1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Impfmedizin in Magdeburg in der Debatte

Fachforum Impfmedizin in Magdeburg in der Debatte

Am 21. Oktober 2017 treffen sich rund 450 Ärzte und medizinische Fachangestellte in Magdeburg und diskutieren über den optimalen Impfschutz.

Von Katja Tessnow 18.10.2017, 16:59

Magdeburg l Vor elf Jahren gehörte der Magdeburger Kinderarzt Dr. Gunther Gosch zu den Mitbegründern eines impfmedizinischen Fachforums in Magdeburg, das sich mit heute mehr als 450 Teilnehmern und unter dem Titel „impftag.aktuell Magdeburg“ zu einem der größten in ganz Deutschland entwickelt hat. Gosch ringt seit über einem Jahrzehnt – teils auch in heftigem Streit mit Politik und Krankenkassen – um den bestmöglichen Impfschutz.

Dafür, dass die Sachsen-Anhalter auch im Zeitalter wachsender Impfkritik als ein im Bundesvergleich impffreudiges Volk gelten, macht Gosch auch die stetige Weiterbildung von Ärzten und in der Folge deren Aufklärungsarbeit unter Patienten verantwortlich.

Erst zu Beginn 2017, so Gosch, habe das Robert-Koch-Institut auf eine problematische Stellung der Impfmedizin in Deutschland verwiesen. Rotaviren, HP-Viren (krebserregend), Masern, Influenza – in Deutschland werde vielfach zu selten, zu spät und mit großen regionalen Unterschieden per Impfung vorgesorgt. Sinkende Impfraten würden in Regionen in Süddeutschland ebenso beobachtet wie in ostdeutschen Ballungszentren wie Berlin, Leipzig und Dresden.

Möglicherweise in direkter Folge flammen in Deutschland zum Beispiel Masernerkrankungen auf (2500 Fälle anno 2015, davon zwei tödliche). Dabei hat sich die Weltgesundheitsorganisation WHO bis 2020 die Ausrottung der Masern auf die Fahnen geschrieben.

„Illusorisch“, sagt Gosch mit Blick auf eine deutschlandweit nur 74-prozentige Immunisierung. Immerhin seien in Sachsen-Anhalt rund 88 Prozent der Kinder ab den Jahrgängen 2013 gegen die Masern geimpft. Für eine Ausrottung der Krankheit erachten Impfexperten indes eine 95-prozentige Impfquote als nötig.

Ebenso unzufrieden ist Gosch mit dem Stand der Grippeschutzimpfung – aus gleich zwei Gründen. Zwar nehme Sachsen-Anhalt mit rund 55 Prozent geimpfter Senioren (ab 60 Jahre) einen bundesweiten Spitzenplatz ein, zum Schutz gefährdeter (vorerkrankter, schwacher) Menschen, hält Gosch aber eine wesentlich höhere Quote für nötig und zwar eine mit den besten und modernsten verfügbaren Impfstoffen.

In den vergangenen Jahren schrieben die gesetzlichen Krankenkassen ihren Vertragsärzten den Einsatz bestimmter Impfstoffe vor – aus rein wirtschaftlichen Gründen. Gosch ermuntert seine Kollegen, nötigenfalls gegen Kassenbefehl und zum besseren Schutz ihrer Patienten auf den jeweils geeignetsten Impfstoff zurückzugreifen. Ein erst im Mai 2017 verabschiedetes Bundesgesetz mit sperrigem Namen erlaube diese Praxis: das Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz.

Darüber, über aktuelle Empfehlungen für Reiseimpfungen, über den bestmöglichen Schutz gegen Krankheiten im Zeitalter wachsender Immigration von Menschen aus medizinisch schlecht versorgten Krisengebieten und weitere neue Erkenntnisse und Entwicklungen der Impfmedizin wollen Gosch und weitere Impfexperten aus Magdeburg, Leipzig, Jena, Würzburg und Berlin die Kollegenschaft beim Impftag am Sonnabend aufklären und mit ihnen diskutieren.