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Finanzen Kritiker gegen Förderung für Tierschützer

Sollten Tierschutzvereine in Magdeburg direkt finanziell unterstützt werden? Kritiker sehen vielmehr alle Katzenfreunde in der Pflicht.

Von Jana Heute 05.04.2019, 18:00

Magdeburg l 53 Katzen und Kater hat das Tierheim in Magdeburg 2018 von Tierschutzvereinen übernommen und auf Kosten der Kommune kastrieren lassen. Vereinsmitglieder hatten die wildlebenden Katzen selbst eingefangen und ins Heim zur Kastration gebracht.

Doch das reiche hinten und vorn nicht, um das Katzenproblem lösen zu können, beklagen die Tierschützer. Sie wünschen sich u. a. direkte finanzielle Hilfen, um im Alltag flexibler reagieren zu können, wenn - wie es häufiger passiert - mit einem Schlag mehrere unkastrierte Jungtiere gefunden werden und unters Messer sollen. Ziel: die unkontrollierte Vermehrung vermeiden.

Ein Vorstoß im Stadtrat Magdeburg von Rätin Barbara Jutta Tietge (Links für Magdeburg/Tierschutzpartei) liegt derzeit auf Eis. Derweil melden sich Kritiker einer Direktfinanzierung von Tierschutzvereinen zu Wort. Eine solche könnte etwa der Kastration von herrenlosen Freigängern dienen.

Klaus Kutschmann, Stadtrat, seit Jahrzehnten Tierarzt und Präsident der Tierärztekammer Sachsen-Anhalt, ist einer von ihnen. Er unterstützt die Ansicht von Tierheimleiter Andreas Reichardt und Vize-Amtstierarzt Dr. Winfried Kirchner, die keine Notwendigkeit direkter Finanzspritzen für Magdeburger Tierschutzvereine sehen.

Ein Grund für sie: Magdeburg habe aktuell kein Katzenproblem, das massiv bekämpft werden müsste. „Anfang der 1990er Jahre hatten wir tatsächlich eines“, erinnert sich Kutschmann. Da wurden teilweise sogar Gutscheine ausgegeben, um Katzenbesitzern einen Anreiz zu liefern, mit den Tieren zum Arzt zu gehen. „Damals wurde das Ziel ausgegeben, möglichst viele geschlechtsreife Katzen kastrieren zu lassen und das gilt heute noch“, ergänzen Tierheimchef Reichardt und der stellvertretende Amtstierarzt Kirchner.

Auch wenn es nicht gelingen könne, alle Freigängerkatzen zu kastrieren, so habe man das Vermehrungsproblem inzwischen recht gut im Griff. Das auch dank des jahrelangen Engagements der Tierschutzvereine der Stadt, wie die drei betonen. Eine Kastrationspflicht für Streunerkatzen in Magdeburg sei daher auch nicht nötig.

Reichardt und Kirchner legen Zahlen vor, die ihrer Meinung nach eine Entspannung der Lage untermauern. Vor Jahren hat die Stadt Magdeburg begonnen, Katzenfutterstellen zu erfassen. Drei Ziele sollten damit verfolgt werden: Man wollte für mehr Ordnung an den Futterstellen sorgen, eine bessere Kontrollmöglichkeit und vor allem auch einen Überblick über die Entwicklung der Katzenpopulation haben.

Von einst angemeldeten 35 Katzenfutterstellen gebe es heute noch 31. Dies könne als Indiz für den Rückgang der herrenlosen Streuner gewertet werden. Die Zahl der im Heim betreuten Fundtiere sei in den vergangenen Jahren ebenfalls rückläufig, speziell auch die Zahl der Katzen, erzählt Andreas Reichardt.

Wurden in den 1990er Jahren noch zwischen 1600 und 1700 Tiere pro Jahr im städtischen Tierasyl betreut, seien es heute noch rund 1200 Tiere im Jahr - vom Kanarienvogel über Katze und Hund bis zum Pferd.

Eine finanzielle Direkthilfe für Vereine berge zudem ein Problem: Oft kämen Fundtiere auch aus dem Magdeburger Umland. Sollen sie auf Kosten der Elbestadt kastriert werden, fragen die Experten. Das sei zum Beispiel schwer zu kontrollieren, aber durchaus ein Kostenfaktor.

Wer die Tierschutzvereine unterstützen möchte, könne das mit einer Mitgliedschaft und einem überschaubaren Jahresbeitrag in einem der Magdeburger Vereine gern tun, wirbt Klaus Kutschmann.

Ein Kritikpunkt der Tierschützer war auch, dass das Tierheim zu wenige von Vereinen eingefangene herrenlose Katzen aufnehme, um sie auf städtische Kosten kastrieren und dann wieder freizulassen. Tierheimchef Reichardt lässt das nicht gelten. Er sagt: Es sei alles eine Frage der Organisation. „Es gibt natürlich Spitzenzeiten bei uns, wenn z. B. die Maikatzen kommen. Dann stößt aber jedes Tierheim an seine Grenzen“, sagt Reichardt. Im Winter hingegen gebe es mehr Reserven und genug Platz, um Katzen dafür aufzunehmen.

Ein Argument, das bei den Tierschützern wiederum nur schwer greift. Wenn in einer Gartenanlage wie unlängst an der Berliner Chaussee auf einen Schlag mehrere Jungtiere gefunden werden, müsse schnell gehandelt werden, sonst gebe es alsbald wieder Nachwuchs, hieß es dazu zum Beispiel vom Bündnis für Tiere. Auch das Einfangen der wildlebenden Tiere sei häufig schwierig und alles andere als planbar, betonten Helfer gegenüber der Volksstimme. Viele Magdeburger Tierschützer sehen weiterhin sehr wohl Bedarf vor allem auch für eine Kastrationspflicht.

Dagegen nehmen Tierarzt Kutschmann, Amtsvertreter Kirchner und Heimchef Reichardt alle Katzenfreunde in die Pflicht. Herrenlose Katzen sollten grundsätzlich nicht gefüttert werden. „Wer das tut, übernimmt generell die Verantwortung für das Tier bis hin zu Tierarztkosten“, sagen sie.

Wer herrenlose Freiläufer finde, sollte vielmehr das Tierheim oder einen der Tierschutzvereine informieren, die sich dann kümmern.