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Handwerk Helmut Böhm steht in Magdeburg auch mit 80 noch an der Spitze seines Unternehmens

An den Ruhestand denkt Helmut Böhm nicht. Bis heute leitet der 80-Jährige seine Tischlerei im Magdeburger Stadtteil Reform.

Von Martin Rieß 08.08.2023, 01:30
In der Tischlerei Böhm planen Helmut Böhm  und Sohn Andreas  an einer Maschine die für den nächsten Tag anstehenden Arbeitsschritte. In der vergangenen Woche ist der Geschäftsführer 80 Jahre alt geworden.
In der Tischlerei Böhm planen Helmut Böhm und Sohn Andreas an einer Maschine die für den nächsten Tag anstehenden Arbeitsschritte. In der vergangenen Woche ist der Geschäftsführer 80 Jahre alt geworden. Foto: Martin Rieß

Magdeburg - In der vergangenen Woche hat Helmut Böhm seinen 80. Geburtstag gefeiert. Zum Gratulieren kamen neben Familie und Freunden auch Geschäftspartner – denn bis heute steht Helmut Böhm fest im Berufsleben. In seiner Tischlerei am Kirchweg in Magdeburg stellt er mit den Mitarbeitern Einbauschränke und Spezialanfertigungen, Kompletteinrichtungen für Privatkunden und Unternehmen, technische Schränke und Möbelelemente her. Zum Angebot gehören auch spezielle CNC-Bearbeitungen von Holz- und Kunststoff-Werkstoffen. Helmut Böhm: „Die Arbeit bereitet mir nach wie vor viel Freude – ich kann mir gar nicht vorstellen, was ich Interessanteres machen könnte.“

Besondere Anforderungen an Möbel

Grund zur Freude gibt beispielsweise die Suche nach individuellen Lösungen. Ein Beispiel für die individuellen Anfertigungen, die in der Tischlerei im Stadtteil Reform entstehen, sind Spezialschränke fürs Labor: „Bei diesen geht es beispielsweise darum, dass keine Dämpfe von Säuren entweichen können und dass die Metallteile des Schranks in besonderem Maß vor Korrosion geschützt sind“, erläutert der Handwerksmeister weitere Herausforderungen, denen sich sein Unternehmen widmet.

Neben den funktionalen geht es aber auch um repräsentative Möbel. Unter anderem hat die Tischlerei Böhm bereits vor Jahren am Innenausbau des sachsen-anhaltischen Landtags mitgewirkt. Ganz aktuell liegen im Lackierraum des Handwerksbetriebs die Fronten für eine Küche, für die individuell ein eigener Farbton zusammengestellt wurde und die in Kürze von den Mitarbeitern der Tischlerei montiert werden sollen. Auch in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung und für Senioren trifft man in Magdeburg immer wieder auf Möbel aus der Tischlerei.

Seit 1986 an der Spitze

Gegründet hat das Unternehmen Helmut Böhms Vater im Jahr 1948. „Viele private Firmen sind zu DDR-Zeiten verstaatlicht worden – dass unser Familienunternehmen dem entgehen konnte, liegt wahrscheinlich daran, dass wir immer ein kleiner Handwerksbetrieb geblieben sind“, berichtet Helmut Böhm aus der Geschichte seiner Tischlerei. Seit dem Jahr 1986 steht er als Geschäftsführer an deren Spitze.

Mit der Wende haben sich neue Herausforderungen ergeben. Unter anderem hat Helmut Böhm in den vergangenen Jahren immer wieder in neue Technik investiert. Moderne Computertechnik hat längst auch im Tischlerhandwerk Einzug gehalten. Eine neue Kantenanleimmaschine wäre als nächstes an der Reihe, sagt der Handwerksmeister. „Da muss man einfach am Ball bleiben“, sagt Helmut Böhm überzeugt.

Zurück in die Heimat

Sein Sohn Andreas, der nach 33 Jahren in der Oberpfalz nach Magdeburg zurückgekehrt ist, steht ihm dabei zur Seite. Vor seiner Ausbildung im väterlichen Betrieb hatte er eine Lehre zum Lackierer absolviert. Das nutzt dem Unternehmen jetzt, wenn es darum geht, ganz auf die Wünsche der Kunden zurechtgeschnittene Tischlerarbeiten abzuliefern, in besonderem Maß.

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Bis heute ist Andreas Böhm selbstständiger Partner der Imos AG, einem weltweiten Anbieter von Software für Tischlereien und Handwerk und Industrie und den Innenausbau. Dazu nimmt Andreas Böhm in Unternehmen in Deutschland und Dänemark Softwareinstallationen vor und gibt Basis- und Individualschulungen. Im Rahmen der Arbeit mit Imos war er sieben Jahre bei Nobilia – Europas größtem Küchenhersteller - in der Entwicklung und Konstruktion tätig.

Mit der Rückkehr von Andreas Böhm nach Magdeburg ist die Fortführung des Familienbetriebs gesichert.

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Auch wenn mit Blick auf die Nachfolge in der Tischlerei Böhm alles in trockenen Tüchern zu sein scheint – uneingeschränkt optimistisch blickt Helmut Böhm nicht in die Zukunft: „Überall fehlen die Fachkräfte – das gilt auch für das Tischlerhandwerk.“ Zu viele junge Menschen verfügten heute nicht mehr über Grundkompetenzen, die für eine Ausbildung notwendig sind. „Da geht es um fehlendes Wissen, aber es geht auch schon darum, dass man morgens rechtzeitig im Betrieb sein muss“, berichtet der Tischlermeister.

Jens Werner, Obermeister der Tischlerinnung, hat eine Urkunde als Dank für Helmut Böhms Engagement mitgebracht.
Jens Werner, Obermeister der Tischlerinnung, hat eine Urkunde als Dank für Helmut Böhms Engagement mitgebracht.
Foto: Martin Rieß

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Dass Helmut Böhm sich durchaus um den Nachwuchs engagiert hat, weiß auch Jens Werner. Er ist Obermeister der Tischlerinnung Magdeburg/Jerichower Land und freut sich, wenn sich Handwerksmeister – wie Helmut Böhm bis vor einigen Jahren – in der Meisterschule einbringen: Dort war der heute 80-Jährige als Dozent tätig und hat auf diese Weise eine Reihe der anderen Mitglieder der Innung in der Ausbildung begleitet. Glückwünsche von der Kreishandwerkerschaft Elbe-Börde gab es aus gleichem Grund von Geschäftsführer Manuel Ballerstedt.