Stellen, an denen die Alkali-Kieselsäure-Reaktion stattgefunden hat, müssen entfernt werden. Dann muss eine Schutzschicht eingefügt werden, damit es zu keiner Reaktion mit dem neuen Beton kommt. Und erst dann kann neues Material eingebaut werden.“

Bei diesem Material kann kein einfacher Beton genutzt werden. Hier kommt eine spezielle Mischung zum Einsatz, die zum einen besonders stabil ist, die zum anderen in dem feuchten Umfeld nicht anfällig für den Betonkrebs ist.

In dem Umfeld sieht Marcel Bremer auch einen Hauptgrund für die Schäden in den Wänden des Schiffshebewerks: „Man muss sich immer vor Augen halten, dass hier das Grundwasser ansteht, so dass es immer feucht ist. So etwas begünstigt die Reaktion.“ Nach 80 Jahren müsse man an einem solchen Bauwerk mit entsprechendem Reparaturbedarf rechnen – sprich: Den Erbauern des Schiffshebewerks könne heute kaum ein Vorwurf gemacht werden, dass sie minderwertiges Material genutzt haben. Sie waren auf jene Baustoffe angewiesen, die ihnen in der Umgebung zur Verfügung standen.

Die technischen Anlagen sind an den meisten Stellen in einem guten Zustand. Dazu trägt unter anderem der kathodische Korrosionsschutz bei, der in den vergangenen Jahren neu eingebaut wurde. Als größere Aufgabe gilt die Sanierung der grünen Führungsgerüste zur Aufnahme der großen Spindeln auf der Westseite, die 2019 und 2020 für 195.000 Euro über die Bühne gehen soll.

Investiert werden muss auch in das Stemmtor an der unteren Einfahrt ins Schiffshebewerk. Wegen der Korrosion hat die Wandstärke in den vergangenen Jahren abgenommen. Das Stemmtor verhindert, dass das Wasser aus dem Verbindungskanal ins Schiffshebewerk fließen kann, wenn der Trog nach oben gefahren ist. Um das Stemmtor für die nächsten fünf bis zehn Jahre zu sichern, sind rund 350.000 Euro notwendig. Nach Ablauf der maximal zehn Jahre dürfte die Stadt aber um einen Ersatz fürs Stemmtor nicht mehr herumkommen. Die Kosten dafür dürften nach jetzigem Stand rund 1,5 Millionen Euro betragen.