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Stadtwerke drehen Wohnblock Hahn zu Familien in Magdeburg seit Tagen ohne Wasser: Was die Stadt den Mietern anbietet

Mieter eines Wohnblockes in Magdeburg Rothensee stehen seit Tagen ohne Wasser da. Die Stadt bietet ihnen Hilfe an. Wie diese aussieht und was die Betroffenen davon halten.

Von Karolin Aertel Aktualisiert: 11.04.2024, 18:10
Seit Dienstag (9. April 2024) sitzen die Mieter dieses Wohnblocks in der Forsthausstraße in Magdeburg auf dem Trockenen. Ihnen wurde das Wasser abgedreht.
Seit Dienstag (9. April 2024) sitzen die Mieter dieses Wohnblocks in der Forsthausstraße in Magdeburg auf dem Trockenen. Ihnen wurde das Wasser abgedreht. Foto: Karolin Aertel

Magdeburg. - 50 Mietparteien eines Wohnblocks in Magdeburg stehen wegen unbezahlter Rechnungen des Eigentümers noch immer ohne Wasser da. Wie die Stadt den Mietern helfen will.

Schulden nicht bezahlt: Stadtwerke Magdeburg drehen Mietern das Wasser ab

Aus dem Hahn tropft noch immer kein Wasser – die Wellen schlagen dennoch hoch. Die Empörung über die von den Städtischen Werken (SWM) verhängte Wassersperre in einem Wohnblock in Rothensee ist groß. Den Mietern in der Forsthausstraße war am Dienstag, 9. April 2024, die komplette Warm- und Kaltwasser- sowie die gesamte Wärmeversorgung gesperrt worden.

 
Mieter eines Wohnblocks in Magdeburg sitzen aktuell auf dem Trockenen (Bericht/Kamera: Karolin Aertel, Schnitt/Sprecher: Christian Kadlubietz).

Der Hauseigentümer hatte Rechnungen und Abschläge bei den Städtischen Werken Magdeburg nicht beglichen. Trotz mehrfachen Aufschubs und Willensbekundungen dies zu tun, sei es bisher nicht geschehen, erklärt SWM-Sprecherin Cornelia Kolberg. Wie die zuständige „Ambiente Immobilienverwaltung“ in einem Mieterschreiben mitteilt, stehen wegen Zahlungsrückstände einiger Anwohner, Schulden in Höhe eines fünfstelligen Betrages im Raum.

Wassersperre: Familien in Magdeburg ohne Dusche und WC

Von der Wassersperre betroffen sind 50 Mietparteien – darunter viele Familien mit Kindern und auch Senioren. Seit Tagen können sie daheim weder duschen oder waschen, noch das WC benutzen.

Mobilen Toiletten, welche die Verwaltung laut MDR, am Mittwoche vor dem Wohnblock aufstellen lassen wollte, standen bis Redaktionsschluss am Donnerstag den Anwohner nicht zur Verfügung. Stattdessen hat die Stadt den Anwohnern das Angebot unterbreitet, die Obdachlosenunterkunft in Buckau zu beziehen oder zum Duschen/Waschen zu nutzen.

Nicole Staat und Carsten Teske leben mit zwei Kindern und Hündin Eva in dem Wohnblock, in dem das Wasser abgestellt wurde. Hilfesuchend wendeten sie sich an die Oberbürgermeisterin.
Nicole Staat und Carsten Teske leben mit zwei Kindern und Hündin Eva in dem Wohnblock, in dem das Wasser abgestellt wurde. Hilfesuchend wendeten sie sich an die Oberbürgermeisterin.
Foto: Karolin Aertel

Carsten Teske, Mieter in dem fünfgeschossigen Wohnblock, hatte am Mittwoch im Büro der Oberbürgermeisterin angerufen und um Hilfe gebeten. Diese betraute das Sozialamt mit der Angelegenheit.

Magdeburg bietet Mietern Obdachlosenheim als Alternative

Am Donnerstag seien die zuständige Sachgebietsleiterin und die Sozialarbeiterin der sozialen Wohneinrichtung vor Ort gewesen, um mit den Betroffenen zu sprechen, sagte eine Stadtsprecherin auf Nachfrage.

Dabei unterbreiteten sie das Angebot, vorübergehend die soziale Wohneinrichtung in Buckau zu nutzen. Wie die Stadt mitteilt, sei eine Nutzung auch in der Form möglich, dass Betroffene dort duschen und/oder Wäsche waschen können, soweit sie eine Übernachtung nicht in Anspruch nehmen möchten.

Anwohner lehnen Umzug in Obdachlosenheim ab

Bisher haben die betroffenen Mieter das Angebot des Sozialamtes noch nicht in Anspruch genommen, da viele von Ihnen inzwischen Übergangslösungen bei sich gefunden haben beziehungsweise noch abwarten möchten, heißt es aus der Pressestelle der Stadt. Die Einrichtung, die sich in der Basedowstraße befindet, bietet regulär Platz für 88 Personen.

Für viele Anwohner kommt ein vorübergehender Umzug in das Obdachlosenheim jedoch nicht infrage. „Das ist unzumutbar“, sagt ein Familienvater mit einem Klein- und einem schulpflichtigen Kind. „Die Kita ist vor der Tür und die Schule nicht weit weg.“ Die Belastung und der Weg von Buckau nach Rothensee seien für Eltern und Kinder enorm. „Wir würden eher zum Duschen in den Garten fahren, als in ein Obdachlosenheim.“

So wie der Familienvater hoffen alle Anwohner, dass vorm Wochenende das Wasser wieder angestellt wird. Das hatte die Berliner Immobilienverwaltung in dem Mieterschreiben zumindest in Aussicht gestellt.

Mietminderung möglich

Das Schicksal der Mieter in der Forsthausstraße schockiert nicht nur zahlreiche Volksstimme-Leser. Auch Zakaria Said, Rechtsberater des Deutschen Mieterbundes, ist entsetzt. Er halte das Verhalten des Eigentümers – der aufgrund einiger säumiger Mieter die Rechnungen bei den SWM nicht begleicht – für „völlig inakzeptabel“. „Hier schiebt der Vermieter die Verantwortung den Mietern zu“, so Said.

Zudem sei es besonders bedauerlich, dass nun andere Mieter darunter leiden müssen. „Allen Mietern steht in solchen Fällen das Mietminderungsrecht zu. Die Miete kann um bis zu 100 Prozent gemindert werden, wenn es keine Versorgung mit Wasser und Heizung gibt“, erklärt er.