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Worte aus der Kirche Gedanken zum Sonntag: Ist das ein Gott der Liebe?

Mit ihren persönlichen Gedanken melden sich Christen in Magdeburg am Sonntag zu Wort. Diesmal Karl-Heinz Wegner, Pastor der Christusgemeinde Magdeburg.

15.10.2023, 07:00
Unendliches Leid hat der Hamas-Terror im Oktober 2023 über die jüdische Bevölkerung in Israel gebracht.
Unendliches Leid hat der Hamas-Terror im Oktober 2023 über die jüdische Bevölkerung in Israel gebracht. Foto: Abed Rahim Khatib/dpa

Magdeburg - Manchmal bin ich begeistert von Gottes Liebe: Wenn er mich und Menschen, für die ich bete, mit mehr Leichtigkeit und Selbstbewusstsein beschenkt; oder wenn ich andere zum Vertrauen auf Gottes Gegenwart und zur eigenen Handlungsfähigkeit ermutigen kann. Auch das Erleben der Natur vermittelt mir oft das Gefühl, dass Gott in seiner Liebe verschwenderisch ist.

Aber als ich am Samstag (7.10.2023) so viele aggressiv-zerstörerische Bilder und Statements über die Ereignisse im Nahen Osten gesehen habe, fiel es mir am Sonntag schon sehr schwer, Loblieder zu Gott zu singen. Über manches, was wir gesungen haben, bin ich innerlich mit Gott in Diskussion geraten: „Du bist gut, du bist treu“ – aber – warum greifst du nicht ein? Warum müssen so viele unschuldige Menschen sterben? „Herr, wir preisen deine Stärke“ – aber – wieso dürfen Menschen sich so rücksichtslos-aggressiv anderen gegenüber verhalten? Manchmal ist es sehr schwer, Gott dafür das Vertrauen auszusprechen, dass „er die ganze Welt in seiner Hand hält“.

Karl-Heinz Wegner, Pastor der Christusgemeinde Magdeburg.
Karl-Heinz Wegner, Pastor der Christusgemeinde Magdeburg.
Foto: Christusgemeinde Magdeburg

Warum greift Gott nicht ein?

Doch was hätte Gott in dieser Situation machen sollen. Wem hätte er Recht sprechen sollen, wo doch auf beiden Seiten so viel Ungerechtigkeit herrscht? Mir fällt ein, dass es nach meiner Erfahrung nahezu unmöglich ist, von außen versöhnend einzugreifen, wenn zwei Streithähne unversöhnlich bleiben wollen.

Ich wünsche mir so sehr, dass Gott eingreift in den Krisenherden auf dieser Erde. Aber wo soll er anfangen? Erst in kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Staaten, oder schon dort, wo ein Mensch den anderen schlägt. Oder noch früher: wo einer den anderen mit Intrige oder Macht erniedrigt?

Jesus hat nicht mit Machttaten reagiert

Mir ist der Glaube von Menschen zuwider, die sich von Gott dazu berufen fühlen, mit gewalttätiger Macht das Böse zu bekämpfen. Wahrscheinlich hätte ich das gleiche Unverständnis, wenn Gott sich mit Macht auf die Seite einer Nation stellt.

Jetzt werde ich daran erinnert, dass Gott in Jesus am deutlichsten seinen Charakter gezeigt hat. Jesus hat auf Leid nicht mit Machttaten reagiert, sondern mit Mitleid und eigenem Leid. Er hat nie verheißen, dass er Leid und Krankheit von dieser Erde verbannt, sondern er ist als Arzt für die Kranken gekommen.

Ich will meine Fragen nicht unterdrücken

Die Art, wie Gott sich in Jesus den Menschen zuwendet, lässt mich ihm seine Liebe glauben. Nun fällt mir manches ein, wo ich persönlich Gottes Liebe spürte. Diese Rückbesinnung lässt die Anfragen an Gottes Liebe nicht schweigen. Sie verschafft mir zwar Raum zu neuem Vertrauen. Doch meine Fragen will ich nicht unterdrücken. Deshalb werde ich am Sonntag über den Anfechtungspsalm 73 predigen.